Der Referenzzinssatz ist angestiegen, es kann sein, dass Sie eine Mietzinserhöhung erhalten. Überprüfen Sie, ob die Erhöhung nachvollziehbar ist. Wenn nicht, fechten Sie sie innert 30 Tagen an.
Am 1. Juni hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) bekannt gegeben, dass der Referenzzinssatz um ein Viertelprozent von 1,25 auf 1,5 Prozent angestiegen ist.
Dieser Anstieg war absehbar: Schon seit längerem steigen die Hypothekarzinsen, und es war nur noch eine Frage der Zeit, dass auch der Referenzzinssatz nachziehen würde, der den Durchschnitt aller vergebenen Hypotheken abbildet.
Nicht alle Erhöhungen sind rechtens
Da die Mieten in der Schweiz an den Referenzzinssatz gekoppelt sind, können sie grundsätzlich erhöht werden, wenn dieser steigt. Die Vermieterschaft darf die Miete aber nicht beliebig erhöhen. Sie ist an klare gesetzliche Regeln gebunden. Generell gilt: Pro Erhöhung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte kann die Miete um 3 Prozent erhöht werden. Aber Achtung! Dies gilt nur, sofern der Mietzins zuvor jeweils auch reduziert wurde, wenn der Referenzzinssatz sank. Aktuell ist eine Mietzins- erhöhung also nur dann gerechtfertigt, wenn der Mietzins auf einem Referenzzinssatz von höchstens 1,25 Prozent beruht.
Zusätzlich zur Anpassung an den Referenzzinssatz kann die Miete auch an die Teuerung und an gestiegene Unterhaltskosten angepasst werden. Vermieter*innen, die nun wegen des gestiegenen Referenzzinssatzes die Miete erhöhen, können dies zum Anlass nehmen, weitere Anpassungen zu machen. Aber auch hier gilt: Es darf nicht beliebig erhöht werden. Die Teuerung etwa darf nur zu 40 Pro- zent auf die Mieten überwälzt werden.
Schnell handeln!
Leider gibt es noch keine Instanz, die überprüft, ob eine Mietzinserhöhung rechtens ist oder nicht. Die Mietenden müssen selber aktiv werden – und zwar schnell. Wer eine Mietzinserhöhung anfechten will, muss dies innert 30 Tagen nach Erhalt tun, sonst gibt es am Mietzins nichts mehr zu rütteln, selbst wenn er missbräuchlich ist. Holen Sie also eingeschriebene Briefe rasch ab und handeln Sie umgehend, wenn Sie eine Mietzinserhöhung erhalten haben.
1. Überprüfen Sie mithilfe unseres Mietzinsrechners, ob die Erhöhung nachvollziehbar ist
Der Mieterinnen- und Mieterverband hat einen eigenen Mietzinsrechner entwickelt. Dieser rechnet aufgrund Ihrer Eingaben und den Faktoren Teuerung, Referenzzinssatz und/oder allgemeine Kostensteigerung die zulässige Veränderung Ihres Mietzinses aus und macht eine automatisierte Ein- schätzung dazu, ob Ihre Mietzinsveränderung in einem akzeptablen Bereich liegt oder nicht. Das Resultat erhalten Sie umgehend per E-Mail. Wenn Sie wollen, wird anschliessend ein personalisiertes Anfechtungsschreiben an die zuständige Schlichtungsbehörde für Sie erstellt.
Hier finden Sie unseren Mietzinsrechner: www.mieterverband.ch/mietzinsrechner
2. Fechten Sie die Mietzinserhöhung an, wenn sie nicht nachvollziehbar ist
Ist Ihre Mietzinserhöhung nicht nachvollziehbar, müssen Sie innert 30 Tagen reagieren und bei Ihrer zuständigen Schlichtungsbehörde eine Anfechtung einreichen. Danach setzt die Schlichtungsbehörde einen Termin fest, an dem die Sachlage mit Ihnen und Ihrer Vermieterschaft geklärt und eine Lösung gesucht wird. Dieses Verfahren ist kostenlos. Ziel der Schlichtung ist es, sich zu einigen, bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Die Schlichtungsbehörde ist eine unabhängige und paritätische Instanz und besteht aus drei Mitgliedern, darunter eine Vertretung des Mieterinnen- und Mieterverbands. Eine Anfechtung bei der Schlichtungsbehörde kann ohne Kostenfolgen jederzeit zurückgezogen werden.
Überprüfen Sie die Formalitäten
Damit eine Mietzinserhöhung gültig ist, müssen einige Formalitäten eingehalten werden. Sie muss grundsätzlich auf einem amtlichen Formular mitgeteilt werden, auf dem insbesondere eine Begründung für die Erhöhung steht. Auch darf sie erst auf den nächsten Kündigungstermin erfolgen und die vertragliche Kündigungsfrist ist einzuhalten. Die Mitteilung über die Mietzinserhöhung muss mindestens zehn Tage vor Beginn der ordentlichen Kündigungsfrist eintreffen.
Die genannten Kriterien sind für Ungeübte zum Teil schwer zu überprüfen. Bei Zweifeln sollte man sich deshalb unbedingt vom MV beraten lassen oder die Mietzinserhöhung trotzdem anfechten. Die Vermieterschaft kann eine ungültige Mietzinserhöhung korrekt – falls die Bedingungen dafür an sich gegeben sind – wiederholen, allerdings erst auf den nächsten Kündigungstermin hin.
Der Referenzzinssatz ist der Durchschnittssatz, mit dem in der Schweiz Hypotheken auf Liegenschaften verzinst werden. Der Wert wird jeweils auf Viertelprozente gerundet. Er wird seit 2008 vierteljährlich vom Bundesamt für Wohnungswesen bekannt gegeben. Der Referenzzinssatz ist relevant für die Mietzinsgestaltung. Steigt er, darf die Vermieterschaft die Mieten erhöhen, sinkt er, haben die Mietenden im Gegenzug das Anrecht auf eine Senkung der Mieten. Seit seiner Einführung 2008 ist der Referenzzinssatz von 3,5 auf 1,25 Prozent neunmal gesunken. Wegen der aktuell steigenden Hypothekarzinsen ist er am 1. Juni zum ersten Mal überhaupt angestiegen.