Editorial

Andrea Bauer
Verantwortliche Redaktorin «Mieten + Wohnen»

Welchen Anteil Ihres Einkommens geben Sie für die Miete aus – 20 Prozent, oder 30? Je nachdem, wie hoch Ihr Einkommen ist, könnte der Anteil sogar bei über 40 Prozent liegen. Die Wohnkosten sind für die meisten Menschen in der Schweiz der mit Abstand grösste fixe Budgetposten. Ein Grund dafür ist, dass viele Mietzinse höher sind, als das Gesetz es erlaubt. Das zeigt eine aktuelle Studie des Mieterinnen- und Mieterverbands, die wir für Sie zusammengefasst haben. Im letzten Jahr summierten sich die zu viel bezahlten Mietzinse auf über 10 Milliarden Franken. Dieses Geld fliesst zu Unrecht von den Taschen der Mieter*innen in die Taschen der Vermieter*innen. Zu Unrecht deshalb, weil unser Mietrecht eine Begrenzung der Rendite vorsieht, die letztere mit ihren Wohnungen erzielen dürfen. Weil aber diese Begrenzung von niemandem kontrolliert wird, wird sie auch nicht eingehalten. Die Folge davon: Die Mieten sind viel höher, als es das Gesetz erlaubt, und sie steigen stetig weiter. Der MV fordert darum dringend die Einführung einer Kontrolle der Renditen. Es darf nicht sein, dass unser Mietrecht – und unsere Verfassung –, welche die Mietenden vor überrissenen Mieten schützen sollten, derart missachtet werden.

Das Geld, das die Mietenden zu viel für ihre Mieten zahlen, fehlt ihnen anderswo. Zum Beispiel in der Altersvorsorge: Wenn mit der Pensionierung plötzlich das Einkommen sinkt, fallen die Wohnkosten noch mehr ins Gewicht als vorher. Und wer während des Arbeitslebens kein grosses Vermögen aufbauen konnte oder geerbt hat, kommt allein mit der Rente bald einmal nicht mehr über die Runden. Die Belastung ist jedoch sehr unterschiedlich gross, wie in einer kürzlich erschienenen Publikation nachzulesen ist: Während vor allem alleinstehende Rentner*innen über 40 Prozent für die Miete ausgeben, sind es bei Ehepaaren mit hohem Einkommen im Schnitt nur 10 Prozent. Wir haben mit der Co-Autorin Nora Meuli über ihr Buch «Ungleichheit im Alter» gesprochen.