Für Menschen mit kleinem Budget ist das Energiesparen längst Alltag, wie eine Studie des Bundes zeigt. Sie brauchen jetzt finanzielle Unterstützung.
In diesen Tagen startet der Bund seine schweizweite Energiesparkampagne. Der MV hat bereits im März eine solche gefordert und unterstützt die Massnahmen des Bundes (so bedenklich es im Grunde ist, dass es dafür eines Kriegs und einer daraus resultierenden Energieknappheit bedurfte). Tun wir also, was wir schon längst hätten tun sollen: Sparen wir Energie, wo wir können!
Potenzial ausgeschöpft
Doch das mit dem Können ist so eine Sache. Manche Menschen können kaum noch mehr Energie sparen, sie haben das Potenzial schon ausgeschöpft. Wenn man nämlich jeden Franken zweimal umdrehen muss, bevor man ihn ausgibt, und die Heizkosten einen massgeblichen Anteil an den fixen Ausgaben ausmachen, wird das Energiesparen zum Dauerthema im Alltag.
Das zeigt eine Studie der Bundesämter für Wohnungswesen (BWO) und Energie (BFE) aus dem Jahr 2019, die den Zusammenhang zwischen Einkommens- und Energiearmut untersuchte. Die Autor*innen stellten fest, dass Bevölkerungsgruppen mit tiefen Einkommen im Alltag über besondere Praxen verfügen, um die Energiekosten tief zu halten: dass etwa einzelne Zimmer nicht beheizt werden oder der Fernseher auch als Lichtquelle verwendet wird. Insgesamt würden sie aber «nur über beschränkte Handlungsmöglichkeiten [verfügen], ihre Energiekosten effektiv zu reduzieren». Zum Ausgleich wird vor allem beim Grundbedarf gespart, also bei Essen, Kleiderausgaben oder im Bereich der Freizeit und Mobilität.
Ungleiche Voraussetzungen
Die Studie zeigt aber auch, dass bereits die Grundvoraussetzungen ungleich sind: So wohnen Menschen mit tiefen Einkommen meist in günstigen, unsanierten Liegenschaften und profitieren deshalb viel seltener von erneuerbaren Energien und Energiesparmassnahmen als Menschen mit höherem Einkommen. Entsprechend sind sie besonders häufig von ungenügenden Infrastrukturen, nicht beeinflussbaren Energiekosten und deren finanziellen Folgen betroffen. Aus all den genannten Gründen dürften sich Menschen mit kleinem Budget gegenwärtig wohl eher vor den steigenden Energiekosten fürchten als vor der Energieknappheit. Denn im Gegensatz zu denen, die ihren Energiekonsum jetzt einfach ein wenig hinunterfahren, haben sie diese Möglichkeit schon ausgeschöpft. Was ihnen jetzt helfen würde, ist finanzielle Unterstützung, wie sie der Mieterinnen- und Mieterverband ebenfalls im März und erneut Mitte August gefordert hat. Der Bundesrat macht jedoch bis jetzt keine Anstalten, in dieser Sache etwas zu unternehmen. In seiner Antwort auf zwei Vorstösse, die dasselbe fordern, befand er Mitte August, er sehe «keinen Bedarf für dringende Massnahmen».
Text: Andrea Bauer