Dass die Mieten laufend erhöht werden, hat verschiedene Gründe. Neben dem Machtgefälle zwischen Vermieterschaft und Mieterschaft und dem fehlenden Angebot führt die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu mehr Renditemöglichkeiten.
Die Mieten werden laufend erhöht, obwohl die Kosten für die Vermieter*innen seit Jahren sinken. Gemäss Studie sind es inzwischen über 10 Milliarden Franken Miete, die pro Jahr ungerechtfertigt von Mietenden an die Vermieterschaft fliessen. Ungerechtfertigt deswegen, weil das Mietrecht auf der Kostenmiete basiert; tiefere Kosten müssten tiefere Mieten nach sich ziehen.
Die meisten Erhöhungen finden beim Wechsel der Mieterschaft statt. Und dabei geht es mehr um das Auspressen einer Zitrone – wobei die auszupressende Zitrone wir Mieter*innen sind – als um exakte Berechnungen nach Referenzzinssatz und Co. In unserer Luzerner Kampagne für mehr Transparenz und Anfechtungen beim Anfangsmietzins haben wir daher seit 2021 versucht, gegen solche ungerechtfertigten Erhöhungen vorzugehen. Trotz Erfolgen müssen wir feststellen, dass sich in dieser Zeit der Rahmen, was überhaupt erlaubt ist, zugunsten der Vermieterschaft verschoben hat. Verantwortlich dafür sind die Urteile des Bundesgerichts, das die Renditemöglichkeiten für Vermieter*innen massiv ausgebaut hat.
Basierend auf dem Prinzip der im Gesetz verankerten Kostenmiete erachtete das Bundesgericht lange Zeit einen Zuschlag von 0,5 % zum Referenzzinssatz als zulässigen Wert. 2020 änderte das Bundesgericht diese Praxis. Nun darf der Nettoertrag oder die Nettorendite statt 0,5 % neu 2 % über dem Referenzzinssatz liegen, solange dieser nicht höher als 2 % ist. Beim damaligen Referenzzinssatz von 1,75 % war nun statt einer Rendite von 2,25 % neu eine solche von 3,75 % erlaubt. Diese sogenannte Nettorenditeberechnung gilt allerdings nur bei Bauten, die älter als 10 Jahre sind und nicht länger als 30 Jahre bei derselben Eigentümerschaft liegen.
Skandalöser Entscheid
Bei Altbauten – also Gebäuden, die länger als 30 Jahre im selben Besitz sind–gilt nicht die Kostenmiete, sonderneine Marktmiete; die Mieten müssen demorts-und quartierüblichen Niveau entsprechen. Stieg der Anfangsmietzins gegenüber der Vormiete um mehr als 10 %,galt jedoch die Vermutung, dass dieseErhöhung missbräuchlich sei. Diese Vermutung musste durch die Vermieterschaft eindeutig widerlegt werden: Mindestens fünf Objekte im gleichen Ortoder Stadtquartier, die nach Lage, Grösse,Zustand, Ausstattung und Bauperiodemit dem Mietobjekt vergleichbar sind,musste sie dazu vorbringen.
Auch hier griff das Bundesgericht ein. Neu reichen Indizien wie Statistiken oder ein langes Vormietverhältnis, um die Missbrauchsvermutung umzustossen, und die Beweislast mit den fünf Objekten liegt dann bei den Mieter*innen. Den Mietzins bei einem Wechsel der Mieterschaft zu erhöhen, wird so erleichtert.
Und was gilt bei Neubauten – also Gebäuden, die vor maximal 10 Jahren gebaut wurden? Auch hier ist eine Rendite erlaubt, die 2 % über dem Referenzzinssatz liegt. Die Renditeberechnung beruht bei Neubauten aber auf dem gesamten investierten Kapital, nicht nur dem Eigenkapital.
Der neuste Entscheid des Bundesgerichts – und das ist skandalös – erhöht den Renditesatz sogar auf 3,5 % über dem Referenzzinssatz. Das macht beim aktuellen Referenzzinssatz eine Rendite von 5 % – und zwar auf das gesamte investierte Kapital, inklusive Fremdkapital.
Höhere Renditen allenthalben und erschwerte Mietzinsanfechtungen: Das Bundesgericht macht mit diesen Urteilen Mietpolitik – auf eine solch mietfeindliche Weise, wie es dem Parlament dank der Referendumsfähigkeit des Mieterinnen-und Mieterverbands nie gelingen würde. Politisch bedeutet dies für uns, eigene Ideen anzustossen. Wir müssen die Kostenmiete stärken und mehr Kontrollmöglichkeiten bei den Renditen schaffen.
Text: Nadja Burri und Daniel Gähwiler, MV Luzern, NW, OW, UR