Vom Volk gewählt, das schon – und das betonen die Gewählten auch gerne. Aber wenn’s um das Betätigen des Ja- oder Nein-Knopfes im Ratssaal geht, sind sie plötzlich sehr weit weg vom Alltag dieses Volkes.
Dass echte Volksvertreter*innen so dünn gesät sind, ist eine eklatante Schwäche unseres Parlaments und letztlich undemokratisch. Die Angriffe auf das Mietrecht zeigen das exemplarisch: 60 Prozent der Menschen im Lande sind Mietende, also müsste sich das Parlament, wäre es tatsächlich eine repräsentative Vertretung der Bevölkerung, zu 60% pro Mietende ausdrücken. Das tut es aber nicht. Mieterfreundlich stimmen lediglich rund 30 Prozent.
Warum wählen die Leute Menschen und Parteien, die sich nicht für sie einsetzen? Eine Frage, die weh tut. Zwei Erklärungsversuche:
Die Leute nehmen Wahlen nicht ernst. Dieser Haltung bin ich im Wahlkampf einige Male begegnet. Wahlen seien nicht wichtig, in der Schweiz könnten wir Fehlentscheide des Parlaments per Abstimmung korrigieren. Ich halte diese Einstellung für fahrlässig. Ja, wir können per Referendum korrigierend eingreifen. Doch das Parlament trifft laufend Entscheide, die unser Leben beeinträchtigen können – jedes Mal das Referendum zu ergreifen, ist nicht möglich, denn Referenden sind aufwändig. Referendumskampf bedeutet, dass wir Lebenszeit aufwenden müssen, um das Schlimmste abzuwenden, das uns Parlamentarier*innen eingebrockt haben, die wir besser nicht gewählt hätten.
Wissen Wählende von Mitte, FDP und SVP, dass diese Parteien fast nie für die Mieter*innen stimmen?
Erklärungsversuch zwei: Es ist den Leuten nicht bewusst, wie die von ihnen Gewählten im Parlament konkret handeln. Weil sie nicht hinschauen und überprüfen, wie sich «ihre» Parlamentarier*innen in Einzelfragen verhalten. Wissen Wählende von Mitte, FDP und SVP, dass diese Parteien fast nie für die Mieter*innen stimmen? Die Leute könnten sich ein böses Erwachen nach den Wahlen ersparen, wenn sie die Kandidierenden genauer betrachten würden, bevor sie ihnen ihre Stimme geben. Beispiel bevorstehende Gemeinderatswahl in Bern: Der grösste Geldgeber der bürgerlichen Liste ist der Hauseigentümerverband. Werden sich die dort Kandidierenden jemals für Mietende einsetzen?
Liebe Mieter*innen, dass wir Ende November einen Angriff auf den Mieterschutz per Abstimmung abwehren müssen, ist die Folge davon, dass die Falschen im Parlament sitzen. Nur deshalb müssen wir heute viel Aufwand für null Fortschritt betreiben.
Mieterfreundliche Menschen ins Parlament zu wählen, ist der effizientere Weg. Denken Sie bei den nächsten Wahlen bitte daran.