Wir bezahlen jährlich 10 Milliarden zu viel Miete

Umverteilung von Mieter*innen zu Vermieter*innen in Millionen Franken.

Im Jahr 2023 bezahlte jede*r Mieter*in durchschnittlich 340 Franken pro Monat zu viel Miete. Für alle Mieter*innen zusammen sind das über 10 Milliarden Franken, die in den Portemonnaies fehlen. Das Schweizer Mietrecht wie auch die Rechtsprechung des Bundesgerichts würden dies eigentlich verbieten. Mieter*innen können sich heute aber praktisch nicht wehren. Mit ständig steigenden Krankenkassenprämien, steigenden Energiekosten und der allgemeinen Teuerung sind die Mieten für viele kaum mehr zu stemmen.

Die Schweiz ist ein Land von Mieter*innen. Das hat Folgen. Der Mietwohnungsmarkt wird gerne als der grösste Markt der Schweiz bezeichnet. Rund 2,4 Millionen Wohnungen werden vermietet und jährlich fliessen 42 Milliarden Franken von den Mieter*innen zu den Vermieter*innen. Die Mietpreise sind in den letzten 20 Jahren regelrecht explodiert und ein Ende ist nicht abzusehen. Im Quartalsbericht der Raiffeisenbank heisst es dazu lapidar: «Die Mietpreisdynamik beschleunigt sich weiter.» Auf der Suche nach Ursachen und Treibern wird schnell klar: In laufenden Mietverhältnissen gibt es einen Schutz vor willkürlich steigenden Mieten. Die grossen Sprünge gibt es bei Wechseln der Mieterschaft. Schnell steigen die Mieten um mehrere Hundert Franken. Oft auch illegal − denn es gibt weder eine Überprüfung der Mietzinse noch ein griffiges Instrument für Mieter*innen, um sich zur Wehr zu setzen.

Unerlaubte Renditen – viel zu hohe Mieten

Eigentlich schreibt das Mietrecht die Kostenmiete vor. Das bedeutet, dass die Vermieter*innen mit den Einnahmen aus der Vermietung ihre Kosten decken und eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals erzielen dürfen. Was angemessen ist, hat das Bundesgericht festgelegt. Grob gesagt darf die Rendite heute den Referenzzinssatz um 2 % übersteigen. Damit wäre aktuell eine Rendite von 3,75 % auf dem investierten Kapital legal. Das Problem ist, dass diese Regeln in der Praxis schlicht ignoriert werden. Dies vor allem deshalb, weil es keinen Mechanismus gibt, die Mietzinse systematisch zu überprüfen und wenn nötig zu senken.

360 Franken im Monat oder 4350 Franken im Jahr zu viel

Das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS) hat in einer Studie die Mietzinsentwicklung der letzten knapp 20 Jahre genau untersucht. Mit Ausnahme der letzten Jahre war diese Zeit geprägt von einer ausserordentlichen Tiefzinsphase mit stetig sinkenden Referenzzinssätzen. In der Theorie hätten die Mieten also ebenfalls sinken müssen. Tatsächlich sind sie aber um 25 Prozent gestiegen. Die sogenannten Nettorenditen auf Mietwohnungen lagen mit durchschnittlich 6,2 Prozent deutlich höher als zulässig. In Einzelfällen liegen die Renditen sogar im zweistelligen Bereich. Die Leidtragenden sind die Mieter*innen. Im Jahr 2023 zahlten sie durchschnittlich 360 Franken zu viel – jeden Monat. Pro Jahr sind das 4320 Franken. Für alle 2,4 Millionen vermieteten Wohnungen bezahlen wir 10 Milliarden Franken zu viel Miete pro Jahr. Seit 2005 sind so über 100 Milliarden Franken zu viel aus den Taschen der Mieter*innen zu den Vermieter*innen geflossen. Teuerung, steigende Energiekosten und Krankenkassenprämien haben das Leben ständig teurer gemacht. Die Mieter*innen hätten dieses Geld gut gebrauchen können.

Text: Lorenz Keller