Die Politik tut sich schwer

Ein Jahr nach dem wuchtigen Ja zur Airbnb-Initiative berät das Luzerner Stadtparlament über deren Umsetzung – oder eben nicht. Was ist passiert?

«Zurück an die vorberatende Kommission» lautete Ende Februar das Resultat der Abstimmung im Grossen Stadtrat zum «Reglement über die Kurzzeitvermietung». Dieses Reglement ist eine direkte Folge der Volksinitiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren», mit welcher der MV Luzern NW OW UR, Casafair, SP und JUSO im März 2023 einen Sieg an der Urne feiern konnten: Zwei Drittel der Stimmbevölkerung hatten sich für die schweizweit schärfsten Regeln für kommerzielle Kurzzeitvermietungen ausgesprochen – ein Vermietungsmaximum von 90 Tagen pro Jahr für ganze Wohnungen. Ziel der Initiative: Das Vermarktungsmodell von Buchungsplattformen unattraktiv machen und Wohnungen wieder dem gewöhnlichen Wohnungsmarkt zuführen.

Die Küche macht den Unterschied

Ein klarer Volksauftrag – warum also will das Stadtparlament nicht darüber debattieren, zumal die Baukommission dem Geschäft einen Monat zuvor noch zugestimmt hat?

Das hat vor allem mit der Frage zu tun, was überhaupt eine Wohnung ist. Oder genauer: was den Unterschied zwischen einer Wohnung und einem Hotelzimmer ausmacht. Für die Stadtregierung ist es die Küche. Denn in einem Hotelzimmer, welches für eine Aufenthaltsdauer von einigen Tagen bis zu wenigen Wochen ausgelegt ist, braucht es keine solche.

Anders, wenn es eine Küche hat. Dann könnten in Luzern angemeldete Personen darin wohnen, sprich Einheimische. Nach diesem Kriterium dürften die vielen Apartments auf Airbnb & Co. noch maximal 90 Tage belegt sein und würden mangels Renditeaussichten zu normalen Mietwohnungen.

Nun gibt es in Luzern jedoch diverse Hotels, die ihr Angebot um Einheiten mit Kochnischen oder ganzen Küchen erweitert haben – sei es durch Umbauten bestehender Zimmer oder über die Umwandlung von Wohnungen in Apartments, etwa in einer Dépendance in der Nähe.

Diese Hotels respektive ihr Verband sind im Zuge des politischen Prozesses aufgewacht und haben begonnen, sich für ihre Geschäfte starkzumachen. Bei den rechten Parteien von GLP bis SVP hat dieses Lobbying sofort Wirkung gezeigt. Unsere Hotels einschränken? Das habe die Stimmbevölkerung bestimmt nicht gewollt, so die Umdeutung des Volks­verdikts.

Die gleichen politischen Gräben

Zufrieden mit dem Reglement war die SP. Die Kernforderung der Initiative, das 90-Tage-Maximum, werde erfüllt und könne bei Zustimmung durchs Parlament bereits in einem halben Jahr in Kraft treten. Der gegenteiligen Meinung waren die Grünen. Für sie fehlte es an Sicherheit, dass die bestehenden Airbnb-Häuser tatsächlich zurück auf den Mietwohnungsmarkt fliessen. Zu gross sei die Gefahr, dass findige Eigentümerschaften oder Betreiberfirmen kleine bauliche Anpassungen machen – und schwupps als herkömmlicher Hotelbetrieb gelten würden. So unterschiedlich die Begründungen, so augenfällig sind die politischen Gräben: Bereits die Airbnb-Initiative wurde einzig von SP und Juso unterstützt. Alle anderen Parteien unterstützten einen zahnlosen Gegenvorschlag, der an der Urne Schiffbruch erlitt.

Wann Luzern eine griffige Regulierung von kommerziellen Kurzzeitvermietungen und so mehr Wohnungen auf dem Mietwohnungsmarkt haben wird, ist unklar. Zuerst müssen die Mühlen der Politik weitermahlen. Früher oder später muss der Tourismushotspot seiner Bevölkerung aber eine Lösung unterbreiten, die Airbnb, dieses lukrative Geschäftsmodell auf Kosten der Mietenden, im Sinne der Stimmbevölkerung in die Schranken weist

Text: Mario Stübi

Mario Stübi ist Präsident des MV Luzern NW OW UR und SP-Grossstadtrat