Regeln für Airbnb & Co.

Wo vorher Wohnraum für Einheimische war, ist jetzt der Umbau zu Longstay-Apartments im Gang: Baustelle an der Luzerner Theaterstrasse 13. Foto: Mario Stübi

Der MV Luzern will eine Obergrenze von 90 Tagen pro Jahr für Vermietungen über Plattformen wie Airbnb.

Barcelona, Amsterdam und andere für City-Trips beliebte Destinationen kennen es zur Genüge, in den letzten Jahren ist das Problem aber auch für unsere touristischen Hotspots zum Ärgernis geworden: Eigentümer*innen kündigen all ihren – teils langjährigen – Mietenden, lassen ihre Liegenschaften in kleinere Wohneinheiten umbauen (ein bis zwei Zimmer mit Küche oder Kochnische, komplett möbliert) und bieten diese dann als Longstay-Apartments (etwa für Geschäftsreisende) oder als Unterkunft für Individualtourist*innen auf Plattformen wie Airbnb an. Die Bewirtschaftung übernimmt meist eine darauf spezialisierte Firma. Das Business lohnt sich – massiv. Denn auf diese Weise wird der Wohnraum viel lukrativer, als wenn er der lokalen Bevölkerung in einem unbefristeten Mietverhältnis zur Verfügung gestellt würde.

Reagieren, bevor es zu spät ist

Die Stadt Luzern gehört zu den Schweizer Tourismusorten, die stark von diesem Wandel betroffen sind: Hier wird trotz der aktuellen Krise des internationalen Tourismus und der Baisse bei den Geschäftsreisen seit Jahren kräftig umgebaut. Der Mieterinnen- und Mieterverband Luzern NW OW UR will darum handeln, bevor es so weit kommt wie in Berlin, wo das Geräusch von Rollkoffern bei den Einheimischen Abwehrreflexe hervorruft und «Tourist go home»-Graffiti die Wände zieren. Luzern ist eine weltoffene Stadt, in der der Tourismus einen hohen wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Stellenwert hat. Aber angesichts der fortschreitenden Kommerzialisierung von Vermietungsplattformen und der damit einhergehenden Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum braucht es schnellstmöglich eine Regulierung. Deshalb hat eine Allianz aus MV, Casafair, SP und JUSO im August rund 1500 Unterschriften für die Volksinitiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» bei der Stadt Luzern eingereicht. Sie verlangt, dass Wohnungen nur noch maximal 90 Tage pro Jahr an Tourist*innen oder Geschäftsreisende vermietet werden dürfen. So soll wieder mehr Wohnraum für langfristige Vermietungen frei werden. Trotz spezieller Herausforderungen aufgrund der Pandemie verlief die Sammlung äusserst positiv: Die Erwähnung der Schlagworte «bezahlbarer Wohnraum» und «Airbnb» reichten meist schon aus, um die Menschen von einer Unterzeichnung des Anliegens zu überzeugen.

Wenig und uneinheitliche Regulierung

Das schweizerische Mietrecht kennt bis heute keine einheitliche Regulierung von Vermietungs-Plattformen. Verschiedene betroffene Städte haben jedoch eigene Initiativen ergriffen. So braucht man in Basel eine Baubewilligung, wenn man Wohnraum gewerblich nutzen will, und Genf schreibt eine zeitliche Obergrenze von 90 Tagen für die Kurzzeitvermietung vor. In Interlaken beschloss der Gemeinderat letzten Winter einen Erstwohnungsanteil für das Stadtzentrum sowie eine Mindestaufenthaltsdauer von drei aufeinanderfolgenden Tagen für das Wohngebiet. In Bern können die Stimmberechtigten nächstes Jahr über ein teilweises Verbot von gewerbsmässigen Airbnb- Angeboten, Business-Apartments und Ferienwohnungen in der historischen Altstadt befinden.

Warum es Regulierungen braucht

Durch Airbnb, Business Apartments und andere Formen der kommerzialisierten sogenannten Sharing Economy wurde in Luzern bis zum Jahr 2019 der Wohnraum von über 750 Personen vernichtet. Die Wohnungen werden zweckentfremdet und fehlen den Menschen, die hier leben wollen. Zusätzlich kassieren die Anbieter oft fünfmal höhere Preise als bei regulär genutzten Wohnungen.
Die Leidtragenden dieser Praxis sind die Bewohner*innen der Stadt Luzern. Sie bezahlen höhere Mieten und verlieren den Zugang zu Wohnungen an attraktiven Wohnlagen. Auch werden Nachbarschaftsverhältnisse zerstört, da durch die Kurzzeitvermietungen in vielen Häusern täglich die Mieter*innen wechseln. Wohnraum ist ein knappes Gut, deshalb macht es auch Sinn, ihn möglichst effizient zu nutzen. Es ist dringend notwendig, dass die Bevölkerung nun Leitplanken setzt. Die Initiative will Sharing Economy nicht komplett verbieten. Wer ein Zimmer zu viel hat oder drei Monate im Ausland verbringt, soll seine Wohnung weiterhin untervermieten können. Beim Grundgedanken der Sharing Economy steht aber das Teilen und nicht die Profitmaximierung im Vordergrund. Voraussichtlich im Sommer 2022 wird das Volksbegehren im Stadtparlament beraten, noch im gleichen Jahr wird die Volksabstimmung stattfinden.

Text: Mario Stübi, Präsident des MV Luzern NW OW UR