Wo ist der Bundesrat?

Die Mietenden werden die gestiegenen Gas- und Erdölpreise zwar erst im nächsten Jahr zu spüren bekommen – der Bundesrat muss aber jetzt schon handeln (Bild: Erdölraffinerieanlage, 123rf)

Die Preise für Heizöl und Gas sind stark angestiegen. Viele Mietende werden massiv draufzahlen müssen. Für Geringverdienende ist es besonders hart: Doch das interessiert den Bundesrat nicht.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Erdölpreise in die Höhe schnellen lassen. Beim Heizöl sind die Preise von 80 Franken pro 100 Liter auf 140 Franken und mehr angestiegen, beim Erdgas beträgt der Anstieg von Anfang Jahr bis Ende April rund 50 Prozent. Das Gute vorweg: Die meisten Mietenden werden diesen Anstieg erst mit der Nebenkostenabrechnung Ende Juni 2023 zu spüren bekommen – viele Tanks werden erst noch mit diesen teuren Brennstoffen gefüllt und der Winter ist vorbei. Das Schlechte aber: Wer in einer alten, unisolierten Wohnung lebt, muss mit sehr happigen Nachforderungen rechnen.

Der Verbrauch in einer Durchschnittswohnung liegt bei 2000 Liter Heizöl pro Saison. Dies führt zu Mehrkosten von 1200 Franken und mehr. Und das auf einen Schlag!
Der Mieterinnen- und Mieterverband hat den Bundesrat bereits im März aufgefordert, Massnahmen zu treffen, damit diese Aufschläge Personen mit einem schmalen Budget nicht noch stärker in Bedrängnis bringen. Konkret fordert er eine Energiezulage für einkommensschwache Haushalte, die an die Prämienverbilligung gekoppelt werden kann. Zugleich sollen die Ergänzungsleistungen (EL) angepasst werden, denn für Menschen mit EL ist die Situation besonders prekär: Sie erhalten über die EL ihre Miete und die Akontozahlungen für die Nebenkosten vergütet. Nachforderungen zu den Nebenkosten dagegen müssen sie selber tragen. Wie aber soll jemand, der auf EL angewiesen ist, so hohe Rechnungen begleichen können?

Die Antwort des Bundesrats auf unsere Eingabe und Vorstösse ist mehr als ernüchternd. Es kamen nichts als Phrasen: «Arbeitsgruppe einsetzen», «Entwicklung beobachten», «vielleicht später handeln». In den Antworten auf die Vorstösse erklärt der Bundesrat des Langen und Breiten, dass die wirtschaftliche Situation in der Schweiz gut sei, und hat dabei die konkreten Probleme vieler Menschen vergessen. Es wäre höchste Zeit zum Handeln: Für eine Änderung bei den Ergänzungsleistungen oder eine Energiezulage braucht es eine Gesetzesrevision – und eine solche ist nicht in wenigen Monaten
durchberaten.

Text: Michael Töngi