Die Bodenpreise steigen massiv an. Das verteuert das Wohnen und erschwert insbesondere die Erstellung von preisgünstigen Wohnungen. Der Bundesrat schaut auch hier untätig zu.
Die Bodenpreise sind stark am Steigen. Schlagzeilen wie «Bauland wird teurer» oder «So teuer ist der Boden» prägen die Nachrichten. Das ist auch in den Zahlen jener Kantone ablesbar, die die Entwicklung der Bodenpreise statistisch verfolgen. Im Kanton Zürich sind die durchschnittlichen Preise zwischen 2012 und 2022 von 1141 auf 1754 Franken pro Quadratmeter angestiegen – eine satte Steigerung von mehr als 50 Prozent. Und dies in einer Zeit, in der es praktisch keine Teuerung gab.
Die Stadt Zürich, wo die Bodenpreise separat erfasst werden, vermeldete letztes Jahr horrend gestiegene Zahlen: Die Bruttopreise – also Boden inklusive Gebäude – haben sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Sie liegen mittlerweile bei durchschnittlich 5800 Franken pro Quadratmeter, im Bereich Bahnhofstrasse bei 100 000 Franken, an zentralen Lagen wie Enge oder am Stauffacher immer noch bei 20 000 Franken.
In die gleiche Richtung, bloss auf tieferem Niveau, geht die Entwicklung auch in anderen Kantonen: Im Thurgau etwa werden die Bodenpreise seit vielen Jahren erfasst. Dort werden die tiefsten und höchsten Preise nach Bauzonen und Gemeinden publiziert. Ein Blick auf die Zahlen zeigt eine massive Preissteigerung in den letzten Jahren. Gleiches gilt für die Agglomerationsgemeinden rund um Basel: Gemäss Statistik sind die Bodenpreise dort innerhalb von zehn Jahren um 30 bis 50 Prozent gestiegen. Wer sich durch die verschiedenen Tools von Immobilienfirmen klickt, sieht in allen Agglomerationen den gleichen Trend: Preise, über die man vor zwanzig Jahren in der Stadt staunte, sind heute in der breiten Fläche üblich.
Übrigens: Eine schweizweite Statistik zu den Bodenpreisen existiert nicht. Wer die Zahlen zusammentragen will, muss sich selber auf die Suche machen. Seit wenigen Jahren gibt es immerhin eine Statistik zu den Preisen von Wohneigentum – Mietobjekte werden nicht erfasst. So viel zum Schwerpunkt des Bundes in dieser Sache.
Der Bundesrat «beobachtet»
Was sagt der Bundesrat zu dieser Entwicklung? Wie immer bei diesen Themen: nicht gerade viel. In einer Antwort auf eine Interpellation kommt der Standardsatz, dass er die Entwicklung beobachte. Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum sei ein Ziel des Bundesrates. Nur verrät er nicht, wie er es konkret umsetzen will. Und zu den Bodenpreisen schreibt er: «Es gibt derzeit keine Massnahmen, mit welchen der Bundesrat die marktwirtschaftlichen Mechanismen der Preisbildung bei den Bodenpreisen beeinflusst.» Der etwas sperrige Satz macht eines offensichtlich: Der Bundesrat glaubt nach wie vor, dass das begrenzte Gut namens Boden, das wir alle zum Leben brauchen, nach marktwirtschaftlichen Kriterien gehandelt werden soll. Dabei kann es dort gar keinen Markt geben: Das Angebot, der Boden, ist nicht vermehrbar, und doch müssen alle Menschen irgendwo wohnen und zwangsweise für den Boden bezahlen – und sei es mit der Miete.
Dabei sehen wir die Auswüchse seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten. Wem der Boden gehört, war schon immer eine zentrale Frage. Die einen haben Boden und holen sich hohe Profite, andere haben keinen Boden und müssen für diese Profite bezahlen, oft durch völlig überhöhte Mieten.
Vorkaufsrecht für Gemeinden
Der Wertzuwachs über die Zeit wird durch die Grundstückgewinnsteuer besteuert. Immerhin erhält dadurch der Staat einen Anteil des Wertzuwachses. In der Stadt Zürich waren dies letztes Jahr beachtliche 421 Millionen Franken Grundstückgewinnsteuern. Im Kanton Luzern waren es immer noch stolze 106 Millionen Franken, die zwischen dem Kanton und den Gemeinden aufgeteilt werden. Merkwürdig nur, dass von diesem Geld nichts zum Erhalt oder Bau preisgünstiger Wohnungen fliesst. Damit würde die Wirkung dieser Steuer massiv erhöht.
Daneben und vor allem auf Bundesebene: totale Flaute. Keine Ideen zu einer Deckelung der Preise, keine Offensive des Bundes zum Landkauf. Diesen Exzessen eines Pseudomarktes wird einfach nur zugeschaut. Mit einer aktiven Bodenpolitik könnten Gemeinden Boden dauerhaft spekulativen Preissteigerungen entziehen. Dafür brauchen sie zumindest flächendeckend ein Vorkaufsrecht zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Dies wäre ein erster Schritt – für eine andere Boden- und Wohnpolitik braucht es allerdings noch viel mehr.
Autor: Michael Töngi