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Jetzt Appell unterzeichnen!

Dass das Parlament ausgerechnet jetzt den Kündigungs­schutz aufweicht, ist ein Affront gegen die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung.

Seit Jahren verfolgt die Immobilienlobby einen perfiden Plan, mit dem sie die Rechte der Mieter*innen in der Schweiz aushöhlen will. Zuerst will sie den Kündigungsschutz schwächen, dann die Anfechtung von überhöhten Mietzinsen erschweren.

Mit ihrem Angriff auf den Kündi­gungsschutz ist sie kürzlich in der Früh­lingssession im Nationalrat durchge­kommen. Eine Mehrheit hat nämlich die Initiativen zur Einschränkung der Unter­miete respektive zur erleichterten Kündigung bei Eigenbedarf angenommen.

Hört man auf der Website des Parlaments in die Debatte rein, wird schnell klar: Die Immolobby konstruiert hier Probleme, wo keine sind. Sowohl bei der Untermiete als auch beim Eigenbedarf gibt es schlicht keinen Handlungsbedarf. Das bestätigte sogar der zuständige Bun­desrat Guy Parmelin, der nun wirklich nicht als Schutzpatron der Mietenden be­kannt ist. Der alleinige Zweck des Angriffs gilt der Schaffung zusätzlicher Gründe, mit denen Mieter*innen aus ihren Woh­nungen geworfen werden können – denn das ist oft Voraussetzung dafür, dass die Wohnungen teurer weitervermietet werden können.

Affront gegenüber Mietenden

Diese ersten beiden Entscheide des Parlaments zuungunsten der Mietenden kommen in einer schwierigen Situation. Seit Wochen spricht die halbe Schweiz darüber, dass es nahezu unmöglich ge­worden ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Hinzu kommt, dass die Neben­kosten wegen der hohen Energiepreise gestiegen sind und im Juni auch noch der Referenzzinssatz steigt, was zu vielen Mietzinserhöhungen führen wird. Ausgerechnet jetzt den Kündigungsschutz aufzuweichen, ist ein Affront gegenüber der Mehrheit der Schweizer Bevölkerung, die in einer Mietwohnung lebt.

Wehren wir uns gemeinsam gegen diesen Angriff auf das Mietrecht. Unterzeichnen Sie jetzt den Appell ans Parlament, den Angriff auf das Miet­recht zu stoppen. Ansonsten wird der Mieterinnen- und Mieterverband das Re­ferendum ergreifen.

Direkt zur Kampagnen-Website: www.mietrechts-angriff-nein.ch

Kündigung wegen Totalsanierung – was tun?

Illustration: Patric Sandri

Sanierungen wirbeln viel Staub auf, oft erhalten alle Mieter*innen eine Kündigung. Dass Widerstand in diesem Fall nicht immer zwecklos ist, zeigen diese Tipps.

«Ich würde gerne rasch Ihre Küche und Ihr Bad ausmessen», bekommen Eva und Beat Hunkeler vom Handwerker an ihrer Haustür zu hören. Bereits letzte Woche war ein Sanitär da und inspizierte akribisch sämtliche Leitungen. «Will die Vermieterin womöglich die Wohnung sanieren und flattert nun bald eine Kündigung ins Haus?», fragen sie sich.

Das könnte durchaus sein, denn die Siedlung, in der sie wohnen, wurde in den 70er-Jahren gebaut. Seither wurde nie etwas gemacht. Die orangen Fliesen im Bad, das grüne Lavabo, die Teppichböden und die Küche mit der Durchreiche mögen zwar altmodisch wirken. Doch Hunkelers stören sich nicht daran. Ganz im Gegen­teil. In ihrem trauten Heim mit zeitlosem Retro-Charme haben sie ihr halbes Leben verbracht und ihre Kinder grossgezogen. Nun möchten sie ihren wohlverdienten Ruhestand geniessen. Sie fühlen sich mit dem Quartier und seinen Bewohner*innen verbunden. Die Miete ist moderat und auch für Geringverdienende bezahlbar. Mit einer Kündigung würden sie ihr Zuhause verlieren und auch aus einer Gemeinschaft herausgerissen. Beides ein herber Verlust, sowohl für die Hunkelers als auch für die übrigen Mieter*innen dieser Liegenschaft.

Die Sorgen der Hunkelers kommen nicht von ungefähr. Renovationen, bei welchen die Mietenden in den Woh­nungen bleiben können, kommen zwar des Öfteren vor. Vielfach sind aber so um­fassende Sanierungen nötig, dass ein Ver­bleib der Mieter*innen in den Wohnungen nicht möglich erscheint – das ist zumin­dest vielfach die Ansicht der Verantwortlichen. Ob das objektiv betrachtet tatsäch­lich der Fall ist oder ob es eher darum geht, nach der Sanierung mit der Neuver­mietung höhere Mietzinse einzustreichen, muss im Einzelfall geprüft werden.

Ohren offen halten

Seriöse Vermieter*innen informieren ihre Mieter*innen rechtzeitig über eine geplante Sanierung, deren Durchführung und über die Konsequenzen, mit denen die Bewohner*innen rechnen müssen. Erhalten die Hunkelers tatsächlich eine solche Mitteilung oder erfahren sie auf anderem Weg, dass ihre Liegenschaft sa­niert und deshalb leergekündigt wird, sind die juristischen Verteidigungsmittel dagegen noch bescheiden. In diesem Stadium können die Hunkelers allenfalls Korrekturen am Sanierungsvorhaben mittels einer Einsprache gegen das Bau­gesuch erwirken. Sind alle Bauvorschrif­ten eingehalten, sind die Erfolgsaus­sichten einer Baueinsprache allerdings unsicher.

Vorübergehenden Umzug anbieten

Gemäss dem Bundesgericht ist eine Kündigung wegen einer Sanierung dann missbräuchlich, wenn Mieter*innen der Vermieterschaft einen vorübergehenden Auszug aus der Wohnung anbieten. In diesem Fall nämlich werden die Reno­vationsarbeiten nicht durch die Anwesen­heit der Mietenden behindert. Die Kündigung wäre aus dem Grund miss­bräuchlich, dass ein schutzwürdiges Kün­digungsinteresse fehlt. Hunkelers sollten deshalb ihrer Vermieterin möglichst schnell und unbedingt noch vor der Kün­digung schriftlich anbieten, während der Sanierung anderswo unterzuschlüpfen, um danach die eigene, renovierte Woh­nung wieder beziehen zu können. Dies natürlich nur, wenn die Hunkelers auch tatsächlich eine Ausweichmöglichkeit haben.

Gemeinsam ist man stärker

Kündigt die Vermieterschaft eine Sanie­rung an, haben Mieter*innen am ehesten Erfolg, wenn sie Korrekturen am Vor­haben oder am Vorgehen gemeinsam ein­fordern. Dabei müssen die Bedürfnisse der Mieter*innen zusammengefasst und gewichtet werden. Eventuell könnten die Hunkelers als «Sprachrohr» fungieren, indem sie die Anliegen und Forderungen bei der Vermieterin vertreten und die Ver­handlungen führen. Ist die Vermieterin fair, so könnten die Hunkelers mit dieser Strategie erreichen, dass die Sanierung sozialverträglich gestaltet wird.

Der Gang an die Öffentlichkeit

Als die Hunkelers mit der Vermieterin das Gespräch suchen, schaltet diese auf stur und ist alles andere als bereit, den Hunkelers Hand zu bieten. Nun könnten Hunkelers versuchen, sich über die Öf­fentlichkeit Gehör zu verschaffen. Da­durch riskiert die Vermieterin ihren guten Ruf, den sie in der Region geniesst. Allen­falls kann auch die Politik und der Miete­rinnen- und Mieterverband einbezogen werden. Gerade bei grösseren Bauvor­haben kann die Unterstützung der poli­tisch Verantwortlichen viel bewirken.

Bild: Efeu

Wie weiter bei einer Kündigung?

Da die Vermieterin die Wohnungen in unbewohntem Zustand sanieren will, kündigt sie allen Mieter*innen mitsamt den Hunkelers. Das Gesetz lässt eine Kündigung nur unter Einhaltung gewisser Formalitäten zu. Die Vermieterin muss den Hunkelers die Kündigung auf einem amtlich genehmigten Formular mitteilen. Andernfalls ist sie nichtig. Da die Hunke­lers verheiratet sind, muss die Vermie­terin eine weitere Formalität beachten: Gemäss Art. 266m OR muss die Vermie­terschaft beiden Ehe- oder eingetragenen Partner*innen ein separates Kündigungs­formular zuschicken. Und zwar selbst dann, wenn nur eine der beiden Personen den Mietvertrag unterschrieben hat. Sonst ist die Kündigung ebenfalls nichtig.

Fristen und Termine

Auch bei einer Sanierungskündigung muss sich die Vermieterin an die vertrag­liche Kündigungsfrist und den Kündi­gungstermin halten. Die Kündigung muss vor Beginn der Kündigungsfrist bei den Hunkelers eintreffen. Falls die Kündigung per Einschreiben erfolgt, gilt als Zustell­termin entweder der Tag, an dem die Hunkelers die Sendung tatsächlich entge­gengenommen haben, oder – falls sie ihn nicht abholen – derjenige, an dem sie den Brief erstmals bei der Poststelle hätten abholen können. Ab diesem Zeit­punkt beginnt auch die Rechtsmittelfrist für eine Kündigungsanfechtung und/oder ein Erstreckungsbegehren zu laufen. Der Folgetag ist Tag 1 der 30-tägigen Anfech­tungsfrist. Das gilt unabhängig davon, ob die Hunkelers die Sendung abholen oder nicht. Eingeschriebene Briefe ein­fach zu ignorieren ist also keine gute Idee.

Kündigung anfechten

Die Anfechtung der Kündigung bei der Schlichtungsbehörde innerhalb von 30 Tagen ist nun das einzige Mittel, das den Hunkelers noch bleibt. Lassen sie diese Frist ungenützt verstreichen, gilt die Kündigung als akzeptiert, sogar dann, wenn sich die Sanierung im Nachhinein als «faule Ausrede» entpuppen sollte. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen die Chancen für eine An­fechtung der Kündigung gut, wenn die geplante Sanierung auch im bewohnten Haus ohne wesentliche Verzögerung oder Komplikationen möglich wäre, wie dies etwa beim Streichen von Wänden, blossen Aussenrenovationen oder Bal­konanbauten der Fall wäre. Dann gibt es keinen schutzwürdigen Grund für eine Kündigung. Auch eine Kündigung «auf Vorrat» ist missbräuchlich, so zum Beispiel, wenn das Bauvorhaben im Zeit­punkt der Kündigung noch nicht ausgereift ist. Nicht ausgereift ist ein Sanierungsprojekt dann, wenn die Ver­mieterschaft lediglich über einen einfachen Entwurf für die zukünftigen Arbeiten verfügt, wenn noch gar kein Baugesuch eingereicht wurde, nur ein Investitionsplan vorliegt oder die Finan­zierung ungesichert ist. Missbräuchlich ist eine Kündigung ebenfalls, wenn die Sanierung nicht realitätsnah oder sogar unmöglich erscheint, der Umfang der geplanten Arbeiten und die Notwendig­keit des Auszugs der Mietenden also gar nicht zu beurteilen ist.

Im Einzelfall ist es eine Ermessens­frage, ob eine Kündigung wegen Sanie­rungsarbeiten missbräuchlich ist. Beurteilt die Schlichtungsbehörde oder das Gericht eine Kündigung als missbräuchlich, wird sie aufgehoben und ein dreijähriger Kündigungsschutz wird ausgelöst.

Recht auf Erstreckung

Selbst wenn die Schlichtungsbehörde oder das Gericht die Kündigung als rechtmässig beurteilt, müssen die Hunke­lers nicht sofort ausziehen. Sie können dann eine Mieterstreckung verlangen. Die Schlichtungsbehörde oder das Gericht muss dann abwägen, wie hart sie die Kün­digung trifft und wie dringlich das Sanie­rungsvorhaben der Vermieterin ist. Ob und wie lange eine Erstreckung gewährt wird, ist eine Ermessensfrage. Üblicher­weise können Mieter*innen mit einer Erstreckung von mindestens einigen Monaten rechnen, manchmal sogar mit einer von mehr als einem Jahr. Die gesetz­liche Maximaldauer beträgt für Woh­nungen vier Jahre. Ein so langer Aufschub ist in der Praxis aber selten – leider.

Text: Fabian Gloor

Endlich Zahlen zur Verdrängung

Werden Häuser abgerissen und neue gebaut, werden Menschen mit tiefen Einkommen durch besser Verdienende ersetzt, zeigt eine neue Studie. Das Ausmass habe ihn erschreckt, sagt David Kaufmann von der ETH.

David Kaufmann, Assistenzprofessor für Raumentwicklung und Stadtpolitik, ETH Zürich

M+W: David Kaufmann, Ihre Forschungs­gruppe belegt jetzt, was schon länger zu beobachten ist: Aufgrund von Neubauten und Renovationen werden besonders vulnerable Menschen verdrängt. Warum ist dem so?

David Kaufmann: Zum einen wohnen Menschen mit geringem Einkommen mehrheitlich in älteren Häusern, die jetzt vielfach abgerissen werden. Zum andern reissen private und institutionelle Akteure meist aus Profitüberlegungen Wohn­häuser ab, um sie durch neue zu ersetzen. Oder sie renovieren mit derselben Moti­vation. Das hat weit grössere nachteilige Effekte, als wir angenommen hatten.

Neben Menschen mit tiefen Einkommen verlieren überdurchschnittlich oft Alleinerziehende und von ausserhalb der EU Zugezogene ihre Wohnung. Gibt es auch beim Alter klare Unterschiede?

Erstaunlicherweise nicht. Die Verdrän­gungseffekte verlaufen entlang den Linien von wenig Einkommen, unsicherem Auf­enthaltsstatus und prekären Lebenssitua­tionen. Wir können keinen Effekt von Alter sehen. Es braucht dazu aber noch vertiefte Forschung.

Warum konnte man die direkte Verdrän­gung von vulnerablen Menschen durch Bautätigkeit nicht schon früher mit Zahlen belegen?

Das hat mit der Verfügbarkeit der Daten zu tun und damit, wie sie sich in Verbindung auswerten lassen. Bei dieser For­schung war für uns und andere For­schende lange nicht vorhersehbar, welche öffentlich zugänglichen Datensätze aussagekräftige Daten liefern und wie wir diese verknüpfen können.

Die Wohnungsnot erhielt jüngst plötzlich viel mediale Beachtung. Zu Wort kamen aber vor allem Banken, Immobilienvertreter und andere Wirtschaftsliberale. Deren Rezept gegen die Krise lautete immer gleich: Mehr bauen! Was sagen Ihre Zahlen dazu?

Bei dieser Argumentation bleiben die sozialen Konsequenzen von Verdich­tungsprozessen unbeachtet. Vor allem die Konsequenzen bei Ersatzneubauten und Renovationen – in diesen Häusern wohnten ja Menschen. Ich bin auch der Meinung, dass wir mehr Wohnungen und mehr Personen in dichteren Zentren brauchen. Aber diese Prozesse müssen sozial verträglich und demokratisch von­statten gehen. Es ist nicht nachhaltig, wegen der Wohnungsnot ausschliesslich profitorientierten Wohnungsbau zu forcieren.

Ihre Studie beinhaltet auch eine repräsen­tative Umfrage zur Akzeptanz von Verdichtung. Was ist der Bevölkerung dabei wichtig?

Ganz klar die ökologische und die soziale Verträglichkeit. Verdichtung ist besser akzeptiert, wenn es Massnahmen für den Klimaschutz und die Klimaanpassung gibt und wenn Grünflächen entstehen. Zudem sollte nicht Profit im Zentrum der Entwicklung stehen. Die Befragten wünschen sich eine Kosten­miete bei mindestens einem Drittel der neu entstehenden Wohnungen.

Welches sind für Sie persönlich die wich­tigsten Erkenntnisse aus der Studie?

Viele Menschen haben es schon lange geahnt, aber jetzt ist es mit repräsenta­tiven Zahlen belegt: Das Ausmass der Verdrängung ist enorm, insbesondere für vulnerable Personen. Die Innenentwick­lung respektive die Verdichtung sollte fortan mit flankierenden Massnahmen begleitet werden, um diese betroffenen Menschen besser abzusichern. Abrisse bestehender Wohnhäuser sollten besser geprüft und Renovationen etappiert werden. Ziel sollte grundsätzlich sein, dass die Bewohner*innen in ihre Woh­nungen zurückkehren können. Städte und Gemeinden sollten den bezahlbaren Wohnraum gerade an zentralen Lagen aktiver fördern, sei es durch den Erwerb von Boden oder indem sie gemeinnüt­zigen Wohnungsbau vermehrt unter­stützen. Es gibt viel zu tun, und es ist jetzt wichtig, dass Politik und Planung Strategien und Massnahmen entwickeln.

Zahlen zur Verdrängung durch Innenentwicklung im Kanton Zürich
• 12 998 Personen mit normalen Mietver­trägen wurden im Zeitraum 2014 bis 2019 wegen Abbruchs oder Renovation des Mehrfamilienhauses, in dem sie wohnten, verdrängt (nur 6,1 % der Bewohner*innen gehen nach einer Renovation zurück).
• Neue Wohnungen entstehen 6,5-mal häu­figer mittels Ersatzneubauten als durch Weiterbauen wie Anbau oder Aufsto­ckung, was ökologisch nachhaltiger wäre.
• Das monatliche Haushaltseinkommen von Verdrängten ist um 4800 CHF tiefer als das durchschnittliche im Kanton Zürich.
• Neue Mieter*innen verfügen über ein durchschnittlich um 3623 CHF höheres monatliches Haushaltseinkommen als die vorherigen Mieter*innen.
Zur Studie: https://spur.ethz.ch/de/research-overview/urban-policy-and-politics/ wohnungsnotstand.html

Interview: Esther Banz

Ein Angriff auf Wohnformen mit Zukunft

Mit 108 Ja zu 83 Nein stimmte der Nationalrat in der Frühlingssession einer Aufweichung des Kündigungsschutzes bei der Untermiete zu.

Die rechte Mehrheit im Nationalrat beklagt Missbräuche bei der Untermiete und will das Gesetz anpassen. Stimmt auch der Ständerat zu, können Mietende künftig wegen Bagatellen die Wohnung verlieren. Die vorgesehenen Gesetzesänderungen sind aber auch ein Angriff auf nach­haltige, zeitgemässe und innovative Wohnformen.

Erst kürzlich fand an der ETH Zürich eine Tagung zum Thema «Generationen­wohnen» statt. Es ging dabei auch um gesellschaftliche und ökologische Her­ausforderungen der Gegenwart. Eine zen­trale Frage war, wie ein gutes Miteinander vonseiten der Wohnbauträger gefördert werden kann. Zum Beispiel: Was gibt es angesichts der Tatsache, dass Menschen älter werden und nicht unbedingt Ange­hörige in der näheren Umgebung haben, für architektonische Lösungen und Wohnformen, die die sozialen Kontakte begünstigen? Die ein lebendiges Miteinander im Haus, in der Siedlung, dem Quartier und über Generationen hinweg ermöglichen? In diesem Zusammenhang ging es selbstverständlich auch um Wohn- und Hausgemeinschaften. Sie dürften in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Rauswurf wegen Bagatelle

Für das Teilen einer Wohnung oder eines Hauses gibt es den Untermietvertrag. Er ermöglicht sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltige Wohn­formen. Doch das soll sich nun ändern. Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat ist Anfang März der Immobilienlobby in der Kommission für Rechtsfragen gefolgt und hat schwerwiegende recht­liche Verschlechterungen bei der Untermiete beschlossen: Erstens müssen Vermieter*innen künftig in jedem Fall ihre schriftliche Zustimmung zu einer Untervermietung geben, sonst ist sie nicht erlaubt. Zweitens kann die Unter­miete auf zwei Jahre befristet werden. Und drittens soll Mieter*innen, die es versäumen, vorgängig schriftlich die Un­termiete zu beantragen oder über Ände­rungen zu informieren, ausserordentlich gekündigt werden können. Mit einer Frist von nur 30 Tagen nach Mahnung.

Viel Glück allen, die in Schweizer Städten und Vororten innert weniger Wo­chen eine andere bezahlbare Wohnung finden müssen.

Ein realistisches Szenario unter dem neuen Regime (falls der Ständerat dem Nationalrat folgt) sieht so aus: Eine Luzerner Familie lebt seit Jahren in einer Mietwohnung. Das älteste Kind ist ausgezogen, in das frei gewordene Zimmer zieht die Tochter einer Bekannten ein, die gerade anfängt, an der Hochschule Luzern zu studieren. Die Familie regelt mit ihrer Untermieterin das Wohnverhältnis via Untermietvertrag und in­formiert zeitnah den Vermieter.

– Ups! Sie hätten ihn vorgängig zwin­gend um Erlaubnis bitten müssen, neuer­dings schriftlich. Und dieser hätte mit dem neuen Gesetz diverse und gesetzlich nicht abschliessend definierte Gründe geltend machen können, weshalb er die Untermiete nicht erlauben will. Wissen die Mietenden nicht um diese neue, streng geregelte Pflicht oder nehmen sie es mit dem Melden nicht so genau – man hat ja schliesslich nichts Unredliches im Sinn und Zusammenwohnen ist etwas vom Privatesten, das es gibt –, kann das böse Folgen haben: Die Familie kann mitsamt Untermieter*in nach einer Mah­nung mit einer Frist von nur dreissig Tagen aus der Wohnung geworfen werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass Vermieter*innen, die mit ihren Wohnliegenschaften mehr Profit erzielen wollen, auf genau solche Gelegenheiten warten werden, um die Wohnungen neu und deutlich teurer weiterzuvermieten.

Die schärfste Waffe, die das Mietrecht kennt

Die ausserordentliche Kündigung ist die schärfste Waffe, die das Mietrecht kennt, sie darf etwa dann angewendet werden, wenn ein*e Mieter*in den Miet­zins nicht bezahlt. Neu sollen Mieter*innen, die seit Jahren immer pünkt­lich ihren Zins zahlen, diese brutale Konsequenz wegen einer Bagatelle zu spüren bekommen. Der Leiter der Hot­line des Mieterinnen- und Mieterver­bandes, Fabian Gloor, bestätigt: «Eine kleine Vertragsverletzung soll künftig schwerwiegende Folgen haben.» Für ihn ist klar, dass es mit dieser Schraubendrehung darum geht, den Schutz der Mieter*innen weiter zu schwächen. Man müsse diesen Vorstoss auch im Kontext der anderen Angriffe auf das Mietrecht sehen, sagt der Jurist: «Kommen sie durch, wird das verheerende Folgen haben.»

Gegen die Interessen älterer Menschen

Die Immolobby ist in der nationalrät­lichen Kommission für Rechtsfragen unter anderem durch die Basler Präsi­dentin des Hauseigentümerverbandes (HEV), Patricia von Falkenstein, vertreten. Sie ist auch Stiftungsrätin von Pro Senec­tute beider Basel. Als solche vertritt sie die Interessen älterer Menschen. Tut sie das? Die Wohnungsnot hat zur Folge, dass es nicht gerne gesehen wird, wenn Mieter*innen nach dem Auszug der Kinder oder dem Tod des Partners in ihren bisherigen Wohnungen bleiben. Sie könnten doch Familien Platz machen, heisst es oft. Tatsächlich bleiben viele, weil selbst kleinere Wohnungen für sie nicht bezahlbar sind (was ganz im Sinn des HEV ist, der für seine Mitglieder eine Politik des maximalen Profits auf Kosten der Mieter*innen verfolgt). Immerhin bleibt noch die Möglichkeit, ein Zimmer an eine Person unterzuvermieten. Da­durch sinken für alle Beteiligten die Wohnkosten (Stichwort «ökonomische Nachhaltigkeit»), es gibt die Möglichkeit von Austausch und gegenseitiger Unter­stützung («soziale Nachhaltigkeit») und der Flächenverbrauch wird reduziert («ökologische Nachhaltigkeit»). Die Ge­setzesänderungen werden nun aber, falls der Ständerat mitzieht, jüngeren wie älteren Menschen diese sinnvolle Art des Wohnens erschweren. Betroffen ist auch das «Wohnen gegen Hilfe». Die Medien­sprecherin des Bundesamtes für Woh­nungswesen (BWO) Eva van Beek erklärt, was damit gemeint ist: «Eine Mieterin wird im Alltag von einer anderen Person, beispielsweise einem Studenten, unter­stützt. Im Gegenzug hat dieser ein Zimmer in der Wohnung beziehungs­weise im Haus und muss dafür weniger Untermiete bezahlen.»

Patricia von Falkenstein rechtfertigt die vorgesehenen Schikanen bei der Untermiete. Es gehe «hauptsächlich darum, dass jemand nicht mehr mehrere Wohnungen mietet, diese untervermietet und als Einnahmequelle missbraucht.» Auf die Frage, weshalb man dann nicht zwischen der Untervermietung ganzer Wohnungen und nur einzelner Zimmer unterscheide, gibt sie ziemlich deutlich zu erkennen, wie sie über Mieter*innen denkt: Es gebe in der vorliegenden Fas­sung keine Unterscheidung, «damit der Mieter den unrechtmässigen Ertrag nicht noch weiter steigern kann.» Und es dürfe doch nicht sein, dass «Mietobjekte teils raumweise zu haarsträubenden Preisen an mehrere einzelne Untermieter weitervermietet werden können.» Es klingt, als ob so etwas gehäuft vorkäme und Symp­tom einer weit verbreiteten Profitgier unter Mieter*innen sei – aber Zahlen nennt Patricia von Falkenstein keine. Ob man hier von sich auf andere schliesst? Sie versichert lediglich, Wohn­gemeinschaften sollten nicht betroffen sein, das «ist und war auch nie das Ziel». Auch wenn der Vorstoss vom Ständerat angenommen werden sollte, «ist noch lange nicht klar, wie der genaue Wortlaut formuliert sein wird und der zu ändernde Artikel lautet». Es wäre überraschend, wenn diese Aussage nicht die taktisch motivierte Verharmlosung einer ge­wieften Politikerin wäre, die eine Brech­stangen-Vorlage ins Trockene bringen will.

Ziel: Leichter kündigen können

Auch SVP-Bundesrat Guy Parmelin – ihm ist das BWO unterstellt – sprach sich in der Nationalratsdebatte gegen die gesetzlichen Anpassungen bei der Unter­miete aus. Er sieht wegen der neuen «nicht erschöpfenden Aufzählung der Gründe, die den Vermieter berechtigen, seine Zustimmung zur Untervermietung zu verweigern», sogar die Gefahr rechtlicher Unsicherheiten, die es mit dem jetzt geltenden Gesetz nicht gibt. Sein Parteikollege Hans Egloff, Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV), hat den Vorstoss zur Untermiets- Erschwerung 2015 mit dem Argument eingereicht, man wolle damit dem Miss­brauch entgegenwirken. Aber wie von Falkenstein liefert auch der HEV als Verband keine Belege für das angebliche Problem.

Die BWO-Mediensprecherin Eva van Beek erinnert daran, dass die Untermiete 1990 mit einem Liberalisierungsziel in Kraft gesetzt wurde: «Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift dem Verbot der Untermiete begegnen, welches in einem grossen Teil der standardisierten Mietver­träge über Wohnungen enthalten war.» Die Untervermietung sei gemäss der Auf­fassung des Bundesgerichts grundsätzlich für Mietende gedacht, die das gemietete Objekt vorübergehend nicht nutzen können: «Sie überlassen die Räumlich­keiten für die Zeit ihrer Abwesenheit aus finanziellen Motiven einer Drittperson.» Des Weiteren könne eine Untermiete eben auch «im Falle eines Wegzugs oder nach dem Tod von Familienangehörigen erfolgen, wenn die Wohnung zu gross wird». Überhaupt sei der Abschluss von Untermietverträgen eine «Möglichkeit, um nachhaltige Wohnformen zu reali­sieren», sagt van Beek und präzisiert: «Unter dem jetzt noch geltenden Recht.» Unter dem neuen, so wie es jetzt formuliert ist, wäre das nicht mehr so.

Für Nationalrätin Florence Brenzi­kofer (Grüne) ist klar: «Es geht einzig darum, leichter kündigen zu können.» Bundesrat Parmelins Worte lassen aus­serdem befürchten, dass die Gesetzesänderungen den Missbrauch nicht bekämpfen, sondern fördern werden – zuungunsten der Mieter*innen.

Gegen gemeinschaftliche Wohnformen

Betroffen sind allen voran Wohnge­meinschaften, und da denkt man ja zunächst mal an Studierende. Also Anruf bei Patrik Suter, Geschäftsführer des Jugendwohnnetzes JUWO in Zürich. Das JUWO stellt Wohnraum für 3500 junge Menschen in Ausbildung zur Verfügung. Dafür mietet es Wohnungen an und ver­mietet diese an WGs weiter. Was hält er von den drohenden Verschärfungen? Suter sagt: «Der Grossteil unserer 1400 Untermietverträge ist unbefristet oder hat eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren. Eine Beschränkung auf zwei Jahre würde nicht mal die Dauer eines üblichen Studiengangs abdecken.» Sein Fazit: «Eine zeitliche Beschränkung halte ich für nicht zielführend und sie wäre für das JUWO existenzbedrohend.»

Auch Lorenz Bertsch von Caritas St. Gallen und Appenzell sieht in den Plänen der Immobilienlobby grosse Nachteile für breite Teile der Bevölke­rung. Er leitet den Fachbereich Sozialpolitik und erzählt: «Ich sehe viele Allein­stehende, die in Berufen mit tiefen Löhnen arbeiten und sich eine Wohnung teilen, weil sie sich sonst keine leisten können. Und dann sind da auch die ge­trennten Paare mit Kindern. Sie sind mit der Situation konfrontiert, dass sie nach dem Bruch deutlich höhere Wohnkosten haben, weil sie nun zwei Wohnungen brauchen. Können sie eine Untermieterin in die zu gross gewordene ehemalige Familienwohnung nehmen oder in beide Wohnungen einen Mitbewohner, ent­lastet das das Budget erheblich.»

Nicht zuletzt würde die neue Geset­zesbestimmung gemäss Guy Parmelin auch Wohnformen und Projekte er­schweren, die der Bund unterstützt.

Gegen Innovation im Wohnbereich

Dank der Untermiete konnten in den letzten Jahrzehnten vielfältige neue Wohnformen erprobt werden. Dabei geht es nicht alleine darum, sich eine Woh­nung überhaupt leisten zu können – es geht auch um Wohn- und überhaupt Le­bensqualität etwa durch gemeinschafts­orientiertes Wohnen, um verschiedene Formen von Alternativen zum Modell der konventionellen Kleinfamilie. Immer mehr versteht man auch, dass sich (fami­liäre) Konstellationen verändern und es Räume braucht, die diese Veränderungen ermöglichen, die selber veränderbar sind. Am ETH-Wohnforum wird schon länger zu Impulsen und Innovationen im Woh­nungsbau geforscht. Eine der Exper­tinnen ist die Sozialanthropologin Angela Birrer. Sie sagt: «Mit der Beschränkung der Untermiete würden bisherige und zukünftige Innovationen im gemein­schaftlichen Wohnen gehemmt und das Ziel eines geringeren Wohnflächenverbrauchs massgeblich erschwert.» Es würde noch schwieriger werden, be­zahlbaren Wohnraum zu finden oder zu halten. Auch was die Anpassbarkeit von Wohnräumen betrifft, werde es Rück­schritte geben. Ihr Fazit: «Grundrisse können noch so flexibel nutzbar sein – wenn am Schluss der rechtliche Rahmen keine flexible Nutzung zulässt, können sie auch nicht veränderten Lebenssituationen und Wohnbedürfnissen gerecht werden.»

Die nächste Tagung der ETH zum Wohnen findet erst wieder in einem Jahr statt. Es ist zu hoffen, dass das Thema dann nicht «Wohnzukünfte: Neustart ab Feld 1» wird lauten müssen.

PS bzw. No-Fun-Fact: In ihrer Rolle als Präsidentin des Verbandes Wohnbauge­nossenschaften Schweiz sprach auch SP-Ständerätin Eva Herzog an der kürzlichen ETH-Tagung zum Generationen­wohnen und plädierte für den Ausbau solcher gemeinschaftlicher Wohnformen. Womöglich hat sie inzwischen vergessen, dass sie sich vor zwei Jahren in der Vernehmlassung für die Untermietsverschlechterungen aussprach. Sie schrieb damals: «Neu wird in Abs. 4 Bst. d eine vorgesehene Untermietdauer von mehr als zwei Jahren als Grund für die Verweigerung der Zustimmung definiert. Wohnbaugenossenschaften Schweiz begrüsst diese Regelung. Eine klare Rege­lung und zeitliche Begrenzung der Unter­miete ist im Interesse unserer Mitglie­der.» Erstaunlich.

Autorin: Esther Banz

Transparente Vormieten auch im Kanton Bern

Lancierung vor dem Berner Rathaus: Die Initiative wird von einer breiten Allianz unterstützt. zVg

Die Mieten steigen auch im Kanton Bern unaufhaltsam. Nun hat der dortige Mieterinnen- und Mieterverband gemeinsam mit einer breiten Allianz eine Initiative zur Einführung von transparenten Vormieten lanciert.

«Die Mieten im Kanton Bern sind in den letzten zwanzig Jahren um rund 30 Prozent gestiegen. Der aktuelle Wohnungsmangel und die explodierenden Nebenkosten verschärfen das Problem zusätzlich. Der Mieterinnen- und Mieter­verband Kanton Bern hat darum jetzt eine Initiative für transparente Mieten lanciert. Vermieter*innen sollen bei einem Wechsel der Mieterschaft die vor­herige Miete offenlegen müssen. Dadurch können übertriebene Mietzins-Erhö­hungen von den Mietenden einfacher erkannt und allenfalls angefochten werden. «Es gibt klare gesetzliche Regeln und trotzdem werden Mieten immer wieder stärker erhöht als erlaubt», sagt Edith Siegenthaler, Präsidentin des MV Kanton Bern. Sie hat deshalb bereits im letzten Herbst gemeinsam mit Mitunter­zeichnenden einen entsprechenden Vorstoss im kantonalen Parlament eingereicht. Dieser wurde kürzlich vom Regierungsrat abgelehnt. Obwohl er die Sorge um den Mietmarkt gemäss eigener Aussage teilt, will er keine konkreten Massnahmen treffen.

Transparenz wirkt

Die Initiant*innen sind überzeugt: Transparenz ist ein simples und erprobtes Instrument zur Preisdämpfung. In den Kantonen Basel-Stadt, Genf, Luzern, Neuenburg, Waadt, Zug und Zürich ist die Vermieterschaft bereits heute ver­pflichtet, Mieter*innen bei Wohnungs­knappheit den Anfangsmietzins mit einem amtlichen Formular bekanntzu­geben. Ein Blick in die Statistik der kan­tonalen Schlichtungsbehörden zeigt: In Kantonen mit etablierter Formularpflicht kommt es regelmässig zu Anfechtungen der Anfangsmiete. Genf zählte im ersten Semester 2022 rund 145 Anfech­tungen, Zürich 131 und Basel-Stadt 12. Bern hingegen keine einzige. Das soll sich mit der transparenten Vormiete ändern.

Auch der Bundesrat sieht darin ein geeignetes Mittel zur Preisdämp­fung auf dem Mietwohnungsmarkt. Er schlug dieses Instrument vor rund zehn Jahren im Rahmen der später gescheiterten Mietrechtsrevision als Massnahme vor.

Breite Allianz

Der MV Bern hat eine breite Al­lianz zur Unterstützung der Initiative geschmiedet. Die kantonalen Parteien von SP, Grünen und EVP sowie Ein­zelpersonen aus der Berner Politik sind ebenso Teil davon wie Casafair, der Verband für faire Wohneigentümer*innen. Unterstützt wird die Initiative ausserdem von Wohnbaugenossenschaften Bern-Solothurn und vom Gewerkschaftsbund Kanton Bern.

Viele Arbeitnehmende, Familien, Alleinstehende, Pensionierte und Menschen in Ausbildung finden heute keine bezahlbare Wohnung mehr. «Wir fordern mit unserer Initiative transparente Vormieten, damit faire und bezahlbare Mieten im Kanton Bern Tatsache werden», fasst Edith Siegenthaler, Präsidentin des MV Bern, das Anliegen der Allianz zusammen.

Die wichtigsten Argumente:

Für faire Mieten
Ein Grund für die hohen Mieten ist, dass unfaire Vermieter*innen die Mietzinse stärker erhöhen, als das Gesetz es erlaubt. Ein einfaches Mittel gegen diese Praxis ist die Offenlegung der Vormiete beim Wechsel der Mieterschaft. So können die Mie­tenden überrissene Mieten einfacher erkennen und anfechten.
Für bezahlbares Wohnen
Der bezahlbare Wohnraum verschwin­det, weil die Immo-Lobby immer mehr Rendite erzielen will. Transparente Vormieten beugen willkürli­chen Mietzinserhöhungen vor und haben damit eine preisdämpfende Wirkung. Damit sind sie ein wichtiges Mittel zum Erhalt von bezahlbarem Wohnraum.
Für mehr Transparenz und Vertrauen
Dank transparenten Vormieten ist die Höhe der Miete für alle Beteiligten nachvollziehbar. Gerechtfertigte Mietzinserhöhungen sind immer noch möglich. Damit wird das Vertrauen zwischen Vermieter*innen und Mie­ter*innen gestärkt.

Text: Sabina Meier

News

Ja zum Klimaschutzgesetz

Im Rahmen des Klimaschutzge­setzes, über das am 18. Juni abge­stimmt wird, will der Bund während zehn Jahren jährlich 200 Millionen Franken für den Ersatz von Öl-, Gas-und Elektroheizungen einsetzen. Davon sind auch Mietende betrof­fen, deren Wohnung mit fossiler Energie beheizt wird. Viele Beispiele zeigen, dass es zu keinen wesentli­chen Mietzinserhöhungen kommt, wenn einzig die Heizung ersetzt wird, wie es das Gesetz vorsieht. Wenn doch, können sie durch Ein­sparungen bei den Heizkosten kom­pensiert werden. Angesichts der stark gestiegenen Heizkosten ist ein Heizungsersatz gerade auch aus Sicht der Mietenden dringlicher ge­worden. Denn die Heizkosten werden direkt auf sie überwälzt.

Der MV empfiehlt deshalb ein Ja zum Klimaschutzgesetz. Gleichzeitig fordert der Verband, dass keine Fördergelder fliessen dürfen, wenn energetische Sanierungen zum Anlass genommen werden, Häuser abzureissen oder Kündigungen auszusprechen. Mietzinsaufschläge nach Sanierungen sollen zudem kontrolliert werden.

Diskriminierung beim Wohnen

Für Menschen mit einem kosovo-albanischen, türkischen, srilanki­schen oder eritreischen Namen ist es in der Schweiz systematisch schwie­riger, eine Wohnung zu finden, als für Wohnungssuchende aus unmittelbaren Nachbarländern. Dies zeigt eine Grundlagenstudie des Forums für Migrations- und Bevölkerungs­studien auf. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt wirkt sich auf mehreren Ebenen aus: Sie beein­flusst die vorhandenen Arbeitsmög­lichkeiten, die Länge des Arbeits­wegs, den Zugang zu Schulen, die Nähe zur Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Erholung wie auch die Lärmbelastung.

Erfolg in Luzern gegen Airbnb

Die Stadtluzerner Stimmberech­tigten haben Ja gesagt zu einer Verschärfung der Regeln für Vermietungsplattformen (vgl. Artikel im M+W 1/2023). Künftig dürfen Wohnungen noch an maximal 90 Tagen pro Jahr vermietet werden. Die Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» des Mieterinnen- und Mieterverbands wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 64,3 Prozent gutgeheissen.

Hotline

Fabian Gloor beantwortet Ihre Fragen

Ich habe letzten Herbst einen langfristigen Mietvertrag abge­schlossen. Nun wurde die Liegen­schaft, in der ich wohne, verkauft. Die neue Eigentümerin will mir nun wegen dringendem Eigenbe­darf kündigen, obwohl der Vertrag noch drei Jahre läuft. Darf sie das?

Wird ein Mietobjekt verkauft, übernimmt die neue Eigentü­merin auch die Mietverträge. Der Verkauf bricht die Miete also grundsätzlich nicht. Ausnahms­weise gewährt das Gesetz der neuen Eigentümerin aber die Möglichkeit, den Vertrag wegen dringenden Eigenbedarfs, unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist, auf den nächsten gesetzlichen Termin zu kündigen. Die Vermieterin muss aber sofort reagieren und den nächstmögli­chen gesetzlichen Termin nutzen. Verpasst sie diesen, ist die Kündigung unwirksam und sie ist an die vertraglichen Fristen, Termine und auch an die Mindestdauer gebunden. Die neue Eigentümerin muss den dringenden Eigenbedarf für sich oder nahe Angehörige zudem nachweisen können. Die Anforderungen dafür sind sehr hoch. Gelingt ihr das, müssen Sie die Kündigung akzep­tieren. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit – wie bei jeder ordentlichen Kündigung –, die Kündigung anzufechten und eine Erstreckung des Mietverhält­nisses zu beantragen. Das Gesetz lässt Sie aber nicht vollends im Regen stehen: Kündigt die neue Eigentümerin früher, als es der Vertrag mit dem bisherigen Ver­mieter gestattet hätte, so haftet dieser Ihnen gegenüber für den ganzen daraus entstandenen Schaden.

Wenn Sie in eine teurere Wohnung umziehen müssen, hat Ihnen der bisherige Vermieter beispielsweise die Mietzinsdifferenz bis zum nächsten regu­lären Kündigungstermin zu vergüten. Auch die Umzugs­kosten könnten Sie als Schaden geltend machen.


Der Vermieter hat mir kurz vor Monatsende die Kündigung für mein Studio zugestellt, in der steht, dass ich innert dreissig Tagen aus­ziehen muss. In meinem Vertrag steht leider auch, dass mein «möb­liertes Studio» mit einer Frist von dreissig Tagen auf ein Monatsende gekündigt werden kann. Ich kann unmöglich so schnell umziehen. Kann ich etwas gegen die Kündi­gung unternehmen?

Ja, Sie können. Im Mietvertrag, den Sie unterzeichnet haben, steht zwar ausdrücklich «möbliertes Studio». Die Bezeichnung im Vertrag spielt aber keine Rolle. Ausschlaggebend sind die Tatsachen: Ein möbliertes Zimmer im Sinne des Gesetzes liegt eigentlich nur dann vor, wenn dieses nicht als Wohnung benutzt werden kann. Sobald Dusche, Bad, WC und eine Küche vorhanden sind, spricht man in der Regel von einer «möblierten Wohnung». Selbst dann, wenn sie nur aus einem Zimmer beziehungsweise einem Raum besteht. Bei einem möblierten Studio, das mit Dusche, WC und einer Kochnische ausge­stattet ist, handelt es sich deshalb nicht um ein «möbliertes Zimmer» im Sinne des Gesetzes, sondern um eine zwar etwas kleine, aber nor­male Wohnung. Folglich ist nicht die in Art. 266e OR genannte kür­zere Frist von dreissig Tagen mass­gebend, sondern diejenige für die Kündigung von Wohnungen. Und diese beträgt mindestens drei Monate. Aber Achtung: Die Kündigung, die Sie erhalten haben, wird automatisch auf den nächsten Kündigungszeitpunkt wirksam. Der Vermieter muss Ihnen also nicht nochmals eine Kündigung zustellen. Teilen Sie ihm dies mit einem eingeschriebenen Brief umgehend mit.

Editorial

Andrea Bauer, Verantwortliche Redaktorin

Die «Wohnungsnot» wurde während der letzten Wochen ausführlich in den Medien diskutiert. Die Leerwohnungsziffer sei am Sinken, es werde zu wenig gebaut, und wegen der steigenden Zinsen würden bald auch die Mieten steigen, wurde konstatiert. 

«Sagt nie mehr Wohnungsnot!», schreibt dazu Nationalrätin und MV-Vorstandsmitglied Jacqueline Badran in unserer aktuellen Ausgabe. Es handle sich nämlich keineswegs um einen Notfall, sondern vielmehr um eine chronische Systemkrise. Es reiche darum auch nicht, einfach mehr zu bauen. 

Damit die Mieter*innen in der Schweiz endlich wieder bezahlbare Wohnungen finden, muss das Mietrecht endlich durchgesetzt und der gemeinnützige Wohnungsbau massiv gefördert werden. Mit diesen und weiteren Forderungen wendet sich der Mieterinnen- und Mieterverband an die Politik. Mit welchen Mitteln der Verband sonst noch Druck von den Mietenden wegnehmen will, beschreibt Generalsekretärin Linda Rosenkranz. 

In der Stadt Luzern sind es die kommerziellen Kurzzeitvermietungen – vor allem über Airbnb –, die zu einer Verknappung und Verteuerung des Wohnraums führen. Der dortige MV will dieses Geschäftsmodell darum mit einer Initiative in die Schranken weisen, wie dessen Präsident Mario Stübi schreibt. Am 12. März kommt die Vorlage zur Abstimmung. 

Am darauffolgenden Wochenende öffnet, ebenfalls in Luzern, das Comic-Festival Fumetto seine Türen. Als diesjähriger Wettbewerbspartner hat der MV Luzern das Thema «Zuhause» gewählt. Zu sehen sind die Wettbewerbsbeiträge – und noch vieles mehr – vom 18. bis zum 26. März.

Wohnungsnot? Systemkrise!

Illustration: Patric Sandri

Seit Wochen reden Vertreter des Immobilienkapitals unwidersprochen von «Wohnungsnot». Dabei haben wir es nicht etwa mit einem Notfall zu tun, sondern mit einer chronischen Systemkrise. 

Tag für Tag jammern Medien über die sogenannte Wohnungsnot. Sie beklagen die sinkende Leerwohnungsziffer und die wegen steigender Zinsen bald steigenden Mieten. Sie zitieren Experten – allesamt Vertreter des Immobilienkapitals –, die dann unwidersprochen behaupten können, man müsse eben mehr bauen, die Baugesetze lockern, die Bau- und Zonenordnung zugunsten der Verdichtung aufweichen. Und Rechtspopulisten machen die Zuwanderung dafür verantwortlich. 

Ich kann es nicht mehr hören. Nur schon das Wort «Wohnungsnot» löst bei mir einen Empörungsanfall aus. Suggeriert es doch, man müsse nur mehr bauen, dann komme alles gut. Das impliziert nämlich, wir hätten eine «Marktmiete», und die Mietpreise seien eine Folge von Angebot und Nachfrage. Ganz so wie bei Turnschuhen. Wenn das Angebot die Nachfrage übersteige, würden die Mieten dann schon sinken. So wird bei Mieten unverfroren von «Marktpreisen» geschwätzt, bis sich in unseren Köpfen verfestigt, das sei tatsächlich so. 

«Marktmiete nur nach oben» 

Das ist sowohl unter rechtlichen als auch betriebswirtschaftlichen Aspekten – also im doppelten Sinn – purer Unfug und freundlich ausgedrückt eine Frechheit.

Rechtlich gesehen ist in unserem Mietrecht die «Marktmiete» – also eine Preisbildung nach Angebot und Nachfrage – explizit nicht erlaubt. Die Mieten haben sich vielmehr nach den effektiven Kosten zu richten, namentlich den Hypothekarzinsen (und der Teuerung). Dazu darf keine übersetzte Rendite mit der Mietsache gemacht werden. Die Rendite ist also gedeckelt; und zwar auf (neu) 2 % über dem hypothekarischen Referenzzinssatz. Wir haben also eine «Kostenmiete plus» in Verfassung und Gesetz, das Gegenteil von einer «Marktmiete». 

In der Realität sieht es freilich ganz anders aus, denn: Die Mietenden müssen eine übersetzte Mietrendite einklagen. Das machen sie aber nicht. Und so werden bei jedem Wohnungswechsel wacker die Mieten erhöht, in der Annahme, die Mietenden würden das schon schlucken. Auch eine Miet-zinsreduktion bei einer Senkung des Referenzzinssatzes müssen die Mietenden einfordern. Auch das machen sie aber selten, und längst nicht alle Vermietenden geben die Senkung automatisch weiter. 

So kommt es, dass die Mieten in den letzten Jahrzehnten massiv gestiegen sind, obwohl sie wegen rekordtiefer Zinsen und fast inexistenter Teuerung stark hätten sinken sollen (Grafik unten). Gegenüber dem gesetzlichen Pfad haben die Mietenden im Jahr 2021 sage und schreibe 10 500 Millionen Franken zu viel bezahlt. Das ist ein volkswirtschaftlicher GAU und der Kaufkraftkiller Nummer eins. 

Auch betriebswirtschaftlich sind die Behauptungen einer «Marktmiete» unhaltbar. Bei Immobilien befinden wir uns – insbesondere in den Ballungszentren – nämlich auf einem sogenannten «Anbietermarkt». Das heisst, der Anbieter – also die Vermieterschaft – setzt den Preis fest. Und zwar so, dass er die maximale Zahlungsfähigkeit abschöpft. Das kann er deshalb, weil es dort, wo sich die Arbeitsplätze befinden, immer mehr Wohnungssuchende als leerstehende Wohnungen hat. 

Wäre dem nicht so, hätten die Mieten seit 2009 nicht nur wegen der sinkenden Hypothekarzinsen (sie sind für die Mietpreise massgebend) sinken müssen, sondern auch wegen der regen Bautätigkeit und der folglich stark gestiegenen Leerstände (Grafik unten). Notabene: Die Bautätigkeit hat die zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum durch die Zuwanderung deutlich übertroffen. 

Nach der Markt-Theorie von Angebot und Nachfrage hätten bei steigenden Leerwohnungszahlen die Mieten also nachlassen müssen. Haben sie aber nicht. Im Gegenteil. (So viel zu: «Man muss halt nur mehr bauen»). Eine einfache Rechnung erklärt, warum nicht: 

Nehmen wir an, eine 4-Zimmer- Wohnung in der Agglomeration kostet 3200 Franken und kann kaum vermietet werden. Bei einem Preisnachlass um 400 Franken pro Monat auf 2800 Franken Monatsmiete könnte sie leichter vermietet werden. Nehmen wir weiter an, eine Wohnung wird durchschnittlich 10 Jahre an die gleiche Familie vermietet. Ohne einen Preisnachlass nimmt der Vermieter über die 10 Jahre insgesamt 380 000 Franken ein. Mit dem Preisnachlass sind es 336 000 Franken, also 44 000 Franken weniger. Es lohnt sich also für den Vermieter finanziell, die Wohnung weit über ein Jahr leerstehen zu lassen, bis er jemanden findet, der den übersetzten Preis zahlt. Dazu hat er erst noch eine geringere Abnutzung der Wohnung. Genau das nennt man einen Preissetzer-Markt. Ein Markt, der nicht nach unten angepasst wird, sondern nur nach oben. Kunststück, handelt es sich doch beim Wohnen um eine essenzielle Güterklasse (wie Wasser und Luft). Er herrscht Zwangskonsum, denn man kann ja nicht nicht wohnen. 

Aus diesen Gründen konnte in der Schweiz schleichend eine «Marktmiete nur nach oben» eingeführt werden, ohne dass je ein Buchstabe des Gesetzes geändert worden wäre. Das ist für sich allein betrachtet ein demokratiepolitischer Skandal. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wirkt so der Immobilienmarkt wie ein grosser Staubsauger, der den Menschen Einkommen wegsaugt, skandalös leis- tungsfrei. 

Sagt nie mehr «Wohnungsnot»! 

Wir haben es also mit einer chronischen Systemkrise zu tun, und nicht etwa mit einem Notfall. Jetzt, wo die Zinsen wieder steigen, jetzt, wo die Leerwohnungsziffern leicht sinken, jetzt, wo Teuerung und Energiekosten zunehmen, schreien alle: «Wohnungsnot!». Wären die Mieten in der Vergangenheit gesunken, wie sie es gesetzlich gemusst hätten, wäre das jetzt alles kein Problem. Das könnten die Mietenden locker wegstecken, hätten sie über die letzten fünfzehn Jahre nicht 78 Milliarden Franken zu viel bezahlt. So aber wird das volkswirtschaftliche Drama noch verstärkt. 

Was also tun? 

Es gibt zwei Eckpfeiler einer klugen Ordnung der Immobilienwirtschaft. 

Erstens die Eigentumsverhältnisse: Immobilien müssen denjenigen gehören, die sie nutzen und von ihnen abhängig sind. Das heisst, es braucht mehr Wohngenossenschaften. Viel, viel mehr. Und: Das globale anonyme Kapital in Form von börsenkotierten Immobiliengesellschaften muss wieder raus, was einer Rückgängigmachung der Aufweichung der Lex Koller gleichkommt. 

Zweitens muss das an sich kluge Mietrecht mit der Kostenmiete und dem Renditedeckel durchgesetzt werden. Dazu brauchen wir eine periodische Revisionspflicht der Mietrenditen – also einen Kontroll-Automatismus. 

Damit dies angesichts der Stärke der Immobilienlobby in Parlament und Medien politisch mehrheitsfähig wird, brauchen wir vermutlich zuerst einen Volksaufstand. Und Medien, die diesen riesigen demokratiepolitischen und volkswirtschaftlichen Skandal aufdecken, statt über Mehrwertsteuer-Befreiung von Benzin zu lamentieren, als ob steigende Benzinpreise der wahre Skandal wären. Dass die Mietenden insgesamt 10,5 Milliarden jährlich oder 370 Franken pro Monat und Wohnung (!) zu viel bezahlen, ist Grund genug dafür. Wir müssen auf die Strasse! 

Autorin: Jacqueline Badran

Jetzt muss etwas geschehen 

Illustration: Patric Sandri

Der Druck auf die Mietenden steigt und steigt. Jetzt fordert der Mieterinnen- und Mieterverband die Politik mit einer Reihe von Forderungen zum Handeln auf. 

Seit einem knappen halben Jahr darf ich mich für die Mietenden in der Schweiz einsetzen. Das mache ich einerseits mit viel Freude und Leidenschaft, andererseits tragen wir, die wir in ihrem Dienst arbeiten, eine grosse Verantwortung. Denn der Druck auf die Mietenden in der Schweiz steigt massiv. Die Mieten steigen und steigen, bezahlbare Wohnungen werden immer seltener. Und jetzt steigen auch noch Energiekosten und Referenzzinssatz. Die Mietenden in der Schweiz – eine Mehrheit von über 60 Prozent der Bevölkerung – stehen gegenwärtig unter einem enormen Druck, und die Aussichten für die nächsten Monate sind düster. 

Der Hauptgrund für die explodierenden Mieten ist so einfach erklärt wie schwierig zu beheben: Vermieter*innen erzielen viel zu hohe und deshalb missbräuchliche Renditen. Dass dies unkontrolliert und unbestraft möglich ist, weist auf ein sehr grosses strukturelles Problem hin, das auf dem Buckel der Mietenden ausgetragen wird. Das darf nicht länger sein, erst recht nicht, wenn die Profiteure dieses Systems Grosskonzerne, börsenkotierte Unternehmen oder Versicherungsgesellschaften sind. Es ist jetzt an der Zeit, das Ruder herumzureissen für eine lebenswerte Schweiz und eine aktive Miet- und Wohnpolitik. 

Der Mieterinnen- und Mieterverband gelangt deshalb mit einer Reihe von Forderungen an die Politik. Es darf nicht sein, dass nicht nur die missbräuchlichen Mieten alleine auf den Schultern der Individuen – also der Mietenden – liegen, sondern auch die Verantwortung, dagegen vorzugehen. 

Renditen kontrollieren 

Wegen der missbräuchlichen Renditen fliessen jeden Monat 370 Franken pro Haushalt gesetzeswidrig in die Taschen der Immobilienkonzerne, das sind mehrere Milliarden jedes Jahr. Obwohl das Gesetz sie eigentlich beschränkt, kontrolliert niemand diese Renditen. Der Schutz der Mietenden vor missbräuchlichen Mietzinsen muss politisch allerhöchste Dringlichkeit erhalten. Was wir brauchen, ist eine institutionelle, automatische Kontrolle – inklusive Sanktionsmöglichkeiten. Nur so können wir den aktuellen, unhaltbaren Zustand bekämpfen. 

Masterplan für mehr bezahlbare Wohnungen 

Weiter brauchen wir einen Masterplan für den Ausbau des gemeinnützigen Wohnbaus. So schaffen wir neuen und bezahlbaren Wohnraum. Die Gemeinden müssen dafür spezielle Zonen bereitstellen. Damit dies überhaupt möglich ist, muss der Boden im Besitz der öffentlichen Hand sein. Es braucht darum ein Vorkaufsrecht und eine Einschränkung des Verkaufs von Bauland, das bereits der öffentlichen Hand gehört. 

Gleichzeitig muss der Kündigungsschutz der Mietenden ausgebaut werden. Sanierungen dürfen nicht dazu missbraucht werden, ganze Mietobjekte erst leerzukündigen und dann die Mieten zu erhöhen. Und niemand darf wegen steigender Nebenkosten die Wohnung verlieren. 

Angriffe auf das Mietrecht stoppen 

Als ob die aktuelle Situation noch nicht ausreichen würde, verschärft die Immobilienlobby ihre Angriffe auf das Mietrecht. Das Parlament berät in den kommenden Monaten vier Gesetzesrevisionen, die alle auf eine Verschlechterung der rechtlichen Situation der Mietenden abzielen: Kündigungen aufgrund von Eigenbedarf sollen erleichtert, das Recht auf Untermiete stark eingeschränkt werden, die Anfechtung des Anfangsmietzinses soll erschwert, die Erhöhung der Mieten dagegen erleichtert werden. Kurz: Zuerst wollen sie die Mietenden einfacher rauswerfen und dann die Mieten erhöhen können. 

Diese Angriffe auf die Rechte der Mietenden müssen sofort gestoppt werden. Der Nationalrat hat es in der Hand, den Anfang zu machen und auf die ersten beiden Vorstösse in der Frühlingssession nicht einzutreten. 

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Die Medienmitteilung und eine Übersicht über die Forderungen finden sich auf der Website des Mieterinnen- und Mieterverbands.