Sie wollen die uneingeschränkte Rendite

Die Mieten sind auch letztes Jahr angestiegen. Den Immobilienkreisen reicht das aber noch nicht.

Die Mieten sind auch 2020 gestiegen, das zeigen gleich zwei unterschiedliche Indizes. Einerseits der Anfang Januar vom Bund publizierte Mietpreisindex (+ 0,9 %), der Mieten aus langjährigen Verträgen sowie Angebotsmieten einbezieht. Anderseits der Swiss Real Estate Offer Index (+ 1,1 %), der nur die Angebotsmieten berücksichtigt, also die Mieten, zu denen Wohnungen aktuell auf dem Wohnungsmarkt angeboten werden.

Das geht nun schon seit Jahren so. Gemäss dem genannten Mietpreisindex sind die Mieten in den letzten fünfzehn Jahren um fast 20 Prozent angestiegen. In der gleichen Zeit bewegte sich die allgemeine Teuerung unter 5 Prozent und auch die Löhne stiegen kaum an. Und der Referenzzinssatz, an dem sich die gesetzlich zuläs­sigen Maximalmieten orientieren, ist seit 2008 sage und schreibe neun Mal gesunken – von 3,5 auf 1,25 Prozent.

Deckelung wird nicht kontrolliert

Das Problem ist: Immobilien sind einer der wenigen Orte, wo heute noch Rendite gemacht werden kann. Deshalb drängen seit einigen Jahren immer mehr Anleger – Ver­sicherer, Pensionskassen, Immobilienfonds, Banken – in den Markt und pressen die maximale Rendite aus den Wohnungen. Um die Mietenden zumindest ein wenig zu schützen, kennt das aktuelle Mietrecht eine Deckelung der Rendite: Die Miete darf nur so hoch sein wie die effektiven Kosten plus eine festgelegte Rendite – bis vor kurzem lag diese 0,5 Prozentpunkte über dem gültigen Referenzzinssatz (mehr dazu weiter unten). 

Das ist nett, nur: Diese Deckelung wird leider nicht kontrolliert. Erst wenn ich als Mieterin eine mutmasslich missbräuchliche Miete anfechte, schaut jemand hin – eine Schlichtungsstelle oder ein Gericht. In vielen solchen Fällen erhalten die Mietenden Recht, sprich: Geld zurück und eine tiefere Miete. Bloss wehren sich nur wenige Mietende gegen zu hohe Mieten. Denn erstens ist eine Klage nur in speziellen Fällen möglich: dreissig Tage nach Bezug einer neuen Wohnung, bei einer Mietzinserhöhung oder wenn der Referenzzinssatz fällt. Das muss man erst einmal wissen. Zweitens legen sich Mietende verständlicherweise nur ungern mit der Vermieterschaft an, zumal wenn sie erst grad eingezogen sind. Und schliesslich haben wir uns schlicht und einfach an die hohen Mieten gewöhnt. 900 Franken für eine 3-Zimmer-Genossenschaftswohnung erscheinen uns krass wenig, dabei sind es vielmehr die 2500 Franken Miete für die nicht-genossenschaftliche 3-Zimmer-Wohnung, die völlig überrissen sind.

So kommt es, dass viele Mieten nie überprüft werden und eigentlich illegal hoch sind. Dass Renditen von 3 oder 4 Prozent heutzutage völlig normal sind, geben sogar Experten zu. Die Immobilienplattform Crowdhouse wirbt auf ihrer Website gar mit Renditen von bis zu 7 Prozent.

Immobilienkreise wollen Marktmiete 

Den Immobilienkreisen reicht dies aber noch nicht. Sie wollen noch mehr Rendite. Die Beschränkung im Mietrecht ist ihnen darum ein Dorn im Auge. Sie wollen Marktmieten und damit freie Hand. Mit einer Reihe von Vorstössen im Parlament haben sie in den letzten Jahren das Mietrecht gezielt angegriffen, sodass jetzt eine Revision ansteht. Bei dieser geht es insbesondere darum, die Anfechtung des Anfangsmietzinses zu erschweren. Ursprünglich wurde auch eine Erhöhung der zulässigen Rendite um 2 Prozentpunkte gefordert, der ent­sprechende Vorstoss wurde im Dezember vom Parlament aber abgelehnt. Das störte die Immobilienvertreter allerdings nicht im Geringsten, denn das Bundesgericht hatte ihnen bereits Ende Oktober ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk gemacht. In einem Leiturteil hatte es bekannt gegeben, künftig Renditen zuzulassen, die genau um diese 2 Prozentpunkte höher sind als die bisher erlaubten. Ein Teil der vor kurzem noch missbräuchlichen Mieten werden dadurch legalisiert. Fragt sich nur, wie lange es dabei bleibt, denn die Renditegier auf dem Immobilienmarkt ist grenzenlos.