Der perfide Plan 

Nach dem Motto «Erst einfacher rauswerfen, dann die Mieten erhöhen» wollen die Immobilienkreise im Parlament zuerst den Kündigungsschutz aufweichen und dann Mieterhöhungen erleichtern. In der Dezembersession soll es losgehen.

Über mehrere Jahre hinweg haben die Vertreter der Immobilienlobby im Parlament eine ganze Reihe von Vorstössen eingereicht, mit denen sie das Mietrecht angreifen und damit die Rechte der Mietenden schwächen wollen. In der kommenden Dezembersession nun werden die ersten Gesetzesvorlagen vom Nationalrat behandelt. Worum geht es? 

Darum geht es im Einzelnen 

Zur Debatte im Nationalrat stehen drei Gesetzesvorlagen, von denen der Mieterinnen- und Mieterverband zwei bekämpft: die zum Eigenbedarf und die zur Untermiete. 

Die erste Vorlage will konkret, dass beim Eigenbedarf – wenn also ein*e Vermieter*in eine Wohnung für sich selber oder ein Familienmitglied beanspruchen will – nicht mehr nachgewiesen werden muss, dass dieser «dringlich» ist. Im Streitfall würde dadurch die Lebenssituation der Mieter*innen nicht mehr berücksichtigt – auch dann nicht, wenn sie prekär ist. Eine Abwägung würde so immer zugunsten der Vermieterschaft ausfallen. 

Der Eigenbedarf wird bereits heute oft nur als Vorwand geltend gemacht, um vor allem langjährige Mietende loszuwerden und die Wohnung teurer weiterzuvermieten. Würde die Vermieterschaft vom Nachweis der Dringlichkeit des Bedarfs befreit, wie es der Vorstoss will, würde das Risiko von Missbräuchen vervielfacht und die Position der Mietenden zusätzlich geschwächt. 

Die zweite Gesetzesvorlage will das Recht auf Untermiete gegenüber heute stark einschränken. Er will eine Reihe von einseitigen und willkürlichen Gründen einführen, mit denen eine Untervermietung verweigert oder sogar der Mietvertrag der Person gekündigt werden kann, die ihre Wohnung untervermietet. Eine Untervermietung soll beispielsweise dann abgelehnt werden können, wenn sie länger als zwei Jahre dauert. Das ist heutzutage realitätsfremd. 

Zusätzlich sollen Vermieter*innen neu ein ausserordentliches Kündigungsrecht (Frist: 30 Tage) erhalten für den Fall, dass die Mieterschaft bei einer Untervermietung gewisse Formvorschriften nicht einhält. Eine Mieterin könnte damit aus ihrer Wohnung geworfen werden, nur weil sie etwa vergessen hat, eine Änderung im Untermietvertrag mitzuteilen. 

Und darum geht es wirklich 

So viel zu den Einzelheiten. Im Grunde geht es den Initiant*innen um ein übergeordnetes Ziel: Sie wollen eine Aufweichung des Kündigungsschutzes der Mietenden. Nur so nämlich – durch einen einfacheren Rauswurf und eine darauf folgende Neuvermietung – können die Mieten und damit die Renditen substanziell erhöht werden. 

Der Bundesrat hat am 19. Oktober entschieden, dem Parlament zu empfehlen, nicht auf die beiden Vorlagen einzutreten. Das ist bemerkenswert, denn die Landesregierung ist bisher nicht dafür aufgefallen, dass sie sich besonders für die Mietenden eingesetzt hätte (lesen Sie dazu auch den Kommentar von MV-Präsident Sommaruga). 

Sollten National- und Ständerat die beiden Vorlagen trotzdem annehmen, wird der Mieterinnen- und Mieterverband gegen jede einzelne das Referendum ergreifen – das ist leider nötig (siehe Text unten) – und die Rechte der Mietenden gegen die Immobilienlobby verteidigen. Denn diese Gesetzesvorlage ist leider erst der Anfang … 

Mehrere Referenden nötig 
Weil von der Immolobby orchestrierte Parlamentarier*innen bewusst darauf verzichtet haben, die Vorstösse wie üblich zu einer einzigen Gesetzesvorlage zusammenzufassen, muss gegen jede Gesetzesänderung einzeln das Referendum ergriffen werden. Diese Salamitaktik wurde bewusst gewählt, um die Gegenwehr zu erschweren.

Weitere Referenden in Sichtweite 

Nach dem Motto «Erst einfacher rauswerfen, dann die Mieten erhöhen» soll es in einem zweiten Schritt nämlich für Vermieter*innen noch einfacher werden, die Renditen in die Höhe zu treiben. Und die Mieter*innen auf der anderen Seite sollen gleichzeitig noch weniger Möglichkeiten haben, sich gegen missbräuchliche Mieten respektive Renditen zu wehren. Die entsprechenden Vorstösse sind bereits im November in der zuständigen Kommission traktandiert und das Parlament wird sich voraussichtlich 2023 mit ihnen befassen. Die Folge dieser Vorstösse wäre, dass die Mieten in der Schweiz noch stärker ansteigen würden, als sie es heute schon tun. Die nächsten Referenden sind also schon in Sichtweite.

Autorin: Andrea Bauer