Da ich meine Wohnung fristgerecht gekündigt habe, kümmert sich meine Vermieterin nun selber um die Neuvermietung. Bin ich dazu verpflichtet, den zahlreichen Mietinteressent*innen rund um die Uhr telefonisch Auskunft über die Wohnung zu geben und fast täglich mehreren Personen die Wohnung zu zeigen? Und bin ich dazu verpflichtet, der Vermieterin einen Wohnungsschlüssel zu überlassen, damit sie die Wohnung Interessierten auch während meiner Abwesenheit zeigen kann?
Sie können darauf bestehen, dass die Wohnung nur im Beisein Ihrer Vermieterin gezeigt wird und dass diese zur Besichtigung eine ganze Gruppe von Interessent*innen zusammenfasst. Seriöse Vermieter*innen vereinbaren mit der Mieterschaft im Voraus für eine bestimmte Zeitspanne einen bis höchstens zwei Besichtigungstermine pro Woche. Grundsätzlich hat die Vermieterschaft nach der Vermietung kein Zutrittsrecht zum Mietobjekt mehr. Ein Zutritt muss gesetzlich nur dann «geduldet» werden, wenn die Vermieterschaft eine Erneuerung plant oder Reparaturen notwendig sind und wenn das Mietobjekt neu vermietet oder verkauft wird. Die Vermieterin darf aber nicht einfach bei Ihnen klingeln und überfallartig in die Wohnung eindringen. Damit könnte sie sich gar wegen Hausfriedensbruchs strafbar machen. Oft enthalten Mietverträge deshalb genauere Angaben dazu, wie das Zutrittsrecht im Falle einer Neuvermietung, einer Sanierung oder eines Verkaufs des Mietobjekts gehandhabt wird. Enthält der Vertrag keine Bestimmungen, so muss sich die Vermieterin mit Ihnen über einen Besuchstermin einigen. Sie muss dabei auf Ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmen und sich rechtzeitig – also mindestens 24 bis 48 Stunden im Voraus – bei Ihnen anmelden. Zudem müssen die Besichtigungstermine für Sie günstig liegen. An Sonn- und Feiertagen, über den Mittag oder in den frühen Morgenstunden müssen Sie keine Besuche dulden. Einen Schlüssel müssen Sie der Vermieterin nur dann aushändigen, wenn Sie damit einverstanden sind. Verpflichtet sind Sie dazu nicht, auch wenn der Mietvertrag eine entsprechende Klausel enthält. Im Hinblick auf Notfälle ist es jedoch ratsam, bei länger andauernder Abwesenheit den Schlüssel bei der Hauswartung oder einer Vertrauensperson zu deponieren und die Vermieterschaft schriftlich darüber zu informieren.
Oje, kein Übernahmeprotokoll!
Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass bei meinem Einzug vor fünf Jahren gar kein Übernahmeprotokoll erstellt wurde. Kann mich die Vermieterschaft jetzt beim Auszug für jeden Pipifax zur Kasse bitten, auch wenn dieser bei meinem Einzug schon da war?
Nein, Sie haben keinen Grund zur Sorge. Heutzutage ist es so, dass die Vermieterschaft beweisen muss, dass Sie für einen Schaden verantwortlich sind. Gelingt ihr das nicht, kann sie von Ihnen keine Entschädigung verlangen. Unter anderem hat sie die Tatsache zu beweisen, dass der Schaden während Ihrer Mietdauer entstanden ist. Dies ist in der Regel nur möglich, wenn ein von Ihnen unterzeichnetes Übernahmeprotokoll vorliegt. Wurde kein solches erstellt, hat die Vermieterschaft folglich das Nachsehen. Vor Jahrzehnten war das noch anders. Damals stand im Gesetz, es werde vermutet, dass sich eine Wohnung beim Einzug in einwandfreiem Zustand befunden habe. Deshalb benötigte die Mieterschaft ein Übernahmeprotokoll, wenn sie nicht für bereits vorhandene Mängel zur Kasse gebeten werden wollte. Und weil dieser alte Zopf noch in manchen Köpfen herumgeistert, kriegen viele Mieter*innen Panik, wenn sie realisieren, dass sie über kein Übernahmeprotokoll verfügen. Heute können Sie beim Einzug von folgender Faustregel ausgehen: lieber gar kein Übernahmeprotokoll als ein ungenaues oder unvollständiges. Denn wenn Sie ein Übernahmeprotokoll unterzeichnen, in dem nicht alle Mängel dokumentiert sind, wird vermutet, dass diese während Ihrer Mietdauer entstanden sind.
Der Bund will seine Beiträge an die Verbände für die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus ab nächstem Jahr um rund 20 % kürzen. Grund ist ein Beschluss, gemäss welchem das Bundesamt für Wohnungswesen seinen Aufwand bis 2025 um 25 % reduzieren muss. Die Wohnbaugenossenschaften Schweiz und Wohnen Schweiz zeigen sich in einer Mitteilung irritiert: Im Aktionsplan Wohnungsknappheit, der erst Anfang Juni vom Bundesrat bekräftigt wurde, sei noch von einer Stärkung der gemeinnützigen Wohnbauträger die Rede gewesen.
Wenig konstruktiver HEV
Im Rahmen der Vernehmlassung zur Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) hat sich auch der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen geäussert. Statt die Probleme der Mieter*innen anzuerkennen und wenigstens für diese minimalen Massnahmen Hand zu bieten, lautet der einzige Vorschlag des HEV: «Änderungsvorschlag ersatzlos streichen».
Anspruch auf Ladestationen
Der Nationalrat hat sich in der Sommersession für einen Vorstoss ausgesprochen, der einen Anspruch auf Elektroladestationen für Mieter*innen fordert. Damit wird ein wichtiger Anreiz für den Umstieg auf Elektromobilität geschaffen, der nicht nur einen direkten Beitrag zur CO2-Reduktion leisten kann, sondern auch für eine optimale Auslastung und Schonung der Stromnetze sorgt, wenn Elektroautos während der Standzeiten am Netz hängen. So können die Mobilitäts- und Energiekosten für alle minimiert werden.
Zürich: Ja zu Alterswohnungen
Fast 91 % der Stadtzürcher Stimmbürger*innen haben am 9. Juni Ja gesagt zu 2000 neuen gemeinnützigen Alterswohnungen. Weil Wohnraum für ältere Menschen mit beschränkten finanziellen Möglichkeiten fehlt, werden diese zunehmend aus der Stadt verdrängt. Wie akut das Problem ist, zeigt die aktuelle Warteliste der Stiftung Alterswohnungen: 6000 Personen warten auf eine Alterswohnung. Die zusätzlichen Wohnungen sollen bis 2035 geschaffen werden.
Bei warmen Temperaturen verlagert sich der Alltag vieler Mieter*innen auf den Balkon. Es wird grilliert, geplanscht und gepflanzt, Feste werden gefeiert. Wir liefern Ihnen «Dos and Don’ts» für einen sorgenfreien Sommer zuhause.
1. Darf ich auf meinem Balkon nach Belieben grillieren?
Grundsätzlich dürfen Mieter*innen auf dem Balkon tun und lassen, was sie wollen. Dort darf nach Belieben gegessen, sonnengebadet, geschlafen oder eben auch grilliert werden. Doch Obacht: Auch auf dem Balkon müssen Mieter*innen selbstverständlich auf die Nachbarschaft Rücksicht nehmen. Sie müssen den Grill jederzeit so im Griff haben, dass die Nachbar*innen nicht eingeräuchert werden. Ein Smoker-Grill ist deshalb nicht die optimale Gerätschaft für einen Grillspass auf dem Balkon. Überschreiten die Rauchimmissionen das tolerierbare Mass, kann die Vermieterschaft im Einzelfall einschreiten. Mit einem Gas- oder Elektrogrill lassen sich beissender Rauch und Gestank dagegen auf ein vernünftiges Mass reduzieren. Der Geruch von gebratenem Fleisch oder Gemüse ist kein Problem, denn Kochen gehört schliesslich zum Wohnen. Solche Gerüche müssen von der Nachbarschaft geduldet werden – sie können schliesslich auch aus einem offenen Küchenfenster entweichen.
2. In meiner Hausordnung steht ein generelles Grillverbot – ist das verbindlich?
Grundsätzlich ist eine Hausordnung nur gültig, wenn der Mietvertrag ausdrücklich auf sie verweist. Und selbst dann müssen sich Mieter*innen nicht an jedes kleinliche Verbot halten. Die Vermieterschaft darf nicht nach Lust und Laune Verbote erlassen. Einschränkungen der Balkonnutzung im Mietvertrag oder in der Hausordnung müssen auf einem sachlichen Grund basieren und verhältnismässig sein. Verbote um des Verbots Willen sind dagegen unbeachtlich. Sie verstossen gegen die Persönlichkeitsrechte der Mietenden. Dazu gehört beispielsweise auch ein generelles Grillverbot auf dem Balkon. Deshalb: Nein, ein generelles Grillverbot ist nicht verbindlich.
3. Bis wann darf ich auf meinem Balkon Gäste bewirten?
Sowohl in der Wohnung als auch auf dem Balkon sollte übermässiger Lärm vermieden werden. Als Faustregel gilt: Ab Beginn der Nachtruhe herrscht Tischlautstärke. Die Gesprächslautstärke ist also so weit zu reduzieren, dass man sich nur noch am gleichen Tisch versteht. Lautes Lachen, Singen und Grölen liegt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr drin. Die Nachtruhe gilt im Allgemeinen ab 22 Uhr. Massgebend sind die örtlichen Polizeivorschriften oder die Hausordnung. Mancherorts gilt auch über Mittag eine Ruhezeit. Dann ist die Lautstärke ähnlich herunterzuschrauben wie nachts. Auch ausserhalb der Ruhezeiten ist der Geräuschpegel auf ein vernünftiges Mass zu beschränken. Wer auf dem Balkon den Lautstärkeregler voll aufdreht oder gar eine Fanfare bläst, überschreitet das Zulässige zu jeder Tageszeit.
4. Darf ich auf der Gemeinschaftsterrasse eine Party schmeissen?
Sofern diese Terrasse allen Mieter*innen einer Liegenschaft zur Verfügung steht, kann dort ein Fest stattfinden und es darf sogar grilliert werden. Im Gegensatz zum Balkon kann die Vermieterschaft dies aber im Mietvertrag oder in der Hausordnung verbieten. Denn die Terrasse gehört zu den gemeinschaftlichen Bereichen der Liegenschaft, die nicht einer bestimmten Mieterschaft zur ausschliesslichen Nutzung zur Verfügung steht. Wie solche Areale genutzt werden, kann die Liegenschaftsverwaltung selber festlegen. Es gibt kein generelles Recht, dort Partys zu veranstalten. Erlaubt dies die Vermieterschaft, müssen sich Mieter*innen dabei selbstverständlich mit den Nachbar*innen absprechen.
5. Darf ich auf dem Balkon rauchen?
Mieter*innen, die sich auf dem Balkon einen Glimmstängel oder eine E-Zigi gönnen, müssen darauf achten, dass der Tabakrauch respektive der Dampf nicht durch ein offenes oder schräg gestelltes Fenster direkt in die Schlafzimmer der oberen Wohnungen dringt. Solche Geruchsimmissionen müssen Nachbar*innen nicht tolerieren.
6. Darf ich auf dem Balkon ein Planschbecken aufstellen?
Mieter*innen, die ein Planschbecken auf dem eigenen Balkon der Badi vorziehen, sollten einen Blick in den Mietvertrag beziehungsweise die Hausordnung werfen. Und dies im Idealfall noch bevor sie sich mit dem Aufblasen voll verausgabt haben. Ist das Aufstellen eines Planschbeckens weder im Mietvertrag noch in der Hausordnung explizit verboten, dürfte es eigentlich kein Problem sein. Es stellt sich allerdings die Frage, ob der Balkon das Gewicht des Planschbeckens überhaupt tragen kann. Je nach Grösse, Wassertiefe oder Anzahl Badender kann so ein Planschbecken nämlich tatsächlich fast eine Tonne auf die Waage bringen – zu viel für einige Balkone.
7. Darf ich meinen Balkon nach Lust und Laune bepflanzen?
Sofern ein Balkon ausschliesslich zur gemieteten Wohnung gehört und sich Mieter*innen an bestimmte Regeln halten, dürfen sie diesen bepflanzen. Wie bei den Planschbecken ist die statische Tragfähigkeit ein wichtiger Punkt, der zu beachten ist. Nicht erlaubt sind schwere Pflanzentröge, die den Balkon zum Einsturz bringen könnten. Da die Belastungsgrenze für Mieter*innen schwer abzuschätzen ist, empfiehlt sich vor grösseren Anpflanzungen vorgängig ein Gespräch mit der Vermieterschaft. Zudem darf die Bepflanzung nicht über den Balkonbereich hinauswachsen. Mieter*innen dürfen also keine Triebe über die Fassade hinweg klettern oder vor die Fenster anderer Wohnungen hängen lassen. Einige Vermieter*innen erlauben Blumenkistchen nur auf der Innenseite des Balkongeländers. Das mag zwar bünzlig erscheinen, rechtlich lässt sich dagegen aber nicht viel einwenden. Dass in die Höhe wachsende Pflanzen die Balkonbrüstung etwas überragen, muss, solange sie niemandem die Sicht rauben, jedoch zulässig sein. Das zu verbieten, wäre unverhältnismässig.
8. Ich möchte mit Leuten aus der Nachbarschaft im Hinterhof einen Gemeinschaftsgarten betreiben. Ist das erlaubt?
Auf gemeinschaftlich genutzten Flächen wie Flachdächern, Wiesen oder Hinterhöfen sollte «Urban Gardening», wie das Gemeinschaftsgärtnern im städtischen Umfeld heisst, nur mit der Zustimmung der Vermieterschaft betrieben werden. Diese fährt besser, wenn sie die Erlaubnis nur dann erteilt, wenn eine deutliche Mehrheit der Hausbewohnenden hinter dieser Idee steht. Urban Gardening funktioniert nur, wenn es sich auf eine breiten Zustimmung der Mietparteien abstützen kann. Dies ist auch Sinn und Zweck dieser Gemeinschaftsidee. Es geht eben gerade nicht darum, dass jede*r für sich im eigenen Gärtchen Kartoffeln, Tomaten oder Hanf zieht. Gleichgesinnte Mieter*innen, denen es im grünen Daumen zuckt, deren Vermieterschaft aber nichts von Urban Gardening wissen will, wenden sich am besten an die Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Viele Gemeinden stehen solchen Projekten positiv gegenüber und stellen dafür allenfalls eine Fläche auf öffentlichem Grund zur Verfügung.
9. Mein Nachbar hält sich an keine Regeln. Was kann ich dagegen tun?
Wer versucht, die «Lämpen» mit den Nachbar*innen wegen irgendeiner Art von Störungen auf dem Rechtsweg zu lösen, landet nicht selten in der Sackgasse. Denn ob eine Störung das zulässige Mass überschreitet, lässt sich kaum objektiv feststellen. Deshalb sind Toleranz und ein gesunder Menschenverstand das A und O. Ein persönliches Gespräch ist in einer solchen Situation oft zielführender. Dabei muss man sich bewusst sein: Zwar haben die Nachbar*innen ein Recht auf Ruhe, doch Fröhlichkeit und Ausgelassenheit sind ebenso erlaubt. Toleranz und gegenseitiger Respekt sind letztlich die Grundpfeiler einer friedlichen Nachbarschaft. Bei «lernresistenten» Nachbar*innen können Sie sich bei der Polizei oder der Vermieterschaft beschweren. Bleibt die Reklamation wirkungslos, kann unter Umständen eine Mietzinsreduktion verlangt werden. Zusätzlich Druck gemacht werden kann durch die Hinterlegung des Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde. Ein solches Vorgehen ist allerdings heikel – es lauern formelle Hürden, und vor Überreaktionen ist zu warnen. Am besten lassen Sie sich vorgängig vom Mieterinnen- und Mieterverband beraten.
Manchmal bin ich es etwas leid, dass ich trotz der Arbeit unseres Verbandes immer so viele schlechte Nachrichten überbringen muss: Das Parlament hat schon wieder das Mietrecht verschlechtert, eine Pensionskasse hat eine Siedlung leergekündigt und die Mieten steigen ungebremst.
Die aktuelle Ausgabe liegt mir deshalb ganz besonders am Herzen. Erfreulicherweise gibt es immer mehr Mieter*innen, die sich zusammentun und sich gegen die Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum wehren. In diesem Heft haben wir gleich zwei solche Geschichten. Sie spielen an zwei komplett unterschiedlichen Schauplätzen: einmal in der Stadt und einmal in den Bergen. Unsere Titelgeschichte handelt von einem Haus im aufstrebenden Zürcher Wohnquartier Sihlfeld, das verkauft werden sollte. Mit viel Engagement konnten die Bewohner*innen bewirken, dass es schliesslich an eine Genossenschaft ging und sie nun bleiben können.
Die andere Geschichte spielt im Bündner Tourismusort Pontresina und ist etwas komplizierter. Es geht um Erst- und Zweitwohnungen respektive darum, dass immer mehr bezahlbare Wohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt werden. Die Fälle von Einheimischen, die keine Bleibe mehr finden und wegziehen müssen, nehmen stetig zu. Eine Gruppe von Mieter*innen aus dem Ort will diese Entwicklung stoppen und sich für ein Pontresina starkmachen, in dem alle Platz haben – Einheimische und «Zweitheimische».
Während die erste Geschichte für die betroffenen Mieter*innen bereits ein gutes Ende genommen hat, sind die Protagonist*innen der zweiten Geschichte noch mittendrin. Eines scheinen aber alle gemeinsam zu haben: Sich zusammen mit anderen zu engagieren, gibt ihnen Energie. Uns allen sollen die Geschichten Mut machen und zeigen, dass wir der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt nicht machtlos gegenüberstehen und es sich lohnen kann, sich zu engagieren.
Angesichts eines drohenden Hausverkaufs zogen Mieter*innen an der Zürcher Idastrasse alle Register, um eine feindliche Übernahme zu verhindern. Eine seltene Erfolgsgeschichte in einem umkämpften Quartier.
Es ist ziemlich ruhig an diesem Nachmittag an der Idastrasse im Zürcher Kreis 3. Die Strasse führt von der viel befahrenen Kalkbreitestrasse direkt zum trendigen Idaplatz, ins Herz von Wiedikon. Es wird gebaut, im Augenwinkel huscht eine Frau mit Kinderwagen durch die nassen Strassen, aus einem Hauseingang trägt ein älterer Herr etwas angestrengt, aber offenbar zufrieden seine Gehhilfe in Richtung Trottoir. Wer die Gertrudstrasse in Richtung Idaplatz überquert, hat links das Restaurant Michelangelo im Blick, rechts führt der Weg Richtung Ämtlerstrasse. Auf dem Idaplatz sind an diesem Dienstagnachmittag kaum Leute, die Stimmung nach dem Regen ist fast schon idyllisch. Doch Ruhe und Idylle trügen: Das Quartier gilt als Epizentrum der Zürcher Gentrifizierung.
Die Aufwertung ist sicht- und spürbar. Vielleicht auch deshalb erblickt man immer wieder kleine Fahnen, die «Wohnraum für alle» fordern, oder Referenzen auf soziale Bewegungen, gegen Frontex, für den feministischen Streik oder die Konzernverantwortungs-Initiative. Inmitten dieser Szenerie hat sich in den vergangenen Monaten kaum bemerkt eine erfolgreiche Geschichte abgespielt. Eine Geschichte, in der für einmal Mieter*innen und eine Genossenschaft – und nicht Immobilienkonzerne oder profitorientierte Investor*innen – auf der Gewinnerseite standen. Es ist die Geschichte von einem geretteten Haus und einer Gruppe unbeugsamer Mieter*innen. Schauplatz ist das Haus an der Idastrasse 50.
Am Anfang stand ein Brief
Das Haus sticht ins Auge. Unten ein kleiner Weinladen. Dann ragt eine schöne Backsteinfassade, auf jedem Geschoss zwei Balkone. Sechs 3-Zimmer-Wohnungen und eine 2-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss beherbergt das Haus. Bezahlbare Wohnungen, die dank einer bewegten Mieterschaft vor dem Ausverkauf gerettet wurden. «Als wir vom bevorstehenden Verkauf erfuhren, entschieden wir uns sofort, dass wir uns gemeinsam und mit allen Mitteln wehren würden», erzählt uns Ursula Egger, Mieterin an der Idastrasse 50. Wir treffen sie im ersten Stock des Hauses. In ihrem Wohnzimmer bietet sie uns einen Kaffee an und beginnt zu erzählen. Ursula Egger wohnt schon lange hier. 2007 zog sie in die Wohnung ein. Eine Katze schlummert in der Ecke, der Hund macht sich bemerkbar. Wir lassen uns im Wohnzimmer nieder, die das Zentrum der Wohnung bildet. Im Schnitt gegen 1500 Franken kosten die Wohnungen im Haus – inklusive Nebenkosten.
Alles begann im Sommer 2022, als die Verwaltung neue Fenster ankündigte. Doch die Fenster kamen nie. Ein Anruf bei der Fensterfirma ergab, dass der Besitzer verstorben war. Es dauerte ein Jahr, bis etwas geschah. In einem Brief kündigte die Privatbank Lienhardt und Partner im Sommer 2023 eine Begehung zwecks Verkaufs an. «Das hat uns empört», sagt Ursula Egger und sieht dabei noch immer verärgert aus. Sie sah ihre eigene Zukunft und die der andern Hausbewohner*innen bedroht, in Zürich findet man nicht so schnell eine neue bezahlbare Wohnung. Bis zur Begehung blieb aber nur wenig Zeit. Die Bewohner*innen beschlossen, sich gemeinsam gegen eine feindliche Übernahme zu wehren. Sie gründeten die IG Idastrasse 50 und rüsteten sich für einen Mietkampf. Sie kontaktierten die Verkaufsabteilung von Lienhardt und Partner und die Erbengemeinschaft des Hauses und platzierten ihren Willen, im Haus zu bleiben. Sie riefen Genossenschaften und vermögende Bekannte an, um sie für einen Hauskauf zu gewinnen. Gleichzeitig vernetzten sie sich mit Initiativen wie dem Mietenplenum und anderen bedrohten Mieter*innen.
Vorbereitet auf Besichtigungen
Das Treppenhaus wurde mit widerständigen Slogans tapeziert, die anständige Käufer*innen und «Kein Rausschmiss» forderten. Wo man hinschaute, hingen Aufrufe für die Grossdemo gegen die Wohnungskrise im November 2023. An den Wohnungstüren hingen selbst gestaltete Plakate: «Wir wollen hier wohnen bleiben», «Für Faire Mieten», «Kein Mietwahnsinn an der Idastrasse 50». Die Botschaft an die Interessent*innen war klar. Ursula Egger schmunzelt, wenn sie sich daran erinnert: «Wir hatten viel Stress, viele Sitzungen, hatten Angst um unsere Situation. Aber die Begehungen, das war ein Vergnügen. Denen wurde schon klar: Profitorientierte Käufer*innen sind hier nicht willkommen.»
Lange Zeit blieb unklar, ob die Bemühungen der Mieter*innen Erfolg haben würden. Alle angefragten Privatpersonen sagten ab. Ebenso die meisten Genossenschaften. Nur die Wogeno und die Stiftung PWG zeigten Interesse. Den Austausch mit diesen beschreibt Ursula Egger als kurz und unkompliziert: «Wir meldeten uns bei ihnen, informierten sie über den drohenden Verkauf. Dann kamen sie für die Begehung vorbei. Mehr Kontakt gab es nicht.»
Doch dann kam der nächste Schock: Der Verkauf sollte im Meistbieterverfahren abgewickelt werden. Damit stieg die Sorge, dass ein Interessent wie der Seefelder Immobilien-Unternehmer Ledermann die Genossenschaften überbieten würde. Die Zeit der Ungewissheit ging in die nächste Runde. «Wir machten denen klar, dass wir willig sind, bis zum Schluss zu kämpfen, durch alle Instanzen zu gehen. Das hielt unsere Hoffnung am Leben», so Egger über die Zeit zwischen der Begehung und dem Verfahren. Es waren bange Monate. Ende Oktober stand das Bietverfahren an, doch es dauerte bis kurz vor Weihnachten, bis die erlösende Nachricht eintraf: ein Brief der Wogeno. Die Genossenschaft hatte sich beim Verkauf durchgesetzt. «Das beste Weihnachtsgeschenk», meint Egger. Man merkt ihr an, dass sie erleichtert ist und der Prozess viele Nerven gekostet hat. Umso grösser ist jetzt die Freude.
Wichtig für Bewohner*innen und Quartier
Ähnlich tönt es bei Reto Mauchle. Mauchle wohnt seit elf Jahren an der Idastrasse 50. Am Anfang stand bei ihm die Hoffnungslosigkeit: «Ich dachte, jetzt ergeht es mir genau so wie vielen anderen, die ich kenne: raus aus der Wohnung und wahrscheinlich auch aus dem Quartier.» Doch dann hätten sie zusammengefunden und sich organisiert: «Dadurch habe ich auch die Menschen besser kennengelernt, die mit mir im Haus wohnen.» Auf die Frage, ob ihr sichtbarer Widerstand der Schlüssel zum Erfolg war, wägt er ab: «Das hat sicher etwas ausgemacht. Es ist wichtig, sich zu organisieren, auch wenn es scheinbar keine Perspektive gibt. Aber es war nur einer von vielen Faktoren, die zu diesem erfreulichen Ergebnis geführt haben.» Dieses sei nicht nur für das Haus, sondern auch für das Quartier wichtig, schiebt er nach. Mauchle kennt viele Beispiele, in denen Mieter*innen am kürzeren Hebel waren und günstiger Wohnraum luxussaniert wurde. Was seit zehn bis zwanzig Jahren im Quartier passiert, sei bedenklich: «Besonders Familien werden vertrieben, insbesondere der Anteil migrantischer Bevölkerung im Quartier hat abgenommen», führt er aus. «Das waren ja in der Umgebung alles mal Arbeiter*innenwohnungen. Deren Anteil nahm stark ab. Statt Quartierläden und Brockis gibt es heute viele eher kleine, schicke Lokale, die teure Dienstleistungen oder Edelprodukte anbieten.» Das merke man schon. Walter Angst vom Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband bestätigt das: «Familien, Niedrigverdiener und Alte verschwinden. An ihrer Stelle kommen reiche Geschäftsleute, aber auch junge Wohngemeinschaften.»
Wogeno: Dem Gründungsmotto treu
Auch die Wogeno ist glücklich: Sie hat direkt neben dem bestehenden Wogeno-Haus an der Idastrasse 48 ein neues Schmuckstück gefunden. «Das stärkt das Quartierleben und das genossenschaftliche Wohnen im Kreis 3», schreibt die Genossenschaft, die ihre Wurzeln in der politischen Bewegung der 80er-Jahre hat. Ihre Gründung war eine Reaktion auf die zunehmend rücksichtslose Immobilienspekulation zu jener Zeit. Getreu ihren Grundsätzen handelte sie vierzig Jahre später nun auch mit dem Hauskauf an der Idastrasse.
Doch die Idastrasse 50 ist ein Ausnahmefall. Die Geschichten von Mieter*innen in der Umgebung, die Ersatzneubauten oder Luxussanierungen weichen mussten, sind zahlreich. Erst kürzlich wurde bekannt, dass beim Lochergut gleich mehrere Häuser abgerissen werden und einem Neubau weichen sollen. Betroffen ist auch die legendäre MeyersBar. An der Zurlindenstrasse, gleich beim Idaplatz, stand ein Haus für 11 Millionen Franken zum Verkauf. Die Mieter*innen dürfen, zumindest vorerst, bleiben, dem Garagisten im Innenhof wurde jedoch nach 20 Jahren gekündigt. In einem Haus direkt am Idaplatz wurde allen Mieter*innen auf Vorrat gekündigt, da laut Vermieter «umfangreiche Renovationen» vorgesehen seien, wie das Onlinemagazin «Tsüri» berichtete. Wie hoch die Mieten nach der Renovation sein werden, ist unklar. Eine ehemalige Bewohnerin des Hauses hat jedoch eine Vorahnung: «Ich vermute, die Wohnungen werden nicht luxuriös, nur die Mieten werden es.» Während der Recherche melden sich weitere Personen. Darunter eine Wohngemeinschaft, die ebenfalls im Quartier um den Idaplatz wohnt. Vor Kurzem erhielt sie die Kündigung – ebenfalls wegen Sanierung. Auch sie wehrte sich, in einigen Wochen steht der Schlichtungstermin an. Gegenüber M+W erzählen die Betroffenen von Nachbarn, die ein ähnliches Schicksal ereilte: «Nach einer kurzen, unnötigen Sanierung wurden deren Wohnungen für über 1000 Franken mehr im Monat vermietet.» Mit dem Gang vor die Schlichtungsbehörde wollen sie verhindern, dass mit ihrer Wohnung dasselbe geschieht, und sich gegen Aufwertung und Verdrängung wehren.
Das Quartier sei hart umkämpft, sagt Walter Angst. Das zeigt sich auch in den Miet- und Verkaufspreisen. Hier werden für den Quadratmeter Boden seit vier Jahren 17 000 bis 25 000 Franken bezahlt. Das ist laut Angst «exorbitant». Die Durchschnittsmiete wiederum liegt bei 1650 Franken und damit leicht unter dem städtischen Durchschnitt. Dabei bestehen beim Bruttomietpreis grosse Unterschiede zwischen gemeinnützigen und nicht-gemeinnützigen Wohnungen: 1088 Franken kostet eine gemeinnützige 3-Zimmer-Wohnung im Kreis 3 im Durchschnitt. Für nicht gemeinnützige Wohnungen liegt der Schnitt bei 1964 Franken, für die teuersten 10 Prozent der Wohnungen werden 3000 Franken bezahlt. Fast ein Drittel der Wohnungen im Quartier – gemäss Zahlen der Stadt 3301 – gehören Privatpersonen. Dort liegt Potenzial und Gefahr zugleich: Gehen diese bei einem Verkauf an gemeinnützige Eigentümer, wird günstiger Wohnraum gesichert oder gar geschaffen. Wenn Private aber vermehrt Profitmaximierung betreiben, sind Kündigungen, Scheinsanierungen oder Verkäufe an Meistbietende die Folge.
Wehrt euch – es lohnt sich!
Darauf angesprochen, was sie anderen Mieter*innen rate, zögert Ursula Egger keine Sekunde: «Leistet Widerstand! Es lohnt sich.» Das bezieht Egger nicht nur auf Aktionen in den eigenen Wänden, sondern sie betont die Wichtigkeit der Vernetzung: «Für uns waren das Mietenplenum und Mieten-Marta bestärkende Anlaufstellen. Dort erhielten wir die Infos, die wir brauchten.» Sie empfehle allen, mit diesen Stellen Kontakt aufzunehmen und in den Mieterinnen- und Mieterverband einzutreten, damit man juristische Deckung habe, wenn es drauf ankomme. Das freut auch Walter Angst – im Wissen darum, dass die Geschichte der Idastrasse 50 eher die Ausnahme ist. «Ich hoffe, es inspiriert weitere Mieter*innen, sich ebenfalls zu wehren, und Genossenschaften, die diese Möglichkeit haben, zum Handeln. Es braucht mehr solche Beispiele.»
Sogar die lokalen Bergbahnen spielen Monopoly auf Kosten bezahlbaren Wohnraums: Sie verkauften ihr Personalhaus, um vom Immobilienboom
zu profitieren. Jetzt entstehen da mehrheitlich Zweitwohnungen.
In Pontresina werden immer mehr bezahlbare Wohnungen in (teure) Ferienwohnungen umfunktioniert. Das führt zu Abwanderung und Fachkräftemangel. Einheimische wehren sich und erleben dabei, wie sie stärker werden. Wir haben sie besucht.
Geschmeidig gleitet die rote Zugkomposition durchs frisch verschneite Engadin, vorbei an unzähligen Langläufer*innen. Beim Bahnhof Pontresina sind grosse Zelte aufgestellt: Ja natürlich, es ist Skimarathon! Im Zentrum der auf 1800 Meter gelegenen Gemeinde reiht sich ein Werbestand an den andern, auf dem zentralen Platz spielt eine Band, es gibt Bratwurst und Brot; der Volkslauf lockt Tausende für ein paar Tage in die bei Tourist*innen beliebte Berggemeinde. «Es wird ein grosser Rummel sein!», hatte Karin Tuena vorab zu Recht gewarnt. Sie lebt mit ihrer Familie in Pontresina, ihr Ehemann ist im Dorf aufgewachsen, jetzt gehen die gemeinsamen Kinder dort zur Schule. Niemand würde an diesem Tag auf die Idee kommen, dass Pontresina Gefahr läuft, in absehbarer Zeit zum sterilen Reichen-Ghetto zu werden. Aber dieses Szenario ist real.
Letzten September veröffentlichte die Gemeinde Pontresina eine Wohnraumanalyse, die sie in Auftrag gegeben hatte. Darin steht: «Die Nachfrage nach Zweitwohnungen steigt, wodurch das Angebot an Erstwohnungen verknappt wird.» Würden bezahlbare Erstwohnungen fehlen respektive «dem Markt ‹entzogen›», fänden «Familien, ältere Personen und Angestellte im Tourismus zunehmend keinen geeigneten Wohnraum mehr, und es kommt vermehrt zum Wegzug dieser Gruppen.» Seit 2017 habe der Anteil der ständigen Wohnbevölkerung im Ort abgenommen. Kein Wunder: Gemäss der Analyse kostet die Monatsmiete einer ausgeschriebenen 5-ZimmerWohnung in Pontresina durchschnittlich 2880 Franken. Für rund drei Viertel der Steuerpflichtigen liegt dieser Preis fast 900 Franken über ihrem maximalen Wohnbudget, so die Studie. Heute beträgt der Anteil Zweitwohnungen 58 Prozent, die Wohnungen der Einheimischen sind also bereits deutlich in der Minderheit.
Steuer für bezahlbaren Wohnraum
Der Gemeindevorstand von Pontresina nimmt das Problem ernst. 2023 gründete man die Stiftung «Fundaziun da Puntraschigna». Sie soll massgeblich mithelfen, bezahlbaren Wohnraum für Einheimische zu erhalten und neuen zu schaffen. Um die Stiftung zu finanzieren, soll eine neue Lenkungsabgabe in Form einer Steuer auf Zweitwohnungen eingeführt werden. Dafür braucht es aber eine Gesetzesänderung.
Am 8. Dezember 2023 lud der Gemeindevorstand deshalb Einheimische und Zweitheimische, wie sie ihnen sagen, zu einer Informationsveranstaltung mit Austausch ein. Auf der Bühne des grossen Saals stand, ganz allein, Gemeindepräsidentin Nora Saratz Cazin am Mikrofon. Unten im Saal sassen in grosser Zahl Zweitwohnungsbesitzende und Einheimische. Erstere waren nicht begeistert von dem, was ihnen hier präsentiert wurde. Eine neue Steuer? Mehr Abgaben?! Es fielen Sätze wie: «Ich finde es unfair» oder «So eine Form von Diskriminierung der Zweitwohnungseigentümer, wie sie heute hier angekündigt wird, habe ich noch nie gesehen.» Die Einheimischen hätten ja vom Boom profitiert. Nur eine Zweitwohnungsbesitzerin traute sich aufzustehen und sich für die geplanten Massnahmen auszusprechen. Sie sagte: «Im Gegensatz zu meinen Vorrednern sehe ich den direkten Zusammenhang zwischen unseren Wohnungen und dem mangelnden Erstwohnungsraum.»
Wer sich nicht zu Wort meldete, waren die anwesenden Einheimischen. Warum nicht? Und wie erleben sie die Veränderungen in der Gemeinde? Exakt drei Monate nach der Veranstaltung kommen mehrere von ihnen ins Café «Bun Di» im südlichen Teil des Dorfes, um zu erzählen.
Karin Tuena ist als Erste da, es sind noch Chalandamarz-Ferien und sie kommt mit ihren beiden Kindern ins Lokal, die sogleich erzählen, wie viele sie am Umzug waren: «Sicher hundert, wenn alle aus dem Schulhaus dabei waren», sagt das Mädchen. Die Tradition lebt also noch. Auch die Ganzjahres-Strukturen funktionierten, sagt Karin Tuena und zählt auf, was es in Pontresina alles hat: «Die grosse Schule, eine Seniorengruppe, die Bibliothek, das Hallenbad, Spielgruppen und ein Mutter-Kind-Turnen, zu dem wirklich viele kommen, auch eine grosse Kita hat es, einen heilpädagogischen Dienst, Physio, Sportvereine, Zahnarzt, Massage, kirchliche Angebote, ein Museum, einen Chor, ein Kino.» Nur die Musikgesellschaft habe sich kürzlich aufgelöst.
Karin Tuena stammt aus Bern. Sie ist wegen der Arbeit in die Region gekommen und wegen der Liebe geblieben, ihr Mann ist in Pontresina aufgewachsen und arbeitet für die Gemeinde. Die Kinder sind im Kindergarten und in der ersten Klasse. «Wir sind hier mega glücklich», sagt sie. «Aber die Gemeinde verändert sich. Mehrere Familien mit Kindern im Schulalter mussten bereits wegziehen, weil ihnen gekündigt wurde und sie nichts anderes zum Wohnen fanden.» Auch Karin Tuena wohnt mit ihrer Familie in einer Mietwohnung.
Zweitwohnungsgesetz verteuert Häuser
Die Veränderungen hätten unter anderem mit dem Zweitwohnungsgesetz zu tun, erklärt Karin Tuena. Dieses sollte im Sinne der Volksinitiative in Gemeinden mit hohem Zweitwohnungsanteil für warme Betten sorgen. Aber es kam anders, wie sich jetzt zeigt, denn das Gesetz wurde vom rechtsbürgerlichen Parlament in Bundesbern, in dem die Immobilienlobby mächtig ist, so ausgestaltet, dass sogenannt altrechtliche (schon vor Annahme der Zweitwohnungsinitiative 2012 bestehende) Wohnungen und Häuser problemlos zu Zweitwohnungen umgenutzt werden können. Und keine fünf Tage ist es beim Treffen in Pontresina her, dass der Ständerat dem Nationalrat gefolgt ist und einer weiteren Lockerung des Zweitwohnungsgesetzes zugestimmt hat – mit der Folge, dass es noch einfacher wird, aus altrechtlichen Wohnungen Zweitwohnungen zu machen.
In Pontresina bekommen die Einheimischen mit, wenn ältere Häuser verkauft werden – denn jedes zum Verkauf stehende Wohnhaus ist eine potenzielle Chance, zu Wohnsicherheit zu kommen. Aber die Marktpreise sind zu hoch für die einheimische Bevölkerung. Gerade sind unweit des Café «Bun Di» Wohnungen ausgeschrieben, man wirbt mit dem Slogan «Wohnen wo andere Urlaub machen … und umgekehrt». Wie teuer sie sind, will der ortsansässige Immobilienmakler Leandro Costa nicht verraten. Karin Tuena weiss aber: «Das können sich Normalverdienende nicht leisten.» Klar, sagt sie, man sei hier im Engadin, «aber es muss doch einen gemeinsamen Weg geben, damit nicht nur die Mehrbesseren hier wohnen können. Die Gemeinde, auch die Unternehmen und Hotels sind auf Angestellte angewiesen.» Viele pendelten aus Italien zur Arbeit und zurück, sagt sie, «das ist kein guter Zustand. Sie haben keine Chance, hier sesshaft zu werden. Dabei würde es unserer Gemeinde und der Schule guttun, wenn diejenigen, die hier arbeiten, auch hier wohnen könnten.» Etwas später wird das Wirtepaar des «Bun Di», Karin und Hansueli Wagner, bestätigen: «Es ist schwierig, Mitarbeitende zu finden, weil es keine bezahlbaren Wohnungen gibt. Viele hier denken, die Grenzgänger aus Tirano oder vom Comersee seien die ideale Lösung, auch weil sie billige Arbeitskräfte sind – aber die machen das nicht länger als ein paar Jahre. Und wenn es stark schneit, schaffen sie es nicht bis zur Arbeit. Auch wir haben jetzt eine Mitarbeiterin, die Tag für Tag im eigenen Auto von Chiavenna nach Pontresina pendelt, 60 Kilometer durchs Oberengadin und das Bergell, mindestens 90 Minuten pro Fahrt. Sie würde lieber hier wohnen.»
«Bezahlbar sind nur die Tiefgaragen-Plätze»
Dino Wespi und Bettina Rohr betreten das Lokal und setzen sich zu Karin Tuena an den Tisch. Rohr hatte während der Pandemie ihren Studi-Job verloren. Sie kam mit ihrem Camper nach Pontresina, installierte sich auf dem MorteratschCampingplatz und fand schon nach kurzer Zeit eine Stelle bei Pontresina Tourismus. Gerne würde sie in eine Wohnung umziehen – aber es gibt keine. So bleibt sie vorerst «dort hinten», wie sie es nennt, auf dem Campingplatz am Fuss des Morteratsch-Gletschers.
Dino Wespi und seine Frau kamen vor zehn Jahren nach Pontresina und blieben. «Damals konnten wir noch zwischen mehreren Wohnungen aussuchen und entschieden uns für eine 3,5-ZimmerWohnung», erzählt er. Inzwischen haben auch sie zwei Kinder und suchen schon länger vergeblich nach einer grösseren. Er arbeitet im Rettungsdienst, seine Frau in der Kinderspitex und als Schulassistentin. Die Suche war bisher aussichtslos und sie wissen nicht, wie lange sie ihre Wohnung – sie gehört Privaten, die nicht in Pontresina leben – noch halten können. Dino Wespi: «Mehrere Paare mit Kindern, die denselben Jahrgang haben wie unsere Tochter, haben das Tal bereits verlassen. Neue werden keine kommen, denn auf den Immobilienportalen sind einzig die ausgeschriebenen Tiefgaragen-Plätze bezahlbar. Wir fragen uns zunehmend, ob das noch der richtige Ort für uns ist.»
«Mehrere Familien mit Kindern im Schulalter mussten bereits wegziehen», sagt Karin Tuena (links), flankiert von Dino Wespi und Bettina Rohr, die selber auf dem Campingplatz lebt.
Wegzüge wegen Wohnungsnot
Diese Frage stellt sich für Nadine Godenzi-Koch noch nicht. Sie kommt als Letzte ins Lokal – aber sie war die Erste, die nach der Informationsveranstaltung zur Zweitwohnungs-Besteuerung realisierte: «Wir Einheimischen und von der Wohnungsnot Betroffenen müssen jetzt aktiv werden! Wir müssen uns für unser lebendiges Pontresina einsetzen!» Sie ist hier aufgewachsen, «in der fünften Generation», und zusammen mit ihrem ebenfalls einheimischen Mann kam sie als Mutter wieder zurück: «Ich hatte eine wunderschöne Kindheit hier. Für uns war klar, dass wir das unserem Sohn auch ermöglichen wollen. Vor drei Jahren entschieden wir, nach Pontresina zurückzukehren. Doch wir merkten schnell: Es ist nicht selbstverständlich, heimkehren zu können. Mit Glück wurden wir fündig. Aber beim Haus, in dem wir eingemietet sind, dürfen in zwei Jahren die Erst- in Zweitwohnungen umgeschrieben werden, das ermöglicht ein kommunales Gesetz. Deshalb sitzen wir schon länger auf Nadeln. Mir war aber nicht bewusst, dass die Situation für praktisch alle Mietenden in Pontresina so schwierig ist. Das verstehe ich erst seit dem Informationsabend, an dem die Gemeindepräsidentin berichtete, was sie am Schalter erleben: Dort würden beim Abmelden viele als Grund für den Wegzug sinngemäss ‹Wohnung gekündigt und keine andere gefunden› angeben.»
Im Vorfeld der Veranstaltung hatte Nadine Godenzi-Koch gedacht: «Spannend!» Der Abend sei dann aber schlimm gewesen.
Im Café «Bun Di» werden Nebentische frei und gleich wieder besetzt. Die Gäste sind mehrheitlich Tourist*innen, sie essen zu Mittag, trinken Wein oder Kaffee, lesen Zeitung, unterhalten sich, lösen Kreuzworträtsel, bezahlen und machen anderen Konsumierenden Platz. Bevor auch Bettina Rohr wieder gehen muss, sagte sie: «Die Leute, die hier eine Zweitwohnung besitzen, haben ja alle ein Zuhause anderswo. Aber diejenigen, die fest hier leben und ihre Wohnung verlieren, haben nachher nichts mehr.»
Nadine Godenzi-Koch: «Wir brauchen den Tourismus, aber er braucht auch uns. Alles ist voneinander abhängig.»
Aufstehen und sich zeigen
Dann erzählt Nadine Godenzi-Koch von jenem Abend im Dezember: «Dort hatte ich den Eindruck, dass vielen der Zweitwohnungsbesitzer*innen egal ist, ob wir hier bleiben können oder nicht. Wir, die ja auch für sie arbeiten – im Tourismus, auf der Gemeinde, im Spital. Und ob es die Schule im Dorf weiterhin gibt. Das traf mich sehr.» Nadine Godenzi-Koch reagierte an der Versammlung nicht darauf – sie hörte zu und blieb stumm. Im Café sagt sie: «Ich war überrumpelt und die anderen offenbar auch. Niemand von uns Einheimischen hat sich getraut aufzustehen und etwas zu sagen. Man spürte in diesem Saal: Geld regiert die Welt und die Mächtigen wissen, wie reden.» In den darauffolgenden Nächten schlief sie schlecht. «Ich war traurig und wütend und enttäuscht von mir selber. Und ich wusste, dass es anderen ähnlich ging. Erst mit der Zeit begriff ich, was passiert war – und dass ich das nicht so stehen lassen kann. So schlug ich vor, dass wir uns treffen.» Ihr war auf einmal klar: Dass Pontresina ein lebendiges Dorf bleibt, ist nicht selbstverständlich. Und sie verstand, dass sie, die Einheimischen, aufstehen und sich zeigen mussten.
Kurz darauf gründete sie zusammen mit Karin Tuena, Dino Wespi und weiteren die Gruppe «PontreVIVA». Nadine Godenzi-Koch sagt: «Wir haben als gemeinsames Ziel, dass Pontresina lebendig bleibt. Und wir wollen den anderen Einheimischen die Angst nehmen, über die Situation zu sprechen. Hier oben ist es schon so: Die Leute fürchten sich – Gewerbetreibende etwa –, dass sie Aufträge verlieren könnten. Wir wollen eine offene Kommunikation ermöglichen.» Immer mehr Einheimische stiessen dazu – unter ihnen ein Lehrer, der HallenbadBetriebsleiter, eine Kinderbetreuerin, ein Chorleiter, auch der Geschäftsführer von Pontresina Tourismus. Sie vertieften sich in Gesetze, feilten an Worten, standen für ein Fotoshooting hin und nahmen bald Anrufe von Journalist*innen aus der ganzen Schweiz entgegen. Dino Wespi sagt: «Wir sind jetzt ein Zusammenschluss von vielen, die eine gemeinsame grosse Sorge haben – und eine starke gemeinsame Stimme.»
Traumhafte Profite
Auch die «Zweitheimischen», die gegen die Einführung einer Zweitwohnungssteuer sind, mobilisieren und vereinigen sich, etwa mit einer Website namens «zwei-klassen.ch». An der Dialogveranstaltung sagten sie, die Einheimischen hätten ja schliesslich vom Zweitwohnungsboom profitiert, profitierten immer noch. Das stimme, sagt Nadine Godenzi-Koch, «aber es ist auch so, dass Einheimische ebenfalls Abgaben auf Zweitwohnungen werden bezahlen müssen, wenn der Vorschlag durchkommt. Das wird oft falsch dargestellt.»
Mit dem Verkauf von Immobilien lässt sich in Orten wie Pontresina ein traumhafter Profit erzielen – das gipfelte jüngst im Verkauf des Personalhauses der Bergbahnen Engadin St. Moritz Mountains. Die Gemeinde Pontresina gehört zu den Aktionärinnen. Man habe «die seltene Gelegenheit gehabt, auch einmal von diesem gigantischen Immobilienboom zu profitieren», sagte der Chef der Bergbahnen Markus Meili gegenüber der ZEIT. Nadine Godenzi-Koch zeigt mit dem Finger zum Fenster – das Haus ist nur Schritte vom Café «Bun Di» entfernt. Wo bis anhin Angestellte wohnten, sind zehn Ferienwohnungen und lediglich zwei Erstwohnungen geplant, «ZeitlosAlpin-Chic» steht auf einer Werbetafel, «im absoluten High-End Segment», heisst es auf der Webseite.
«Wir müssen alle Platz haben hier»
Die Familie von Nadine Godenzi-Koch besitzt auch Immobilien. Aber welchen Wert haben diese noch, wenn das Dorf als Wohnort ausstirbt, weil es nicht genug bezahlbaren Wohnraum hat? Und wer macht dann noch die Arbeit hier? Sollen noch mehr Menschen über die Grenze pendeln müssen? Indem sie sich mit diesen Fragen beschäftigt habe, sei ihr klar geworden, wie sehr ihr Pontresina am Herzen liegt, sagt die Initiantin von PontreVIVA, die in einer Klinik in der Region arbeitet. «Wir müssen alle Platz haben hier. Wir brauchen den Tourismus, aber er braucht auch uns. Alles ist voneinander abhängig. Fehlen bezahlbare Wohnungen, verlassen Familien den Ort, Schulklassen werden schliessen und Traditionen wie der Chalandamarz werden verschwinden.»
Die Gruppe wird jetzt zum Verein. Und die Gemeinde lässt die über 700 Antwortbögen auswerten, die eingegangen sind, nachdem sie zur Mitwirkung aufgerufen hatte: Ideen, die die Lenkungsabgabe ergänzen, sind gefragt. In der paritätisch zusammengesetzten Arbeitsgruppe wird auch Nadine Godenzi-Koch Einsitz haben. Nach Nächten, in denen ihr die Trauer und die Wut den Schlaf raubten, fühlt sie sich inzwischen sicherer: «Jetzt sind wir eine Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel. Und ich habe wieder Hoffnung, dass Pontresina ein Zuhause für alle bleibt.»
Im Frühling packt viele Mieter*innen das Baufieber. Es werden Geschirrspüler eingebaut, Wände bunt gestrichen und Böden verlegt. Allzu forsch sollte man dabei aber nicht vorgehen.
Hanspeter Huber betrachtet sein Schlafzimmer mit den weiss gestrichenen Wänden. Mit ein paar Farbakzenten liesse sich der Raum ziemlich aufpeppen. Und ein eigener Wäscheturm im Badezimmer wäre ganz praktisch, wenn auch teuer. Er müsste die nötigen Anschlüsse durch eine Fachperson erstellen lassen. Dafür hätte er ein für alle Mal Ruhe vor dem Knatsch mit den Nachbarn in der Gemeinschaftswaschküche. Dafür greift er gerne tiefer ins Portemonnaie. Doch aufgepasst: Ein Anrecht auf Renovierung gibt es in der Mietwohnung nicht. Mieter*innen übernehmen die Wohnung «wie gesehen». Wenn die Wohnung beim Abschluss des Mietvertrags nicht mit einer eigenen Waschmaschine ausgestattet ist, darf man nicht einfach auf eigene Faust eine einbauen. Selbst dann nicht, wenn man die Kosten übernimmt.
Nur mit Zustimmung
Laut Gesetz sind bauliche Veränderungen durch Mieter*innen ohne schriftliche Zustimmung der Vermieterschaft nicht erlaubt. Sich über diese Vorschrift hinwegzusetzen, kann ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. Die Vermieterin könnte Huber kündigen, wenn er ungefragt selber Hand anlegt, unter Umständen sogar fristlos. Allerdings nur dann, wenn die Bauarbeiten dem Mietobjekt einen ernsthaften Schaden zufügen. Dies wäre etwa der Fall, wenn Huber tragende Wände herausreissen würde oder wenn durch eine Fehlinstallation der Waschmaschine ein massiver Wasserschaden drohte. Ansonsten kann die Vermieterin von Huber verlangen, dass er die bauliche Veränderung am Ende des Mietverhältnisses rückgängig macht, sprich den Wäscheturm samt Anschlüssen wieder entfernt.
Selbstverständlich braucht es aber nicht für jede minimale Veränderung das Einverständnis der Vermieterschaft. Huber hat als Mieter das Recht, das Mietobjekt zu gebrauchen. Kleinere Änderungen sind zulässig, solange sie keine Schäden an der Wohnung verursachen und leicht wieder rückgängig gemacht werden können. Dazu gehören einzelne Dübellöcher oder dass etwa ein Tablar an die Wand geschraubt werden darf. Um spätere Streitigkeiten zu verhindern, ist es jedoch ratsam, im Zweifelsfall trotzdem die Einwilligung des Vermieters einzuholen.
Mehrwertentschädigung verlangen
Doch wie sieht es aus, wenn die Vermieterin Huber kurz nach der Renovation kündigt? Muss er dann ausziehen und die hohe Investition war für die Katz? Dieses Risiko besteht tatsächlich. Um sich dagegen abzusichern, sollte Huber darum die schriftliche Zustimmung seiner Vermieterin einholen, bevor er mit den Arbeiten beginnt. Gemäss Artikel 260a des Obligationenrechts (OR) kann Huber dann eine Entschädigung für den hinterlassenen Mehrwert verlangen. Ob er oder die Vermieterin die Kündigung ausgesprochen hat, ist irrelevant.
Am besten setzt Huber mit der Vermieterin eine schriftliche Vereinbarung auf, die seine Investition und seinen Entschädigungsanspruch genau beziffert. In der Regel wird dabei die Altersentwertung berücksichtigt. Ein Beispiel: Huber kauft eine Waschmaschine und lässt diese im Badezimmer installieren. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 1800 Franken. Gemäss der paritätischen Lebensdauertabelle ist bei einer Waschmaschine von einer 15-jährigen Lebensdauer auszugehen. Würde Huber nach 10 Jahren ausziehen, müsste ihm die Vermieterin also noch eine Mehrwertentschädigung von 600 Franken bezahlen.
Anspruch auf eine Mehrwertentschädigung beim Auszug hat Huber allerdings auch, wenn in der schriftlichen Zustimmung der Vermieterin keine Zahlen festgehalten sind. Unter Umständen ist es dann allerdings schwierig, diese zu bestimmen. Kommt keine Einigung zustande, kann Huber an die Schlichtungsbehörde und unter Umständen ans Gericht gelangen. Auch in diesem Fall ist die Altersentwertung gemäss paritätischer Lebensdauertabelle zu berücksichtigen. Je länger Huber in der Wohnung verbleibt, desto weniger Mehrwertentschädigung erhält er folglich.
Mündlich ist gut, schriftlich ist besser
Immer wieder nehmen Mieter*innen bauliche Veränderungen an ihrer Wohnung vor, denen die Vermieterschaft nur mündlich zugestimmt hat. Gemäss Gesetz genügt das nicht. Denn in Artikel 260a OR ist eindeutig von einer «schriftlichen» Zustimmung die Rede. Strikt nach dem Gesetzeswortlaut ist eine mündliche Zustimmung nur «heisse Luft». Will die Vermieterschaft also nichts von einer mündlichen Abmachung wissen, muss die Mieterschaft die betreffende Veränderung am Ende des Mietverhältnisses rückgängig machen und kann keine Mehrwertentschädigung verlangen. Im Einzelfall kann das stossend sein. Daher kennt die Rechtsordnung den sogenannten Notbehelf des Rechtsmissbrauchs. In Artikel 2 des Zivilgesetzbuchs steht: «Der offenbare Missbrauch eines Rechts findet keinen Rechtsschutz». Darauf könnte sich Huber unter Umständen berufen, wenn er die Waschmaschine gestützt auf eine mündliche Zustimmung der Vermieterin einbauen liess. Darauf verlassen sollte er sich allerdings nicht, denn ein Rechtsmissbrauch liegt nur in seltenen Fällen vor.
Einzelne Vermieter*innen erteilen zwar die schriftliche Zustimmung zu einer baulichen Veränderung, halten aber fest, beim Auszug habe die Mieterschaft diese dennoch rückgängig zu machen. Das ist laut Gesetz möglich, wenn die Mieterschaft der Rückbaupflicht ausdrücklich zugestimmt hat. Hubers Vermieterin könnte also nicht unbedingt auf den Rückbau bestehen, wenn sie eine schriftliche Zustimmung einfach mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen hat. Sondern nur dann, wenn sie Huber diesen hat unterschreiben lassen oder anderswie nachweisen kann, dass dieser damit einverstanden war.
Altersentwertung berücksichtigen
Trotz Charmeoffensive will die Vermieterin nichts von Hubers Waschturm-Fantasien wissen. Immerhin hat sie Verständnis für das Schlafzimmer in Babyblau – sofern am Ende der Mietdauer alles wieder in biederem Weiss gestrichen ist. Ist Huber verpflichtet, diesen Farbanstrich zu bezahlen? Grundsätzlich ja, dabei ist aber die Altersentwertung zu berücksichtigen. Gemäss paritätischer Lebensdauertabelle geht man bei Dispersionsfarbe von einer Lebensdauer von acht Jahren aus. Ist der letzte Anstrich durch die Vermieterin beim Auszug acht oder mehr Jahre her, schuldet ihr Huber im Prinzip nichts mehr. Wegen der veränderten Farben entsteht bei den Malerarbeiten aber häufig ein Zusatzaufwand, etwa weil ein zweiter Anstrich nötig ist. Für diesen Zusatzaufwand muss Huber unabhängig von der Altersentwertung aufkommen. Doch für ein Schlafgemach in Babyblau geht Huber dieses Risiko gerne ein.
Um Verwirrung zu stiften, nutzt die wirkungsmächtige Lobby des Immobilienkapitals gezielt falsche Begriffe. Das hat besonders dann drastische Folgen, wenn Parlamentsmitglieder oder Medienschaffende die Begriffe übernehmen.
Ich habs aufgegeben. Von unserem Parlament ist in Sachen «gute Rahmenbedingungen für die Mieterinnen und Mieter» nichts zu erwarten – rein gar nichts. Präziser: von Mitte-rechts in unserem Bundesparlament. Ganz im Gegenteil, sie tun alles, um noch mehr Geld aus den Mietenden zu pressen und deren Bedingungen laufend zu verschlechtern. Als ob die Mietenden die Milchkühe der Nation wären und sie allein den Rendite-Interessen des Immobilienkapitals zu dienen hätten.
Es ist wirklich beelendend. Sie tun es immer und immer wieder. Zuerst haben sie das globale Immobilienkapital ins Land gelassen durch die mehrfache Aufweichung der Lex Koller unter dem Titel «Belebung des Kapitalmarktes». So strömte immer mehr Geld in die Schweiz, das in Immobilien angelegt sein wollte, via Immobilienfonds und börsenkotierte Immobiliengesellschaften (die gibt es erst seit dem Jahr 2000). Da immer mehr Kapital um den ewig gleich knappen Boden buhlt, werden der Boden und somit auch die Mieten verteuert.
Klammheimlich «Marktmiete» eingeführt
Indem sie jede Verbesserung, zum Beispiel durch eine Mietpreiskontrolle, verhinderten, führten sie faktisch eine «Marktmiete» ein. Dies obwohl unser Gesetz eine «Marktmiete» ausdrücklich verbietet und eine Kostenmiete mit einer beschränkten Rendite vorschreibt: Die Mieten haben sich entlang der Kosten zu bewegen und sind deshalb an den Hypothekarzins gebunden.
Und wie geht das mit der «Marktmiete»? Indem bei jedem Wohnungswechsel – und das sind immerhin 10 Prozent aller Mietverhältnisse pro Jahr – einfach aufgeschlagen wird, je nach Region 500 bis 1000 Franken. Ohne die geringste Leistung. Das führte dazu, dass in den letzten Jahrzehnten die Mieten nur eine Richtung kannten: nach oben. Obwohl sie wegen historisch tiefer Zinsen hätten sinken sollen. 10 Milliarden werden so den Mietenden zu viel aus der Tasche gezogen. Das sind 370 Franken pro Haushalt und Monat! Die Wohneigentümer*innen konnten im gleichen Zeitraum ihre Wohnkosten halbieren.
Mieten steigen nicht erst jetzt!
Und jetzt, wo seit 2021 die Zinsen steigen, schreien Mitte-rechts und die Medien «Jetzt steigen die Mieten!» oder «… in dieser angespannten Lage». – Nein, nicht «Jetzt»! Sie steigen schon lange, weil das Mietrecht – sprich: die Kostenmiete mit Renditedeckel – nicht eingehalten wird. Und Bundesbern alles dafür tut, dass das auch so bleibt. Etwa indem es sich weigert, eine bundesweite Formularpflicht einzuführen, dank der alle Mietenden den Vormietzins kennen würden und so überhaupt erst eine Grundlage hätten, den Anfangsmietzins anzufechten. Damit nicht genug: Mitte-rechts beschliesst am Laufmeter vermeintlich kleine Gesetzesänderungen, die Kündigungen vereinfachen. Eigentümer*innen sollen einfacher Eigenbedarf geltend machen können, die Untermiete soll erschwert werden. Beides hat zum Ziel, dass die Mieten illegal erhöht werden können. Der Mieterinnenund Mieterverband musste vor kurzem gleich zwei Referenden dagegen ergreifen. Gleichzeitig wurden seine Vorstösse – zur Durchsetzung des Mietrechts, um die gigantische Umverteilung zu stoppen oder für mehr gemeinnützigen Wohnungsbau – konsequent abgelehnt.
Der Patient ist chronisch krank
Und nun schreien alle «Wohnungsknappheit» und «Wohnungsnot», als würde es sich um einen Akutpatienten handeln und nicht um einen chronisch Kranken (mehr dazu auf: mietenundwohnen.ch/wohnungsnot-systemkrise). Weil seit 2021 weniger gebaut wird, macht man einen runden Tisch zur «Wohnungsnot» und schreit, die «Baugesetze» seien schuld und die Raumplanung. Was für ein Quatsch. Die kantonalen Baugesetze haben sich seit Jahren nicht geändert und die Bau- und Zonenordnungen lassen immer mehr Dichte zu. Das Einzige, was sich seit 2021 geändert hat, ist der Hypothekarzins. Nur deswegen wird weniger gebaut. Weil sich die Kapitalkosten erhöht haben, sind andere Anlageklassen wie Aktien oder Obligationen lukrativer als der Wohnungsbau. «Wohnungsknappheit» ist ein Kampfbegriff der Immobilienlobby und soll suggerieren, es müsse nur mehr gebaut werden und alles komme gut. Dabei geht es ihnen nur darum, eine Deregulierungswelle auszulösen sowie mehr Kapital auf einer Parzelle parkieren zu können.
Stimmbevölkerung muss korrigieren
In dieser Frühjahrssession hat Mitterechts im Parlament erneut zugeschlagen und die Bedingungen für die Mietenden abermals verschlechtert: Damit «gegen die Wohnungsnot mehr gebaut werden kann», wurde der Lärmschutz gekappt. Sie haben die Grenzwerte hinabgesetzt mit der Argumentation, man müsse die Fenster ja nicht öffnen können, eine Lüftungsanlage reiche. Gleichzeitig wollen sie Tempo 30 an Hauptstrassen verbieten, die effizienteste Lärmschutzmassnahme ausserhalb der Gebäude. Ist doch egal, ob die Mietenden dem Lärm ausgesetzt sind oder ob sie teure Lüftungsanlagen finanzieren müssen und so die Mieten steigen. Der Initiant des Tempo-30-Verbots wohnt übrigens an einer Sackgasse in der Tempo-30-Zone.
Warum tun sie das? Ich weiss es nicht genau. Die Arroganz der Mächtigen? Ignoranz und Unwissenheit? Sicher ist, dass die wirkungsmächtige Lobby des Immobilienkapitals gezielt falsche Begriffe nutzt, um die Köpfe der Leute – auch der Parlamentsmitglieder und der Medienschaffenden – zu verwirren.
Eines weiss ich: Die Stimmbevölkerung muss diese parlamentarischen Missstände korrigieren. Daran führt kein Weg vorbei.
Die Wohnkrise werde in Städten und touristischen Berggebieten zunehmend zu einem sozialen Problem – und mancherorts zu einem wirtschaftlichen, mahnte das Bundesamt für Wohnungswesen an einer Tagung in Luzern.
Es ist das erste Mal, dass die Hochschule Luzern zu einer Tagung zur Wohnkrise einlädt, veranstaltet vom Departement Soziale Arbeit. Über hundert Fachleute aus Sozialarbeit, Wissenschaft und Politik, auch zahlreiche Behördenvertreter*innen folgen der Einladung, die Veranstaltung kommt zur richtigen Zeit. Man will die Problematik von verschiedenen Seiten beleuchten und Beispiele aus der Praxis vorstellen, die zur Linderung der Situation beitragen. Forschende und in der Praxis Tätige stellen Zahlen, systemische Zusammenhänge und Projekte vor. Es gilt an diesem vollgepackten Tag keine Zeit zu verlieren, die Direktorin Dorothee Guggisberg kommt bei ihrer Begrüssung direkt zur Sache: «Gesichert zu wohnen, ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, hohe Wohnkosten und drohende Kündigung erzeugen Druck und Stress, bei den Betroffenen und für die Gesellschaft als Ganzes.» Was kommt da auf die Schweiz zu, auf Städte ebenso wie auf touristische Bergregionen? Die Frage drängt sich an der Tagung immer wieder auf, während zeitgleich die Politik weiter wohn-existenzielle Rechte grosser Teile der Bevölkerung demontiert.
Parlament höhlt Schutz der Mietenden aus
Erst drei Wochen sind vergangen, seit im Bundesparlament auch die kleine Kammer das Zweitwohnungsgesetz zugunsten der Hausbesitzenden ausgehöhlt hat – «was das bedeutet, verstehen die meisten noch gar nicht», wird Manuel Arquint aus dem Wallis später am Tag sagen. Er ist eigentlich gekommen, um eine lokal gegründete Genossenschaft vorzustellen. Auch erst erahnbar sind die Konsequenzen der im Bundesparlament erfolgreichen Vorstösse aus der Immobilienwirschaft: Mietrechtliche Tragwerke zum Schutz der Mieter*innen im ganzen Land sollen zerstört werden. Die ersten beiden Referenden hat der MV bereits eingereicht.
Betroffen: Städte und Tourismusorte
An der Tagung zeigen BWO-Direktor Martin Tschirren und die wissenschaftliche Leiterin im Bundesamt für Wohnungswesen, Marie Glaser, wie besorgniserregend die Situation bereits ist. «Nach einer Zeit der Stabilität ändern sich jetzt gerade ein paar Dinge», setzt Tschirren an. Besonders von der Krise betroffen seien Städte und Tourismusregionen in den Bergen. Man sehe, wie besonders die Menschen mit den tiefsten Einkommen betroffen seien, sagt Marie Glaser: «Sie geben jetzt im Schnitt mehr als einen Drittel fürs Wohnen aus und viele müssen auf Erspartes zurückgreifen, um über die Runden zu kommen.» Dass sich das nicht in der Sozialhilfequote abbildet, habe mit dem Vermögensverzehr zu tun und damit, dass viele wohl aus Scham oder Angst keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Glaser ist auch Stiftungsrätin der Stiftung Domicil, die Wohnungen an benachteiligte Menschen vermittelt – sie weiss deshalb: «Für diese Menschen gibt es schlicht keine Wohnungen mehr.» Und dann weist sie noch darauf hin, dass «die letzten in der Kette die Kinder der Armutsbetroffenen oder -gefährdeten» seien. Mit seinem gerade bekannt gegebenen Forschungsprogramm 2024 bis 2027 will das BWO Antworten auf drängende Fragen finden – etwa dazu, wie «staatliches Handeln dazu führen kann, dass für breite Bevölkerungsschichten mehr bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt und erhalten wird». Vorerst gehe die negative Wohnkostenentwicklung aber noch weiter, sagt Martin Tschirren, «und wenn bezahlbare Wohnungen fehlen, hat das Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung». Auch dass mehr Leute längere Arbeitswege zurücklegen müssen, werde Kostenfolgen haben.
Mehr Bewusstsein ist nötig
In Workshops ermöglicht die Tagung thematische Vertiefungen. In einem geht es um die Situation in den touristischen Bergregionen. Manuel Arquint stellt die Genossenschaft zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum im Inneren Mattertal vor. Zur prekären Situation in Zermatt, Täsch und Randa erzählt er: «Mit der neusten Aushöhlung des Zweitwohnungsgesetzes werden die Bedingungen nicht einfacher. Altrechtlicher Wohnraum ist die perfekte Spekulationsmasse.» Schon jetzt würden in seinem Tal 400 bis 500 Wohnungen für Einheimische und Arbeitende fehlen, «bei uns gibt es Leute, die im Auto schlafen». Von der Tagung, aber insbesondere von der Politik und der Gesellschaft erhofft er sich mehr Bewusstsein für die Not beim Wohnen, die sich an so vielen Orten in der Schweiz weiter verschärft.
Ein Jahr nach dem wuchtigen Ja zur Airbnb-Initiative berät das Luzerner Stadtparlament über deren Umsetzung – oder eben nicht. Was ist passiert?
«Zurück an die vorberatende Kommission» lautete Ende Februar das Resultat der Abstimmung im Grossen Stadtrat zum «Reglement über die Kurzzeitvermietung». Dieses Reglement ist eine direkte Folge der Volksinitiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren», mit welcher der MV Luzern NW OW UR, Casafair, SP und JUSO im März 2023 einen Sieg an der Urne feiern konnten: Zwei Drittel der Stimmbevölkerung hatten sich für die schweizweit schärfsten Regeln für kommerzielle Kurzzeitvermietungen ausgesprochen – ein Vermietungsmaximum von 90 Tagen pro Jahr für ganze Wohnungen. Ziel der Initiative: Das Vermarktungsmodell von Buchungsplattformen unattraktiv machen und Wohnungen wieder dem gewöhnlichen Wohnungsmarkt zuführen.
Die Küche macht den Unterschied
Ein klarer Volksauftrag – warum also will das Stadtparlament nicht darüber debattieren, zumal die Baukommission dem Geschäft einen Monat zuvor noch zugestimmt hat?
Das hat vor allem mit der Frage zu tun, was überhaupt eine Wohnung ist. Oder genauer: was den Unterschied zwischen einer Wohnung und einem Hotelzimmer ausmacht. Für die Stadtregierung ist es die Küche. Denn in einem Hotelzimmer, welches für eine Aufenthaltsdauer von einigen Tagen bis zu wenigen Wochen ausgelegt ist, braucht es keine solche.
Anders, wenn es eine Küche hat. Dann könnten in Luzern angemeldete Personen darin wohnen, sprich Einheimische. Nach diesem Kriterium dürften die vielen Apartments auf Airbnb & Co. noch maximal 90 Tage belegt sein und würden mangels Renditeaussichten zu normalen Mietwohnungen.
Nun gibt es in Luzern jedoch diverse Hotels, die ihr Angebot um Einheiten mit Kochnischen oder ganzen Küchen erweitert haben – sei es durch Umbauten bestehender Zimmer oder über die Umwandlung von Wohnungen in Apartments, etwa in einer Dépendance in der Nähe.
Diese Hotels respektive ihr Verband sind im Zuge des politischen Prozesses aufgewacht und haben begonnen, sich für ihre Geschäfte starkzumachen. Bei den rechten Parteien von GLP bis SVP hat dieses Lobbying sofort Wirkung gezeigt. Unsere Hotels einschränken? Das habe die Stimmbevölkerung bestimmt nicht gewollt, so die Umdeutung des Volksverdikts.
Die gleichen politischen Gräben
Zufrieden mit dem Reglement war die SP. Die Kernforderung der Initiative, das 90-Tage-Maximum, werde erfüllt und könne bei Zustimmung durchs Parlament bereits in einem halben Jahr in Kraft treten. Der gegenteiligen Meinung waren die Grünen. Für sie fehlte es an Sicherheit, dass die bestehenden Airbnb-Häuser tatsächlich zurück auf den Mietwohnungsmarkt fliessen. Zu gross sei die Gefahr, dass findige Eigentümerschaften oder Betreiberfirmen kleine bauliche Anpassungen machen – und schwupps als herkömmlicher Hotelbetrieb gelten würden. So unterschiedlich die Begründungen, so augenfällig sind die politischen Gräben: Bereits die Airbnb-Initiative wurde einzig von SP und Juso unterstützt. Alle anderen Parteien unterstützten einen zahnlosen Gegenvorschlag, der an der Urne Schiffbruch erlitt.
Wann Luzern eine griffige Regulierung von kommerziellen Kurzzeitvermietungen und so mehr Wohnungen auf dem Mietwohnungsmarkt haben wird, ist unklar. Zuerst müssen die Mühlen der Politik weitermahlen. Früher oder später muss der Tourismushotspot seiner Bevölkerung aber eine Lösung unterbreiten, die Airbnb, dieses lukrative Geschäftsmodell auf Kosten der Mietenden, im Sinne der Stimmbevölkerung in die Schranken weist
Text: Mario Stübi
Mario Stübi ist Präsident des MV Luzern NW OW UR und SP-Grossstadtrat