In der Schweiz leben etwa tausend Spinnenarten. Das trockene Klima unserer Wohnungen mögen aber nur die wenigsten von ihnen. Ein Überblick.
Auch wenn viele von uns den achtbeinigen Seiltänzerinnen mit Ekel oder Abscheu begegnen – Spinnen sind ein wichtiger Teil unseres Ökosystems. Zusammen mit den Skorpionen, den Milben und den Weberknechten bilden sie die Klasse der Spinnentiere. Sie haben sich an fast jeden Lebensraum der Erde angepasst – den Urwald, die Wüste oder die Berge. Ja, sogar unter Wasser hat sich eine Art angesiedelt: die Wasserspinne (Argyroneta aquatica). Da erstaunt es nicht, dass sich einige Arten
auch in unseren Häusern wohl fühlen. Die Spinne im Haus verringert die Anzahl der unliebsamen Fliegen und Mücken, denn wo immer sie sich niederlässt, tut sie dies, um zu fressen. Pro Jahr vertilgen die kleinen Tierchen weltweit über 400 Millionen Tonnen Insekten.
Nur wenige leben drinnen
Von den rund tausend in der Schweiz heimischen Spinnenarten gibt es allerdings nur sehr wenige, die langfristig im trockenen Klima von geheizten Wohnungen überleben können. Die Kugelspinne (Steatoda bipunctata) ist eine Ausnahme: Sie quartiert sich oft direkt unter Heizkörpern ein.
Viele der in Häusern lebenden Spinnen stammen ursprünglich aus wärmeren Regionen. Ihnen ist es draussen im Winter schlicht zu kalt. Ein klassisches Beispiel ist die Grosse Zitterspinne (Pholcus phalangioides).
Ursprünglich aus den asiatischen Subtropen eingewandert, hat diese langbeinige Spinne ganz Europa erobert. Mit ihren langen, dünnen Gliedmassen und dem kleinen Körper wird sie oft mit Weberknechten verwechselt. Die Zitterspinne ist trotz ihrer Zierlichkeit eine gefürchtete Jägerin und macht sogar Jagd auf viel grössere Spinnen, wie zum Beispiel die Hauswinkelspinne, oft auch einfach als Hausspinne bezeichnet. Von ihr gibt es zwei Arten: die grössere Eratigena atrica und die kleinere Tegenaria domestica. Sie kommen bei uns auch im Freien vor. Da sie gerne kühle Nischen und Höhlen haben, bieten ihnen insbesondere unsere Keller ein ideales Umfeld. Die Hausspinnen gehören zu den Trichterspinnen. Sie bauen grosse, dichte Netzteppiche in Zimmerwinkeln. Diese Netzteppiche haben immer irgendwo einen Ausgang in Form eines Trichters, daher der Name. Bei den dunkelbraunen, haarigen Spinnen, die wir häufig im Spülbecken oder in der Badewanne finden, handelt es sich meist um Hausspinnenmännchen, die auf der Suche nach einer Partnerin abgerutscht sind.
Spucken als Waffe
Spannend, aber oft übersehen ist die Speispinne (Scytodes thoracica), die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt. Diese kleine, nachtaktive Spinne schleicht durch unsere Häuser und jagt ihre Beute auf wunderliche Weise: Sie pirscht sich an eine Fliege heran, spuckt dann klebrige Fäden auf das Insekt und fesselt es so an den Boden. Dieses Schauspiel lässt sich beobachten, wenn man eine Speispinne zusammen mit einer Fliege in ein Glas sperrt.
Die Kräuseljagdspinne (Zoropsis spinnimana, linke Seite oben) ist erst vor kurzem ebenfalls aus dem Mittelmeerraum eingewandert. Sie baut kein Netz, sondern versteckt sich tagsüber in einer dunklen Spalte, einem Ersatz für das Baumrindenversteck, welches sie in freier Natur bevorzugt. Nachts geht sie auf die Jagd. Die Kräuseljagdspinne ist eine der wenigen Spinnen in der Schweiz, deren Biss stark genug ist, um die menschliche Haut zu durchdringen. Das Gift ist für den Menschen nicht lebensbedrohlich, kann aber Irritationen und Schwellungen verursachen, vergleichbar mit einem Wespenstich. Zu solchen Bissen kommt es aber nur, wenn wir die Spinne in die Enge drängen. Das kann beispielsweise beim Anziehen von Schuhen oder Kleidern der Fall sein, die sich die Kräuseljagdspinne als Versteck ausgesucht hat. Wie alle bei uns vorkommenden Spinnen geht sie uns aber möglichst aus dem Weg.
Lärmender Albtraum Mensch
Das am meisten ausgeprägte Sinnesorgan der Spinne sind die mit Nerven versetzten Haare, mit denen ihre Beine überzogen sind. Damit kann sie die kleinsten Vibrationen, Druck- und Temperaturveränderungen wahrnehmen. Der Mensch mit seinem ständig schlagenden Herzen und seiner Atmung ist darum sogar schlafend noch ein lärmender Albtraum für jede Spinne – womit hier auch der Mythos, dass Spinnen in der Nacht in unsere Münder krabbeln, entkräftet wäre.
Neben den ganzjährig anwesenden achtbeinigen Mitbewohnerinnen gibt es einige, die nur saisonal zu Gast sind. Gerade im Sommer, wenn die Fenster geöffnet sind, schlüpfen Springspinnen, die an der Aussenwand jagen, gerne in die kühle Stube. Auch wenn das Licht am Abend Insekten anzieht, sind die Spinnen oft nicht weit. Jedoch verlassen sie unser Haus schnell wieder. Im Herbst sind viele Spinnenmännchen auf Brautschau und lassen auf ihrer Suche nach einer Partnerin keinen Winkel aus, auch nicht unsere Häuser. Auch sie ziehen aber weiter, sofern sie den Weg nach draussen wieder finden.
Lavendel und Minze mögen sie nicht
Wer keine Spinnen im Haus möchte, sollte sie in erster Linie am Eindringen hindern. Fliegengitter vor den Fenstern und kurzes Stosslüften statt des Kippfensters können hilfreich sein. Hat sich eine Spinne angesiedelt, fängt man sie am besten mit einem Glas ein, indem man ein Stück Karton unter Glas und Spinne schiebt, sie so nach draussen befördert und mit genügend Distanz zum Haus wieder freilässt. Auch wenn man ihr Netz wiederholt zerstört, verleidet es der Weberin oft nach einer Weile, und sie sucht sich ein neues Plätzchen. Der Einsatz des Staubsaugers ist dagegen zu vermeiden, da die Spinne durch das Einsaugen oft stark verletzt wird und dann langsam und qualvoll verendet. Auch von den meisten Spinnensprays ist abzuraten. Die chemischen Inhaltsstoffe können nicht nur für Spinnen schädlich sein, sondern auch für uns und unsere Haustiere. Alternativ kann man sich mit Duftstoffen wie Minze oder Lavendel und Wasser einen eigenen Spray herstellen. Spinnen können nämlich auch riechen, und offenbar mögen sie nicht dieselben Gerüche wie wir.