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Akontozahlungen erhöhen

Nachforderungen bei den Nebenkosten sind trotz hoher Energiepreise auch künftig nicht von den Ergänzungsleistungen gedeckt. Bezüger*innen sollten deshalb rasch die Akonto-Zahlungen erhöhen.

In der Schweiz erhielten Ende 2020 etwas über 340 000 Menschen Ergänzungsleistungen (EL), also rund ein Sechstel aller AHV- und IV-Empfänger*innen. Ihre Renten und Einkommen werden ergänzt, weil sie die minimalen Lebenskosten nicht decken. Insbesondere die Wohnkosten werden bis zu einer Obergrenze von den EL übernommen. Der monatliche Akonto-Betrag für die Nebenkosten ist fix: Gibt es bei der jährlichen Abrechnung etwas zurück, müssen die Mietenden dieses Geld nicht an die EL zurückgeben. Entstehen hingegen Nachforderungen, müssen sie diese vollumfänglich selber bezahlen.

Dies könnte bei der nächsten Abrechnung, also nächsten Sommer/Herbst, zum Problem werden. Denn die Energiepreise sind bekanntlich massiv angestiegen – pro Haushalt ist mit Mehrkosten von bis zu hundert Franken pro Monat zu rechnen. Macht also bis zu 1200 Franken, die von EL-Bezüger*innen bei der nächsten Abrechnung aus dem eigenen Sack bezahlt werden müssen. Und zwar innerhalb von dreissig Tagen. Sonst droht die Kündigung.

Der Bundesrat wurde bereits in der ersten Jahreshälfte mittels verschiedener Vorstösse dazu aufgefordert, das Gesetz so anzupassen, dass Nachforderungen künftig durch die EL abgedeckt sind. Nach monatelangem Abwiegeln erklärte er in der ersten Woche der Dezembersession, auf Anfang 2023 würden die EL an die Teuerung angepasst und die Mietzinsmaxima steigen. Damit sei «der Situation der Ergänzungsleistungsbezügerinnen und -bezüger (…) Rechnung getragen».

Die Lösung: Akonto-Zahlungen erhöhen

Mit dieser Antwort zielt der Bundesrat komplett am Problem vorbei. Selbst wenn höhere Mietzinsmaxima und Teuerungsausgleich (bzw. das, was davon noch übrig bleibt) die höheren Energiekosten etwas lindern: Das Problem der nicht gedeckten Nachforderungen bleibt ungelöst. Nach der Absage aus Bern hilft darum nur noch eins: In Absprache mit der Vermieterschaft die Akonto-Zahlungen für die Nebenkosten erhöhen und dies der zuständigen Stelle melden (kantonale Ausgleichskassen bzw. Sozialdienst). Auf diese Weise werden die Mehrkosten nämlich doch noch von den EL übernommen. Das muss man als EL-Bezügerin allerdings erst einmal wissen. Die von M+W angefragten Stellen geben zwar an, die Betroffenen darauf hinzuweisen. Viele tun dies allerdings erst auf Anfang Jahr. Ganz abgesehen von der Frage, ob die Information auch tatsächlich bei allen Bezüger*innen ankommen wird: Im Januar sind die Heizungen seit Monaten
am Laufen, und es dürfte bereits einiges an – ungedeckten – Nachzahlungen zusammengekommen sein.

Text: Andrea Bauer

Die Schweiz wird abgerissen

Bild: Reto Schlatter

Tausende Häuser werden in der Schweiz jedes Jahr abgebrochen und ihre Substanz zum grössten Teil weggeworfen. Damit an Ort und Stelle von Grund auf neu gebaut werden kann. Gegen diese als selbstverständlich geltende Praxis regt sich Widerstand – gerade auch von Architekt*innen.

Kinder könnten stundenlang zuschauen, wenn riesige Bagger ganze Häuser auseinanderreissen, Erwachsene freilich auch. Und wer Zeit hat, kommt voll auf seine Kosten, denn abgerissen wird zurzeit vielerorts. Auch im Schweizerischen Architekturmuseum SAM in Basel konnte man kürzlich – im Sitzen sogar – zuschauen, wie gigantische Abbruchzangen an Hauswänden zerren und dabei Backsteine, Gips, Beton und Stahlstangen herausreissen und zu Boden krachen lassen. Dort liegt das zu Abfall gewordene einstige Mauerwerk dann, kreuz und quer übereinander Holzbretter und verbogene Stangen. Material, in dem viel wertvoller Rohstoff steckt – Sand, Erde, Holz oder Eisen, einst energieaufwändig abgebaut, zu Baumaterial verarbeitet, zur Baustelle transportiert und dort verbaut. In jedem Gebäude-«Abfall» stecken Unmengen an verbauter Energie – mehr als die Hälfte der gesamten Energie sogar, die ein neueres Haus im Laufe seiner Existenz im Betrieb insgesamt verbraucht, das Heizen eingerechnet.

Der reinste Wahnsinn

Wird ein bestehendes Haus abgerissen, landet mit dem nicht weiter- oder wiederverwerteten Bauschutt also jede Menge graue Energie quasi auf dem Müll – konkret: in Deponien (dass dabei auch teils über Jahrhunderte gewachsene Kultur und Identität einfach weggeworfen wird, wäre noch einmal ein anderes Thema). Und für einen Neubau wird bei der Rohstoffgewinnung, der Materialherstellung und dem Transport wieder neues Treibhausgas verursacht. Wo man doch auch mit dem Bestand oder wenigstens Teilen davon bauen könnte. Die Tabula-rasa-mässige Abriss- und Ersatzneubaupraxis ist der reinste Wahnsinn – und man mag es fast nicht glauben, aber: Ein Wendepunkt ist noch nicht in Sicht. Dabei hat die Schweiz ihr CO2-Budget unter Berücksichtigung ihrer historischen Emissionen bereits aufgebraucht, sagen die Macher*innen der Ausstellung «Die Schweiz: Ein Abriss». Sie gehören «Countdown 2030» an – einer Gruppe besorgter Architekt*innen und weiterer im Bauwesen Tätiger, die sich 2019 gebildet hat.

Mit einer Petition, dem partizipativ angelegten «Abriss-Atlas» und der Ausstellung wollen sie wachrütteln und aufzeigen, warum es einen Stopp der bisherigen Praxis braucht, wie ihn auch der Aktionsplan der Klimastreik-Bewegung mit seinem Moratorium für Neubauten verlangt. Es ist die Forderung nach einem Paradigmenwechsel, der die Lust am Neubau und deren Selbstverständlichkeit in Frage stellt – und das ausgerechnet von Architekt*innen? Ja. Aber von vorne.

Der Neubau: Eine Klimakatastrophe

Noch vor wenigen Jahren war die graue Energie, die in Gebäuden steckt, und überhaupt die eigene Klima-Verantwortung unter Bauherr*innen, Planer*innen und Architekt*innen ausser vereinzelt an Hoch- und Fachhochschulen kein grosses Thema. Fachzeitschriften wie insbesondere «Hochparterre» thematisierten zwar schon länger klimarelevante Fragen, und 2020 wurde den Pionier*innen im Wiederverwenden von Bauteilen, Barbara Buser und Eric Honegger vom «Baubüro in Situ», mit dem Meret-Oppenheim-Preis quasi der Grand Prix der Schweizer Architektur verliehen. Barbara Buser wurde ausserdem für eine Gastdozentur an die ETH berufen – aber diese und weitere ums Klima und die planetaren Grenzen Besorgten riefen mit wenig Widerhall in den Echoraum all derer, die die Schweiz bauen.

Einen Ruck löste erst die Klimabewegung aus. Weltweit und auch in der Schweiz bildeten sich «Architects for Future»-Gruppierungen. In Basel fanden Architekt*innen zudem zu «Countdown 2030» zusammen. Eine von ihnen ist Rahel Dürmüller. Für die Ausstellungs-Mitverantwortliche ist angesichts der Tatsache, dass die Baubranche für 40 Prozent des CO2-Ausstosses weltweit verantwortlich ist, klar: «Alles, was ich privat zur Verkleinerung meines Fussabdrucks tue, ist gut und recht, aber der viel grössere Hebel liegt in meiner Arbeit als Architektin.» Vor ein paar Jahren habe es eine intensive Diskussion zu Einweg-Plastiktüten gegeben, gleichzeitig würden in der Schweiz jeden Tag mehrere Häuser weggeworfen, ganz selbstverständlich.

Tausende abgebrochene Wohnungen

In der Schweiz werden pro Jahr zwischen 3000 und 4000 Gebäude abgerissen. Auch die Stadt Zürich rechnet: Dort wurden in den letzten zwanzig Jahren 13 695 Wohnungen abgebrochen, im Jahr 2021 mit 1768 so viele wie nie zuvor. Freilich sind Wohnungen in grösserer Zahl neu entstanden – aber diese Abrissfreude ist weder ökologisch noch sozial nachhaltig, denn in den meisten Fällen werden mit dem Bagger auch gewachsene nachbarschaftliche und kulturelle Strukturen zerstört. Und der Pro-Kopf- Flächenverbrauch ist bei neuen Wohnungen grösser. «Wenn es so weitergeht, müssen in den nächsten Jahren Zehntausende Menschen ihr Haus, ihr Quartier oder gar die Stadt verlassen», sagt Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich. Über vertriebene Menschen gibt es keine Zahlen, schon gar nicht schweizweite, aber was die weggeworfene Bausubstanz betrifft, weiss man: Diese Art der Erneuerung, die – obwohl auch ohrenbetäubend – schleichend und in ihren Dimensionen kaum fassbar vonstatten geht, beschert der Schweiz 84 % ihres gesamten Abfallvolumens.

Bauschutt: Ein jährlicher Zug bis Kapstadt

500 Kilogramm Bauschutt fallen hierzulande pro Sekunde an, sagt «Countdown 2030» in der Ausstellung, pro Jahr seien es 7,5 Millionen Tonnen. Sie stützen sich auch dabei auf Zahlen des BAFU. «Diese jährlich in der Schweiz anfallende Menge entspricht einem Güterzug von Zürich bis Kapstadt», sagt Rahel Dürmüller. Das Material gelangt in der Realität nicht nach Südafrika, sondern zu einem grossen Teil in Deponien. Dort gibt es aufgrund der hohen Bautätigkeit bereits Platznot. Eine in den Wald gebaute Deponie bei Liestal BL beispielsweise ist 32 Jahre früher als geplant bereits voll, wie der WWF Region Basel aufdeckte – allerdings auch weil man offenbar aus anderen Regionen Bauabfall importiert hat.

Nicht aller Bauschutt wird in Deponien entsorgt – ein Teil wird thermisch verwendet, beispielsweise zum Heizen, oder geht in die Wiederverwertung. Das klinge aber besser, als es sei, sagt Rahel Dürmüller: «Das meiste ist Downcycling, wird also minderwertig wiederverwendet. Aus Sicht des Materialkreislaufs ist dies sinnvoll, aus energetischer Sicht aber nicht immer. Denn die Aufbereitung kostet viel Energie; um Beton zu rezyklieren, braucht es sogar beinahe mehr Energie als für die Herstellung von neuem.» Unter dem Strich sei Recycling zwar besser als Wegwerfen, aber noch viel besser wäre es, die Strukturen zu erhalten.

Warum wird so viel abgerissen?

An einem Donnerstagabend im Oktober treffen sich in der Ausstellung in Basel gut zwei Dutzend Architekt*innen und andere im Bau und der Stadtentwicklung Tätige, um darüber zu diskutieren, warum überhaupt noch abgerissen wird. Moderatorin, Eingeladene und Publikum sitzen auf Augenhöhe im offenen Kreis, es entsteht eine rege Diskussion, bei der es darum geht, wer die Treiber der Abrisspraxis sind. Man ist sich einig, dass nebst anderem auch gesetzliche Fehlanreize – dazu gleich noch mehr – sowie das massenhaft vorhandene Geld den Abriss vorantreiben, denn für institutionelle Anleger wie Pensionskassen sind Immobilien, die sie neu erstellen, Renditevehikel: Mit teuren Wohnungen in Ersatzneubauten lässt sich mehr Geld abschöpfen als mit bestehenden Häusern und den Menschen, die schon seit Jahrzehnten darin leben. Ausserdem braucht es für neue Häuser viele neue Materialien.

Studierende fordern den Wandel

An der ETH Zürich gärt jetzt aber auf Seiten der Studierenden ein neues Bewusstsein, wie verschiedenem Leute beobachten. Auch Rahel Marti, Architektin und Redaktorin bei der Architekturzeitschrift «Hochparterre», weiss: «Heutige Studierende wollen ökologisch bauen lernen und fordern ein, dass die Professor*innen sie entsprechend unterrichten.» Augenöffnend ist die Masterarbeit dreier ETH-Studenten zum Abriss der riesigen Überbauung Wydäckerring in Zürich – sie thematisieren in ihrem Film, wie achtlos Gebäude abgerissen werden, wie eine Kultur des Erhalts wertvoller Substanz fehlt. 

Auch der Zürcher Architekt Philipp Fischer von Enzmann/Fischer beobachtet, wie sich die Haltungen und Interessen in der Architekturszene seit kurzer Zeit verändern, über die Hochschulen hinaus. Ohne zu verheimlichen, dass auch sie noch Beton-Altlasten haben, sagt er in der Diskussionsrunde: «Früher schien abreissen und neu bauen einfach normal. Aber jetzt hat sich, in unglaublich schnellem Tempo, ein neues Denken etabliert, auch in unserem Büro. Innert nur zweier Jahre.» Lacaton/Vassal aus Frankreich hätten viel dazu beigetragen. Das 2021 mit dem Pritzkerpreis geehrte französische Architekturteam sorgte mit der Transformation eines riesigen, zuvor nicht besonders ansehnlichen Sozialwohnungsbaus in Bordeaux für Aufsehen – und neulich in Zürich, auch weil sie beim Wettbewerb um die Erneuerung der Maaghallen (nur) auf dem zweiten Platz landeten. Lacaton/Vassal wollten das Industrieerbe, das inzwischen zu einem wichtigen Kulturort geworden ist, erhalten – aber die Jury platzierte sie auf Rang zwei, um ein Projekt gewinnen zu lassen, das den Abriss der Industriehallen vorsieht. 

Hätte man doch die Klimajugend gefragt 

Dass Projekte, die vom Bestehenden ausgehen, zwar gewürdigt werden, aber nur auf dem zweiten Platz landen, scheint zurzeit öfters vorzukommen, wie sich in der Diskussion zeigte. Auch Philipp Fischer machte diese Erfahrung kürzlich. Sein Büro hatte mit «Werkstadt» am Wettbewerb für das Schulhaus Höckler in Zürich-Leimbach teilgenommen. Man sah vor, mit dem alten Industriebestand zu arbeiten, ihn grösstenteils zu erhalten. Es siegte aber ein Abriss-/Neubauprojekt. In der Jury-Begründung des Amtes für Hochbauten der Stadt Zürich lautete der letzte Satz in der Würdigung des Projekts: «Aber würde man die Klimajugend fragen, so wäre ‹Werkstadt› wohl ihre neue Schule.» 

Offenbar braucht es eine gehörige Portion Zynismus, um sich angesichts der Klimakrise für Abbrüche zu entscheiden. Es scheint aber auch der einfachere Weg zu sein. Denn, so sagen die Fachleute: Beim Bauen im Bestand und überhaupt beim Weiter-und Wiederverwenden von Materialien sieht man sich mit allerlei Unvorhersehbarem konfrontiert. Es braucht Improvisationswille und ist bei grösseren Eingriffen kostenintensiv. Ausserdem hat man hierzulande – anders als etwa in Holland – erst wenig Erfahrung damit. 

Bergacker: Eine andere Zukunft ist möglich 
32 Mehrfamilienhäuser mit 408 Wohnungen sollen im Bergacker in Zürich-Affoltern abgerissen, die Siedlung komplett neu gebaut werden (siehe M+W 6/21). 900 Mieterinnen und Mieter von günstigen Wohnungen sind vom Erneuerungsprojekt der Stiftung Habitat 8000 und Swiss Life betroffen. 
Geht es sozial und ökologisch nicht nachhaltiger? Das wollten das Baubüro InSitu, Urban Equipe und der MV Zürich wissen. Sie haben zusammen mit Studierenden der ETH Zürich eine Studie erarbeitet, welche die Siedlung sozial, ökologisch, ökonomisch und städtebaulich untersucht. Jetzt liegt das Resultat vor: Ja, es geht deutlich besser, eine Erneuerung im Bestand ist möglich – und sie wäre viel ökologischer. Denn auf die gesamte Lebensdauer der Gebäude berechnet, würde ein Neubau, wie er jetzt vorgesehen ist, doppelt so viel CO2 verursachen wie eine kluge Sanierungs-und Erweiterungsbau-Lösung. «Eine andere Zukunft im Bergacker ist möglich – indem mit dem Bestand gebaut wird», sagt Walter Angst vom MV Zürich. Sie wäre zudem sozial nachhaltiger als eine Leerkündigung. 

Weitere Informationen zur Studie: www.beispiel-bergacker.ch 

Politik und Architekt*innen sind gefordert 

Und dann sind da noch die gesetzlich installierten Fehlanreize. Etwa dass seit 1. Januar 2020 bei Ersatzneubauten Rückbaukosten bei den direkten Bundessteuern abgezogen werden können. Solches will «Countdown 2030» mit der Petition beseitigen. Die Aktivist*innen, die auch Bauprofis sind, fordern ferner, dass die Entsorgungskosten verteuert werden, es für Abriss eine Bewilligungspflicht gibt und Gemeinden, Kantone und der Bund bei ihren eigenen Bauten mit gutem Beispiel vorangehen. Sie wollen Tempo sehen, denn noch planen die meisten im Bau ohne jegliches Klimabewusstsein, wie auch Rahel Marti von «Hochparterre» wahrnimmt: «Es gibt jede Menge Büros, bei denen die Dringlichkeit noch nicht angekommen ist. Die erwischt man nur mit politischen Vorgaben und Sanktionen. Auch ein CO2-Budget pro Kopf wäre sicher wir-kungsvoll.» 

In Zürich beschloss der Gemeinderat dieses Jahr, dass die Stadt als Bauherrin nicht mehr einfach abreissen und neu bauen darf, sie muss sich zuerst über Energiebilanzen beugen. Ziel ist unter anderem, dass vermehrt im Bestand erneuert wird. In Basel-Stadt ist man diesbezüglich ebenfalls auf gutem Weg. Im Kanton Bern verlangt eine Motion, dass Sanierungen anstelle von Ersatzneubauten gezielt gefördert werden. Auch auf Bundesebene bewegt sich – langsam – etwas. Die parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» verlangt, dass mit einer Gesetzesgrundlage die Umweltbelastung durch die Verwendung kreislauffähiger Materialien und durch die Vermeidung von Abfällen massgeblich reduziert wird, explizit auch im Bau. Die zuständige Kommission hat zwei weitere Jahre Zeit für die Aus-arbeitung. 

An jenem Oktoberabend im Schweizerischen Architekturmuseum sind sich auch die Anwesenden einig: Die Politik muss dringend ran! Und auch die eigene Gilde. Während im Nebenraum die Bagger auf der Leinwand unermüdlich Mauerteile zum Einsturz bringen, erinnert der ebenfalls an der Diskussion teilnehmende Walter Angst vom MV Zürich daran, wie wichtig es ist, früh zu erkennen, wenn der Abriss eines Hauses geplant ist. Er appelliert deshalb an die Architekt*innen, die jeweils zu den Ersten gehören, die über Abrissprojekte informiert sind: «Teilt euer Wissen!» 

Autorin: Esther Banz

Wenn der Bagger den Wecker ersetzt 

Martina Binder auf dem Balkon ihrer Wohnung: An Lüften oder Draussensitzen war diesen Sommer nicht zu denken. Bild: Isabel Plana

Immer mehr Mieter*innen sind in ihren vier Wänden von Baulärm geplagt – und fragen sich: Kann ich eine Entschädigung fordern?

Balkon mit Blick ins Grüne – das war einmal. Jetzt klafft vor der Wohnung von Familie Binder eine riesige Baugrube, in der heulend zwei Bagger am Werk sind. «Mitte Mai hat es angefangen», erinnert sich Martina Binder und zückt ihr Handy. Sie hat Fotos und Videos gemacht vom Abbruch der vier Mehrfamilienhäuser, die in den 1940er-Jahren hier mit viel Grünraum rundherum erbaut worden waren. Mehrere Wochen dauerte es, bis die Gebäude abgetragen waren, danach begann der Aushub für die künftige Tiefgarage. «Die Bauarbeiten erzeugten viel Lärm und Staub. Lüften oder auf dem Balkon sitzen war diesen Sommer tagsüber nicht möglich», erzählt Binder. «Selbst mit geschlossenen Fenstern war der Lärmpegel noch hoch.» Eine enorme Belastung für die Hausfrau und Mutter, die unter der Woche den ganzen Tag zuhause ist und dafür am Wochenende arbeitet – ausgerechnet dann, wenn die Bagger ruhen. 

Anfragen nehmen zu 

Die Baustelle vor Familie Binders Wohnung ist bei Weitem nicht die einzige im ruhigen und grünen Zürcher Quartier Alt-Wiedikon. In den letzten Jahren ist es hier lärmiger und grauer geworden. Im Bermuda-Dreieck zwischen Bahnhof Binz, Heuried und Schmiede Wiedikon verschwinden immer mehr Häuser, Bürogebäude und ganze Siedlungen samt Gärten und Bäumen, um grösseren Ersatzneubauten Platz zu machen. Über 360 Wohnungen wurden im Zeitraum von 2017 bis 2021 im Zürcher Kreis 3, zu dem das Quartier Alt-Wiedikon gehört, abgebrochen – und an die 1000 neu gebaut, wobei es sich ausschliesslich um Ersatzneubauten handelt. Für fast 500 neue Wohnungen wurde allein im letzten Jahr die Baubewilligung erteilt – viele davon dürften heuer bereits im Bau sein. 

In anderen Quartieren wie Albisrieden oder Altstetten ist die Wohnbautätigkeit noch reger. Gesamtstädtisch betrachtet, wurden von 2017 bis 2021 über 4200 Wohnungen abgerissen – 1768 davon alleine im letzten Jahr – und über 11 700 neu gebaut. Berücksichtigt man ausserdem noch all die Strassen-und übrigen Tiefbauprojekte, ergibt das eine stattliche und wachsende Zahl lärmgeplagter Mieter*innen. Entsprechend haben die lärmbedingten Anfragen bei der Rechtsberatung des Mieterinnen- und Mieterverbands Zürich in letzter Zeit merklich zugenommen. Die Frage, die die meisten umtreibt: Kann ich eine Mietzinsreduktion verlangen? 

Was der MV empfiehlt 

«Ja», sagt Nicole Schweizer, Rechtsberaterin beim MV Zürich, «wer sich durch Baulärm in der Nutzung seiner Wohnung beeinträchtigt fühlt, kann eine Mietreduktion beantragen.» Dabei spiele es keine Rolle, ob der Neubau nebenan durch den eigenen Vermieter oder eine andere Bauherrin realisiert wird. «Im letzteren Fall zahlen Vermieter*innen eine Mietreduktion ja nicht aus der eigenen Tasche, sondern können dafür ihrerseits bei der Bauherrschaft eine Entschädigung einfordern», erklärt Schweizer. Das sei aber mit einigem administrativem Aufwand verbunden, weshalb viele Vermieter*innen eine Mietreduktion vermeiden wollen. Oft heisst es dann, man müsse mit Baulärm rechnen, wenn man in der Stadt lebt. Dieses Argument lässt Schweizer nicht gelten. «Das ist eine Ausrede der Vermieter*innen und mietrechtlich kein ausschlaggebendes Kriterium.» 

Wer unter Baulärm leidet, kann sich also wehren und eine Entschädigung verlangen, in Form einer Mietreduktion für die Dauer der Lärmbelastung oder auch in Form eines einmaligen Pauschalbetrags. Das richtige Vorgehen ist dabei entscheidend, wie Schweizer aufzeigt. «Wichtig ist, sich mit einem eingeschriebenen Brief bei der Vermieterschaft zu melden. Darin schildert man die Situation – also seit wann und wie die Wohnqualität durch Lärm-oder auch Staubemissionen einer Baustelle beeinträchtigt ist, dass man zum Beispiel den Balkon nicht mehr nutzen kann – und bittet um einen Vorschlag für eine Mietreduktion.» 

Lärmbelastung dokumentieren 

Manche Vermieter*innen reagieren gar nicht oder erteilen direkt eine Absage. Andere gehen auf das Anliegen ein, wollen aber erst nach Abschluss der Bauarbeiten über die Höhe der Mietreduktion verhandeln. Im besten Fall machen sie direkt einen Vorschlag, «meistens im Bereich von 5 bis 10 Prozent», wie die Rechtsberaterin aus Erfahrung weiss. Ob das angemessen oder zu tief ist, müsse im Einzelfall beurteilt werden. «Wir empfehlen den betroffenen Mieter*innen, zu uns in die Beratung zu kommen, wenn sie ein Angebot auf dem Tisch haben und unsicher sind, ob es angemessen ist – und erst recht, wenn sie keine Reaktion oder eine Absage erhalten haben.» 

Zudem rät Schweizer, die baustellenbedingte Lärmbelastung möglichst nachvollziehbar zu dokumentieren. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn man die Sache weiterzieht und es zu einem Schlichtungsverfahren kommt. «Idealerweise führt man eine Art Störungsprotokoll und hält darin für die einzelnen Bauetappen Art und Ausmass des Lärms fest», sagt Schweizer. Auch Videos und Fotos seien hilfreich. Dann stünden die Chancen in der Regel gut, dass man sich vor der Schlichtungsbehörde auf eine Entschädigung einigen kann. Im Rahmen eines solchen Vergleichs könne darüber hinaus auch ein frühzeitiges Auszugsrecht festgehalten werden. «Was auch immer man anstrebt, am besten ist, wenn sich mehrere betroffene Mieter*innen zusammenschliessen und ihre Forderung gemeinsam stellen.» 

So sah das zeitweilig aus – Martina Binder hat den Abriss der vier Mehrfamilienhäuser mithilfe von Fotos und Videos dokumentiert. Bild: zVg

Nachbar*innen mobilisieren 

Das hat sich auch Adrian Kunz* gedacht und ging auf seine Nachbar*innen zu, als die Bauarbeiten auf der gegenüberliegenden Strassenseite immer lauter wurden. Seit über einem Jahr wird hier an der Müllerstrasse im Kreis 4, mitten im Wohnquartier, ein grosses Bürogebäude kernsaniert. «An konzentriertes Arbeiten war bei dem Lärm nicht zu denken», erinnert sich Kunz, der wie viele letzten Winter im Homeoffice war. «Seit ich in der Stadt lebe – das sind jetzt bald zehn Jahre – hatte ich praktisch bei jeder Wohnung eine Baustelle in der Nachbarschaft», erzählt er. In der Vergangenheit hat er sich damit abgefunden, aber jetzt reicht es ihm. «Ich habe nichts dagegen, dass gebaut wird. Es gehört zu einer Stadt, dass sie sich verändert, dass sie verdichtet wird. Aber die Mieten in Zürich sind so hoch, dass man dafür entschädigt werden sollte, wenn man Baulärm ertragen muss.» Kunz nahm die Sache an die Hand und organisierte mit dem MV Zürich einen Informationsabend für die betroffenen Mieter*innen. Daraufhin entschieden sich sechs Parteien, beim Vermieter eine Mietzinsreduktion einzufordern. Wie die Sache ausgeht, ist noch offen. 

Nicht zu lange warten 

Im Rahmen einer Infoveranstaltung des MV Zürich, die eine Nachbarin für die betroffenen Mieter*innen im Quartier organisiert hatte, erfuhr auch Martina Binder von der Möglichkeit, eine Mietzinsreduktion einzufordern. Zu diesem Zeitpunkt hatte die junge Mutter aber andere Prioritäten: Sie war intensiv auf Wohnungssuche. Mit dem Baulärm war der Druck umzuziehen gestiegen. «Wir hatten schon seit Längerem vor, etwas Grösseres zu suchen, weil eine 2-Zimmer-Wohnung mit einem Kind auf Dauer zu klein ist. Ohne die Baustelle hätten wir uns aber mehr Zeit lassen können, denn es ist nicht einfach, in diesem beliebten Quartier etwas Bezahlbares zu finden.» Statt sich nur auf ausgeschriebene Wohnungen zu bewerben, begann Binder proaktiv bei Vermieter*innen nachzufragen, die Wohnungen im Quartier hatten. Mit Erfolg. Auf Anfang Oktober ist die Familie nach 14 Jahren aus ihrer alten Wohnung ausgezogen. «Jetzt habe ich den Kopf wieder frei und überlege, nachträglich eine Mietzinsreduktion bei unserer alten Vermieterin zu verlangen.» 

Das ist allerdings schwierig. «Auf eine nachträgliche Forderung werden Vermieter*innen kaum eingehen und in einem Schlichtungsverfahren wären die Erfolgschancen auch eher gering», dämpft Rechtsberaterin Schweizer die Hoffnung. Grundsätzlich gilt: Je früher man sich an die Vermieterschaft wendet und anfängt, die Lärmbelastung zu dokumentieren, desto besser stehen die Chancen. 

* Name von der Redaktion geändert 

Autorin: Isabel Plana

Der perfide Plan 

Nach dem Motto «Erst einfacher rauswerfen, dann die Mieten erhöhen» wollen die Immobilienkreise im Parlament zuerst den Kündigungsschutz aufweichen und dann Mieterhöhungen erleichtern. In der Dezembersession soll es losgehen.

Über mehrere Jahre hinweg haben die Vertreter der Immobilienlobby im Parlament eine ganze Reihe von Vorstössen eingereicht, mit denen sie das Mietrecht angreifen und damit die Rechte der Mietenden schwächen wollen. In der kommenden Dezembersession nun werden die ersten Gesetzesvorlagen vom Nationalrat behandelt. Worum geht es? 

Darum geht es im Einzelnen 

Zur Debatte im Nationalrat stehen drei Gesetzesvorlagen, von denen der Mieterinnen- und Mieterverband zwei bekämpft: die zum Eigenbedarf und die zur Untermiete. 

Die erste Vorlage will konkret, dass beim Eigenbedarf – wenn also ein*e Vermieter*in eine Wohnung für sich selber oder ein Familienmitglied beanspruchen will – nicht mehr nachgewiesen werden muss, dass dieser «dringlich» ist. Im Streitfall würde dadurch die Lebenssituation der Mieter*innen nicht mehr berücksichtigt – auch dann nicht, wenn sie prekär ist. Eine Abwägung würde so immer zugunsten der Vermieterschaft ausfallen. 

Der Eigenbedarf wird bereits heute oft nur als Vorwand geltend gemacht, um vor allem langjährige Mietende loszuwerden und die Wohnung teurer weiterzuvermieten. Würde die Vermieterschaft vom Nachweis der Dringlichkeit des Bedarfs befreit, wie es der Vorstoss will, würde das Risiko von Missbräuchen vervielfacht und die Position der Mietenden zusätzlich geschwächt. 

Die zweite Gesetzesvorlage will das Recht auf Untermiete gegenüber heute stark einschränken. Er will eine Reihe von einseitigen und willkürlichen Gründen einführen, mit denen eine Untervermietung verweigert oder sogar der Mietvertrag der Person gekündigt werden kann, die ihre Wohnung untervermietet. Eine Untervermietung soll beispielsweise dann abgelehnt werden können, wenn sie länger als zwei Jahre dauert. Das ist heutzutage realitätsfremd. 

Zusätzlich sollen Vermieter*innen neu ein ausserordentliches Kündigungsrecht (Frist: 30 Tage) erhalten für den Fall, dass die Mieterschaft bei einer Untervermietung gewisse Formvorschriften nicht einhält. Eine Mieterin könnte damit aus ihrer Wohnung geworfen werden, nur weil sie etwa vergessen hat, eine Änderung im Untermietvertrag mitzuteilen. 

Und darum geht es wirklich 

So viel zu den Einzelheiten. Im Grunde geht es den Initiant*innen um ein übergeordnetes Ziel: Sie wollen eine Aufweichung des Kündigungsschutzes der Mietenden. Nur so nämlich – durch einen einfacheren Rauswurf und eine darauf folgende Neuvermietung – können die Mieten und damit die Renditen substanziell erhöht werden. 

Der Bundesrat hat am 19. Oktober entschieden, dem Parlament zu empfehlen, nicht auf die beiden Vorlagen einzutreten. Das ist bemerkenswert, denn die Landesregierung ist bisher nicht dafür aufgefallen, dass sie sich besonders für die Mietenden eingesetzt hätte (lesen Sie dazu auch den Kommentar von MV-Präsident Sommaruga). 

Sollten National- und Ständerat die beiden Vorlagen trotzdem annehmen, wird der Mieterinnen- und Mieterverband gegen jede einzelne das Referendum ergreifen – das ist leider nötig (siehe Text unten) – und die Rechte der Mietenden gegen die Immobilienlobby verteidigen. Denn diese Gesetzesvorlage ist leider erst der Anfang … 

Mehrere Referenden nötig 
Weil von der Immolobby orchestrierte Parlamentarier*innen bewusst darauf verzichtet haben, die Vorstösse wie üblich zu einer einzigen Gesetzesvorlage zusammenzufassen, muss gegen jede Gesetzesänderung einzeln das Referendum ergriffen werden. Diese Salamitaktik wurde bewusst gewählt, um die Gegenwehr zu erschweren.

Weitere Referenden in Sichtweite 

Nach dem Motto «Erst einfacher rauswerfen, dann die Mieten erhöhen» soll es in einem zweiten Schritt nämlich für Vermieter*innen noch einfacher werden, die Renditen in die Höhe zu treiben. Und die Mieter*innen auf der anderen Seite sollen gleichzeitig noch weniger Möglichkeiten haben, sich gegen missbräuchliche Mieten respektive Renditen zu wehren. Die entsprechenden Vorstösse sind bereits im November in der zuständigen Kommission traktandiert und das Parlament wird sich voraussichtlich 2023 mit ihnen befassen. Die Folge dieser Vorstösse wäre, dass die Mieten in der Schweiz noch stärker ansteigen würden, als sie es heute schon tun. Die nächsten Referenden sind also schon in Sichtweite.

Autorin: Andrea Bauer 

Kommentar

MV-Präsident Carlo Sommaruga

Erstaunlich! Eine Premiere sogar: Der Bundesrat stellt sich auf die Seite der Mieter*innen! In einer aktuellen Stellungnahme fordert er das Parlament auf, nicht auf die beiden parlamentarischen Initiativen einzutreten, die das Mietrecht angreifen. 

Was die Initiative zur Untermiete angeht, ist er der Ansicht, dass die von der Rechtskommission auf Vorschlag des HEV-Präsidenten präsentierten strengeren Bestimmungen nicht gerechtfertigt sind, da sie sowohl für die Vermieterschaft als auch für die Mietenden mehr Verwaltungsaufwand verursachen würden. Darüber hinaus würden sie die Nutzung von Plattformen wie Airbnb erschweren. 

Was die erleichterte Kündigung wegen Eigenbedarfs in der zweiten Initiative betrifft, so sieht der Bundesrat darin einen Eingriff in das Gleichgewicht zwischen den beiden Parteien des Mietvertrags. Er betont ausserdem, wie dies auch der Mieterinnen- und Mieterverband schon immer gesagt hat, dass die geltenden Bestimmungen bereits die Möglichkeit vorsehen, den Mietvertrag bei dringendem Eigenbedarf zu kündigen. 

Die Rechtskommission muss unbedingt aus der ideologischen Sackgasse herauskommen, in die sie von den Immobilienkreisen gedrängt wurde, zur Realität zurückkehren und dem Nationalrat ebenfalls vorschlagen, nicht auf die beiden parlamentarischen Initiativen einzutreten. 

Sollte das Parlament gegen jede Vernunft diesem Angriff auf das Mietrecht doch zustimmen, wird der MV dank Ihrer grosszügigen finanziellen Unterstützung die nötigen Referenden ergreifen. 

Carlo Sommaruga, Präsident MV Schweiz 

Professionell, laienfreundlich und kostenlos 

Illustration: Patric Sandri

Viele Mieter*innen scheuen sich, bei Knatsch mit der Vermieterschaft zur Mietschlichtungsbehörde zu gehen. Doch das Unbehagen ist oft unbegründet. 

Sichtlich angespannt sitzt die Mieterin Ruth Häberli im Verhandlungssaal der Mietschlichtungsbehörde Berner Jura-Seeland. Diese ist eine von vier Schlichtungsbehörden im Kanton Bern und örtlich für das Verfahren von Ruth Häberli zuständig, die in Erlach wohnt. 

«Ich begrüsse Sie zur heutigen Schlichtungsverhandlung», eröffnet die Frau in der Mitte die Verhandlung. «Zu meiner Linken sitzt Fachrichterin Huber, zu meiner Rechten Fachrichterin Jaggi. Das Protokoll verfasst Herr Meier. Mein Name ist Stucki, ich bin die Vorsitzende und für dieses Verfahren zuständig.» 

Paritätische Schlichtungsbehörde 

Dass so viele Personen an der Verhandlung anwesend sind, überrascht Häberli. Der Grund dafür ist, dass die Schlichtungsbehörde paritätisch zusammengesetzt ist. An jeder Verhandlung wirkt je ein*e Fachrichter*in aus dem Kreis des Mieterinnen- und Mieterverbands sowie vonseiten des Hauseigentümerverbands mit. So wird sichergestellt, dass Mieter*innen und Vermieter*innen gleichermassen vertreten sind und dass die Fälle unter juristischen Gesichtspunkten und unter Einbezug von Fachwissen und Erfahrung im Mietwesen der betroffenen Region beurteilt werden. 

Die Fachrichter*innen dürfen den Parteien bei der Verhandlung Fragen stellen. Oft hören sie aber nur aufmerksam zu. Ihr Einsatz erfolgt erst später hinter verschlossenen Türen, wenn sich die Schlichtungsbehörde zur Beratung zurückzieht. Obwohl sie die Sicht ihrer jeweiligen Seite ins Verfahren einbringen, fungieren sie nicht als Anwält*innen. Fachrichter*innen müssen objektiv bleiben und sind nur ihrem Gewissen und Fachwissen verpflichtet. Geleitet wird das Verfahren von einer neutralen vorsitzenden Person. 

Obligatorischer Schlichtungsversuch 

Wollen Mieter*innen einen Anspruch gegenüber der Vermieterschaft auf dem Rechtsweg geltend machen, müssen sie in den meisten Fällen zuerst an einem Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde teilnehmen. Dasselbe gilt umgekehrt, wenn die Vermieterschaft rechtlich gegen die Mieterschaft vorgehen will. In diesem niederschwelligen und kostenlosen Verfahren wird versucht, die Streitenden in einem frühen Stadium vor einem aufwändigen und teuren Prozess zu bewahren. Das Schlichtungsverfahren trägt zum sozialen Frieden bei und entlastet gleichzeitig die Gerichte. Diese kommen erst dann zum Zug, wenn keine Aussöhnung zwischen den Parteien möglich ist. 

Einleitung des Verfahrens 

Ruth Häberli hat seit längerem Schimmel in ihrem Schlafzimmer, ihr Vermieter hat bis heute nichts dagegen unternommen. Nachdem sie den Mietzins bei der Schlichtungsbehörde fristgerecht und unter Beachtung sämtlicher Formalitäten korrekt hinterlegt hatte, schickte sie der Schlichtungsbehörde ein schriftliches Schlichtungsgesuch, zusammen mit Kopien des Mietvertrags, des bisherigen Schriftverkehrs sowie Fotos. Sie hätte auch persönlich bei der Schlichtungsbehörde vorbeigehen und das Gesuch mündlich zu Protokoll geben können. 

Im Schlichtungsgesuch musste Häberli die Gegenpartei, das Rechtsbegehren und den Streitwert angeben. Das Rechtsbegehren und der Streitwert geben Auskunft darüber, was die gesuchstellende Person überhaupt von der Gegenpartei will. Häberli will konkret, dass ihr Vermieter den Schimmel endlich beseitigt und ihr eine angemessene Mietzinsreduktion bezahlt. Beides kann sie später anlässlich der Schlichtungsverhandlung immer noch präzisieren oder ergänzen. 

@Efeu

Persönliches Erscheinen 

Da bei der Schlichtungsverhandlung wenn möglich eine gütliche Einigung – im Fachjargon «Vergleich» genannt – abgeschlossen werden soll, müssen die Verfahrensbeteiligten persönlich erscheinen. Beide Parteien können sich aber von einem Rechtsbeistand oder einer Vertrauensperson begleiten lassen. Die Vermieterschaft kann sich ausserdem durch die Verwaltung vertreten lassen, sofern diese zum Abschluss eines Vergleichs bevollmächtigt ist. Ausnahmen vom persönlichen Erscheinen sind ein ausserkantonaler oder ausländischer Wohnsitz, eine Krankheit oder andere wichtige Gründe. 

Ablauf des Verfahrens 

Nach Bekanntgabe der Zusammensetzung der Schlichtungsbehörde fordert die Vorsitzende Häberli auf, ihre Rechtsbegehren zu bestätigen und ihre Standpunkte darzulegen. Im Anschluss an Häberlis kurzen Vortrag kommt auch der Vermieter zu Wort. Danach dürfen die Fachrichter*innen ihre Fragen stellen. Nachdem der Sachverhalt für sämtliche Anwesenden klar ist, werden Häberli und ihr Vermieter nach draussen geschickt, damit die Schlichtungsbehörde den Fall besprechen kann. Nach zehn Minuten werden die beiden wieder in den Saal gebeten. Die Vorsitzende präsentiert ihnen einen Lösungsvorschlag: Der Vermieter soll sich verpflichten, den Schimmel fachmännisch beseitigen zu lassen, und Häberli eine einmalige Mietzinsreduktion im Umfang von 150 Franken bezahlen. Häberli erscheint die Mietzinsreduktion zwar ein wenig dürftig, doch sie ist mit dem Vorschlag einverstanden. Auch der Vermieter ist einsichtig und stimmt zu. Der Vergleich wird schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterzeichnet. Damit gibt es an der Einigung nichts mehr zu rütteln und das Verfahren ist beendet. 

Alternativen bei Uneinigkeit 

Hätte sich Häberli nicht mit ihrem Vermieter einigen können, so hätte ihr die Schlichtungsbehörde wohl die sogenannte Klagebewilligung erteilt. Diese wird im Regelfall der klagenden Partei ausgestellt. Häberli hätte darauf innert dreissig Tagen eine Klage beim Gericht einreichen müssen, wenn sie an ihrer Forderung hätte festhalten wollen. 

In gesetzlich speziell vorgesehenen Fällen kann die Schlichtungsbehörde den Parteien auch einen Urteilsvorschlag unterbreiten. Wird dieser innert zwanzig Tagen von keiner Partei abgelehnt, so wird er rechtskräftig. Andernfalls stellt die Schlichtungsbehörde eine Klagebewilligung aus. Bei Verfahren über eine Mietzinshinterlegung oder den Mietzins, bei Kündigung und Erstreckung des Mietverhältnisses erhält jeweils diejenige Partei die Klagebewilligung, die den Urteilsvorschlag abgelehnt hat. In den übrigen Fällen wird sie hingegen derjenigen Partei erteilt, die das Schlichtungsgesuch bei der Schlichtungsbehörde eingereicht hat. Bei einem Streitwert bis 2000 Franken kann die klagende Partei beantragen, dass die Schlichtungsbehörde einen Entscheid fällt. Die Schlichtungsbehörde ist jedoch frei, trotz dem Antrag eine Klagebewilligung auszustellen oder den Parteien einen Urteilsvorschlag zu unterbreiten. 

Autor: Fabian Gloor

Das Sparen muss sich lohnen 

In Altbauten wird oft noch pauschal abgerechnet und alle zahlen gleich viel für Heizung und Warmwasser. Bild: Joel Kaiser

Die Sparkampagne beim Heizen ist wichtig, damit wir gut durch den Winter kommen. Noch mehr Wirkung hat sie, wenn das Sparen auch finanziell belohnt wird. Das ist aber längst nicht überall garantiert.

In neueren Wohnungen ist es Standard: Jede Mietpartei bekommt die Heizkosten verrechnet, die sie selber verursacht hat. Das ist nichts als gerecht, denn der Verbrauch ist sehr unterschiedlich. Die einen mögen es wärmer, andere nehmen es nicht so genau mit dem Schliessen der Fenster, und wieder andere machen sich einen Sport daraus, den Energieverbrauch so stark wie möglich zu senken. In Neubauten und bei Sanierungen ist eine individuelle Abrechnung der Heizkosten in grösseren Liegenschaften Vorschrift. In Altbauten hingegen gilt dies – mit Ausnahme von Baselland und Basel-Stadt – nicht: Ausgerechnet dort, wo hohe Heizkosten entstehen, wird oft noch pauschal abgerechnet und alle zahlen gleich viel.

Wer also spart, profitiert kaum davon und ärgert sich unter Umständen über die Nachbar*innen, die den ganzen Winter das Fenster offen lassen. So kommt es, dass der Verbrauch der einen Partei bis zu drei Mal höher oder eben tiefer sein kann als derjenige der anderen, beim Warmwasser kann der Verbrauch eines verschwenderischen Haushalts sogar acht Mal höher sein als der eines sparsameren oder auch viel kleineren Haushalts. Da läppert sich schnell einmal etwas zusammen. In einem schlecht isolierten Haus machen diese Unterschiede nicht ein paar hundert, sondern 1000 bis 2000 Franken aus.

Kosten für individuelle Abrechnung sind gesunken 
Die individuelle Heizkostenabrechnung ist nicht gratis. Die Kosten für die Geräte und das Ablesen derselben können auf die Mietenden überwälzt werden. Die Preise sind aber gegenüber früher gesunken – Digitalisierung sei Dank. Gemäss Anbieter betragen die Kosten für eine Vierzimmerwohnung bei heutiger Installation noch rund 75 Franken pro Jahr für die Heizung und nochmals rund 20 Franken fürs Warmwasser (Amortisation und Abrechnung). Mit der individuellen Abrechnung bekommen nicht nur alle ihren effektiven Verbrauch verrechnet, sondern es gibt auch zusätzlich eine Sparmotivation: Ältere Studien gehen nämlich davon aus, dass allein durch die individuelle Abrechnung rund 10 bis 15 Prozent Heizkosten eingespart werden. 

Der Bundesrat interessiert sich nicht für diese Unterschiede. Er lehnte im Sommer einen Vorstoss ab, der für alle Gebäude eine individuelle Heiz- und Warmwasserabrechnung verlangte. Das sei zu kompliziert und Sache der Kantone, hiess es. Die Antwort fiel damit arg lapidar aus: Erstens ist es der Bund, der bei Neubauten diese Abrechnung verlangt, und zweitens ist die Forderung gegenwärtig aktueller denn je: Mit den hohen Energiekosten bekommt das Anliegen zusätzliche Berechtigung. Will der Bundesrat die Mietenden in seiner Sparkampagne mitnehmen, sollte er ihnen auch einen finanziellen Anreiz zum Sparen beim Heizen anbieten.

Text: Michael Töngi

News

Mehr Schlichtungen 

Im ersten Halbjahr 2022 wurden rund 5 Prozent mehr miet- oder pachtrechtliche Schlichtungsverfahren eingeleitet als im Vorsemester, wie das Bundesamt für Wohnungswesen BWO meldet. Die langfristige Tendenz seit 2011 war eher sinkend. In 56,3 % der erledigten Fälle konnte dank der Schlichtung zwischen den Parteien eine Einigung durch einen Vergleich, eine Klageanerkennung oder einen Klagerückzug erzielt werden. Einen markanten Anstieg von rund 4 auf rund 6 Prozent gab es insbesondere bei Verfahren wegen Streitigkeiten bei Mietzinserhöhungen. Im Kanton Genf verdreifachte sich dieser Anteil sogar fast (von 3,22 % auf 9,15 %). 

Leerwohnungsziffer gesunken 

Die Leerwohnungsziffer ist innert Jahresfrist um 0,23 Prozentpunkte gesunken. Am 1. Juni 2022 wurden in der Schweiz 61 496 Leerwohnungen gezählt, das entspricht 1,31 % des Gesamtwohnungsbestands (einschliesslich der Einfamilienhäuser). Ein solch deutlicher Rückgang der Leerstandquote innert Jahresfrist war letztmalig vor zwanzig Jahren zu beobachten. Insgesamt standen im Vergleich zum Vorjahr 9869 Wohnungen weniger leer, was einer Abnahme von markanten 13,8 % entspricht. Dies geht aus der Leerwohnungszählung des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor. 

Diskussion wird nicht fortgesetzt 

Die Diskussionen des Bundes mit den Sozialpartnern zum Thema Mietrecht werden eingestellt. Darüber informierte das Bundesamt für Wohnungswesen BWO Anfang Oktober. Es wird zu diesem Thema auch nicht wie vorgesehen eine Expertengruppe geben. Die Konsultationen mit den Sozialpartnern des Mietwesens hätten ergeben, «dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Prozesses nicht gegeben sind», schreibt das BWO in einer Medienmitteilung. Der Mieterinnen-und Mieterverband hatte vor den Sommerferien die Teilnahme an einer Expertengruppe des BWO abgelehnt, weil er mit den vorgeschlagenen Fragestellungen und den Teilnahmebedingungen nicht einverstanden war (M+W 4/22).

Hotline

Fabian Gloor beantwortet Ihre Fragen

Seit dreissig Jahren miete ich eine Wohnung in Solothurn. Da kein Kündigungstermin im Vertrag erwähnt ist, habe ich die Wohnung unter Einhaltung der vertraglichen dreimonatigen Kündigungsfrist auf den 30. November 2022 gekündigt. Mein Vermieter stellt sich nun auf den Standpunkt, ich könne erst per 31. März 2023 kündigen. Zu Recht? 

Der Kündigungstermin bestimmt den Tag, an dem das Mietverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist endet. Laut Artikel 266a OR ist für die Bestimmung des Kündigungstermins zunächst die Vereinbarung im Mietvertrag relevant. Haben die Parteien keinen Kündigungstermin vereinbart, so gilt gemäss Artikel 266c OR der Ortsgebrauch. Ob es ortsübliche Termine gibt respektive wann diese sind, können Sie bei der Schlichtungsbehörde Ihres Wohnorts auf unserer Website abrufen. Nur falls es keinen Ortsgebrauch gibt, ist der Kündigungstermin bei Wohn- und Geschäftsräumen am letzten Tag des Monats am Ende einer dreimonatigen Frist. In Ihrem Mietvertrag haben Sie mit dem Vermieter keine Kündigungstermine vereinbart. Folglich sind die ortsüblichen Termine massgeblich. Dies sind in Solothurn der 31. März und der 30. September. Sie können die Wohnung deshalb tatsächlich frühestens auf den 31. März 2023 ordentlich kündigen. Gemäss Artikel 266a OR wird die Kündigung bei Nichteinhaltung von Kündigungsfrist oder -termin erst auf den nächsten Termin wirksam. Das bedeutet, dass Ihre Kündigung zwar gültig bleibt, aber erst auf den 31. März 2023 wirksam wird. Sie müssen Ihre Kündigung deshalb nicht wiederholen. Schneller aus dem Mietvertrag heraus kommen Sie, indem Sie dem Vermieter eine zahlungsfähige und zumutbare Nachmieterschaft präsentieren, die bereit ist, Ihren Mietvertrag zu übernehmen. 


Ich ziehe aus und gebe in ein paar Tagen meine Wohnung ab. Im Antrittsprotokoll habe ich vermerkt, dass der Keller und der Backofen beim Einzug nicht sauber waren. Muss ich jetzt bei der Abgabe diese Einrichtungen geputzt abgeben oder kann ich mir diesen Aufwand sparen? 

An sich wäre es logisch, dass Sie den Keller und den Backofen jetzt nicht putzen müssen. Falls es zum Streit darüber kommt, würde die Schlichtungsbehörde das womöglich auch so sehen und eine entsprechende Einigung vorschlagen. Streng rechtlich haben Sie den Anspruch auf eine vollständig gereinigte Wohnung beim Einzug und die Pflicht zum gründlichen Putzen beim Auszug – allerdings gibt es keinen zwingenden Zusammenhang. Lässt die Sauberkeit beim Einzug zu wünschen übrig, handelt es sich um einen Mangel, und Sie können eine Mietzinsreduktion verlangen oder darauf bestehen, dass der Vermieter nochmals putzen lässt. Beim Auszug müssen Sie auf jeden Fall gründlich putzen, ausser der Mietvertrag sieht etwas anderes vor. Idealerweise hätten Sie sich bei Mietbeginn auf dem Antrittsprotokoll bestätigen lassen, dass Sie den Keller und den Backofen beim Auszug nicht reinigen müssen. Dann wäre die Sachlage klar. Wenn sich Ihr Vermieter fair verhält, besteht er nicht darauf, dass Sie diese reinigen. Tut er das dennoch, und liegt Ihr Einzug nicht mehr als fünf Jahre zurück, so können Sie nach wie vor eine Entschädigung dafür verlangen, dass Keller und Backofen bei Mietbeginn nicht sauber waren. 

Unter der Kuppel

Bild: Parlamentsdienste, 3000 Bern

Vorstosspaket zum Schutz der Mietenden 

Seit letztem Frühling hat der Mieterinnen-und Mieterverband den Bundesrat wiederholt aufgefordert, angesichts der steigenden Energiepreise Massnahmen zur Entlastung der Haushalte zu ergreifen. Der Bundesrat hält dies jedoch nicht für nötig. In der Herbstsession haben Parlamentarier*innen aus National-und Ständerat deshalb ein Paket von sieben Vorstössen zur Stärkung des Mieter*innenschutzes in der Energiekrise eingereicht: 

Gefordert werden unter anderem ein besserer Kündigungsschutz für Mietende, die ihre Nebenkosten nicht bezahlen können, und die Einführung einer Obergrenze für Heiz-und Warmwasserkosten. Ein weiterer Vorstoss fordert vom Bundesrat eine Strategie für die Revision von Heizinstallationen. Durch eine regelmässige Heizungsreinigung könnten bis zu 15 % Energie eingespart werden. 

Eigenmietwert geht zurück an den Absender 

In der vergangenen Herbstsession wurde einmal mehr über eine mögliche Abschaffung des umstrittenen Eigenmietwerts debattiert. Die Maximalvariante der Wirtschaftskommission des Nationalrats (Abschaffung des Eigenmietwerts bei gleichzeitiger Beibehaltung der steuerlichen Abzüge), die der MV scharf kritisiert hatte, ging dem Nationalrat zu weit. Das Geschäft wurde zur Überarbeitung an die Kommission zurückgewiesen, die damit nochmals über die Bücher muss. Für den MV Schweiz ist klar: Laut Bundesverfassung müssen die 2,3 Millionen Miethaushalte und die 1,4 Millionen Eigentümerhaushalte steuerlich gleich belastet werden. Ein Vorschlag, der zu einer massiven Ungleichbehandlung der Mieter*innen gegenüber den Wohneigentümer*innen führt, ist inakzeptabel. 

Vorstoss zu Mietzinskontrollen verschoben 

Zwei für die Herbstsession traktandierte, gleichlautende Vorstösse von Carlo Sommaruga (Ständerat Genf) und Jacqueline Badran (Nationalrätin Zürich) für wirksame Mietzinskontrollen wurden weder vom National-noch vom Ständerat behandelt und auf eine nächste Session verschoben. Die Vorstösse berufen sich auf eine kürzlich erschienene Studie (BASS, 2022), die eine gewaltige Umverteilung im Mietwohnungsmarkt belegt: Aufgrund der zu hohen Renditen haben die Mietenden allein im letzten Jahr 10,5 Milliarden Franken zu viel an Mietzinsen bezahlt. Viele Renditen sind heute höher, als es das Gesetz erlaubt, bis anhin wird dies aber kaum kontrolliert. Der Vorstoss von Badran und Sommaruga fordert die Einführung einer periodischen Revisionspflicht der Renditen auf Mieteinnahmen.