Weil sie aus der Zahlenjonglage nicht schlau werden, vertrauen viele Mietende blindlings auf die Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung. Dabei ist die Kontrolle im Normalfall keine grosse Sache.
«In der Beilage erhalten Sie die Heiz- und Betriebskostenabrechnung für die Periode vom 1.5.2020 bis 30.4.2021. Bitte überweisen Sie den Betrag von Fr. 1200 innert Monatsfrist auf mein Konto» – Miriam Frutiger reibt sich die Augen. Abermals überfliegt sie das Schreiben ihres Vermieters, doch sie hat richtig gelesen. Mit einer Nachforderung hatte Frutiger eigentlich gerechnet, musste sie doch bereits letztes Jahr einen namhaften Betrag nachzahlen. Wie sich die Nebenkosten in diesem Jahr aber fast verdoppeln konnten, ist ihr schleierhaft. Da muss ihrem Vermieter ein Fehler unterlaufen sein …
Nebenkosten im Mietvertrag erwähnt?
Frutiger nimmt die Nebenkostenabrechnung genauer unter die Lupe. In einem ersten Schritt überprüft sie, ob alle in Rechnung gestellten Kostenpositionen auch ausdrücklich im Mietvertrag erwähnt sind. Die einzelnen Nebenkostenpositionen müssen dort grundsätzlich aufgelistet und möglichst präzise respektive detailliert bezeichnet werden, sodass für die Mieterschaft klar ist, welche Kosten sie zusätzlich zur Nettomiete bezahlen muss. Sind im Mietvertrag keine Nebenkostenpositionen angegeben, kann sie davon ausgehen, dass sämtliche beim Vermieter anfallenden Nebenkosten bereits durch den Nettomietzins abgedeckt sind. Steht im Mietvertrag beispielsweise «Heizkosten- und übrige Betriebskosten», schuldet die Mieterschaft nur die Heizkosten. Die Formulierung «übrige Betriebskosten» ist zu ungenau. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Sind die Heizkosten im Mietvertrag erwähnt, so dürfen gemäss Art. 5 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) ohne besondere Erwähnung nebst den Energiekosten auch die Heiznebenkosten wie Brenner- und Boilerservice, Pumpenstrom, Kaminfeger, Tankrevision und die Messung des Wärmeverbrauchs in Rechnung gestellt werden.
Nur Betriebskosten sind Nebenkosten
In einem zweiten Schritt überprüft Frutiger, ob die in Rechnung gestellten Nebenkostenpositionen plausibel sind. Als Nebenkosten zulässig sind nur sogenannte Betriebskosten, die gemäss Art. 257b OR «mit dem Gebrauch der Mietsache zusammenhängen». Daraus kann man folgende Faustregel ableiten: Kosten, die auch in einem leer stehenden Gebäude anfallen, sind keine Nebenkosten. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Meteorwassergebühr. Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die für die Einleitung des Regenwassers in die Kanalisation von der Gemeinde erhoben wird. Sie fällt auch bei einem leer stehenden Gebäude an und hängt somit nicht mit dem Gebrauch der Mietsache zusammen. Der Vermieter muss sie also selbst übernehmen. Von den nebenkostenfähigen Betriebskosten zu unterscheiden sind die Unterhaltskosten. Dieser Unterschied ist wichtig, weil die Vermieterschaft von Gesetzes wegen zum Unterhalt des Mietobjekts verpflichtet ist (Art. 256 OR). Die Unterhaltspflicht kann nicht vertraglich auf die Mieterschaft überbunden werden. Klauseln im Mietvertrag, welche Unterhaltskosten über die Nebenkosten auf die Mieterschaft abwälzen, sind deshalb ungültig. Unterhaltskosten, die nichts auf der Nebenkostenabrechnung zu suchen haben, sind etwa Reparaturkosten oder die Kosten für einen neuen Rasenmäher. Um die Nebenkostenabrechnung zu kontrollieren, hat Frutiger das Recht, Einblick in die Belege zu nehmen. Dabei kann der Vermieter grundsätzlich verlangen, dass sie dafür an seinen Wohn- oder Geschäftssitz kommt. Dies gilt aber nur, wenn sich dieser Ort in der Nähe des Wohnorts der Mieterschaft befindet.
Wechsel der Hauswartung
Beim Vergleich der diesjährigen Abrechnung mit derjenigen vom letzten Jahr bemerkt Frutiger, dass die Kosten für die Hauswartung massiv gestiegen sind. Bisher bezahlte sie für den Hauswart jährlich rund 600 Franken, dieses Jahr sollen es plötzlich 1500 Franken sein. Am Telefon erklärt ihr der Vermieter lapidar: «Herr Hunkeler, unser langjähriger Hauswart, wurde pensioniert. Daraufhin mussten wir für die Hauswartung eine externe Facility- Management-Firma engagieren.» Diese sei halt teurer. Das hört Frutiger zum ersten Mal. Muss sie sich das bieten lassen? – Nein, denn der Vermieter hat etwas vergessen: Wechselt nämlich die Hauswartung und führt dieser Wechsel für die Mieterschaft zu deutlich höheren Kosten, handelt es sich um eine einseitige Vertragsänderung. Diese hätte der Vermieter Frutiger unter Einhaltung der Kündigungsfrist auf einen Kündigungstermin hin und auf einem amtlichen Formular ankündigen müssen. Das Formular hätte zudem mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist bei Frutiger eintreffen müssen. So hat dies das Kantonsgericht Basel-Landschaft in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden.
Wie kann man sich wehren?
Die akribische Kontrolle hat sich gelohnt. Frutiger hat in der Abrechnung viele Ungereimtheiten gefunden. Mit einem eingeschriebenen Brief teilt sie diese ihrem Vermieter mit und bittet ihn um eine korrigierte Abrechnung. Geht dieser nicht auf ihre Beanstandungen ein, kann Frutiger die Abrechnung bei der Schlichtungsbehörde anfechten. Frutiger könnte auch die Zahlung der Rechnung verweigern. Dann riskiert sie aber, dass ihr Vermieter sie betreibt. Erhebt Frutiger gegen die Betreibung Rechtsvorschlag, liegt es am Vermieter, an die Schlichtungsbehörde zu gelangen. Aufpassen muss Frutiger, wenn ihr der Vermieter eine Zahlungsfrist von 30 Tagen ansetzt mit der Androhung einer kurzfristigen Kündigung bei Nichtbezahlung. Gemäss Art. 257d OR hat der Vermieter diese Möglichkeit, wenn die Mieterschaft fällige Nebenkosten nicht bezahlt. Ist eine Nebenkostenabrechnung nicht korrekt, kann die Mieterschaft die Kündigung zwar anfechten. Da man sich aber über die Rechtmässigkeit einer Forderung oft streiten kann, ist Vorsicht geboten. So hat das Bundesgericht einmal entschieden, eine kurzfristige Kündigung sei gültig, wenn der unbestrittene Teil einer Nebenkostenabrechnung nicht bezahlt werde. Damit es gar nicht so weit kommen kann, sollte Frutiger den gesamten Rechnungsbetrag bezahlen und in einem eingeschriebenen Brief an den Vermieter oder im Mitteilungsfeld des Einzahlungsscheins (mit Kopie) festhalten, die Zahlung erfolge unter Rückforderungsvorbehalt. Danach kann sie die Nebenkostenabrechnung bei der Schlichtungsbehörde anfechten und den zu viel bezahlten Betrag vom Vermieter wieder zurückverlangen.