Alarmstufe Rot

Sowohl aus dem Bundeshaus als auch vom Bundesgericht gibt es schlechte Nachrichten für Mietende. Foto: M+W

Die Rechte der Mietenden werden zurzeit gleich von zwei Seiten angegriffen. Schlechte Voraussetzungen für den Dialog, den der Bund mit den Sozialpartnern führen will.

Es waren einer Bananenrepublik würdige Szenen. Eine Mehrheit des Nationalrats hatte soeben mit einer Stimme Unterschied eine Motion des Ständerats angenommen, die den Bundesrat aufforderte, nach Anhörung der Sozialpartner im Wohnungswesen eine ausgewogene Revision des Mietrechts auszuarbeiten. Da liess der Präsident dieser Kammer – SVP-Mitglied wie der Präsident des Hauseigentümerverbands – die Abstimmung unter dem Vorwand eines inexistenten technischen Problems wiederholen. Das Ergebnis fiel diesmal genau umgekehrt aus: Mit einer Mehrheit von einer Stimme wurde die Motion abgelehnt. Dabei blieb es – es wird keinen Vorschlag des Bundesrats für eine ausgewogene Revision des Mietrechts geben. Vielmehr haben sich diejenigen politischen
Kräfte durchgesetzt, die mit Vorstössen im Parlament den Schutz der Mietenden aushöhlen wollen. Diese Vorstösse werden bald aufs Tapet kommen.

Angriff von unerwarteter Seite

Gleichzeitig hat sich unerwartet eine zweite Front eröffnet, die es auf die Rechte der Mietenden abgesehen hat: durch das Bundesgericht, in seiner zivilrechtlichen Abteilung von bürgerlichen Richter*innen dominiert, die empfänglich sind für die Ansprüche der Immobilienwirtschaft. Das Gericht revidiert zurzeit seine Rechtsprechung und macht systematisch Errungenschaften rückgängig, die sich zum Teil über Jahrzehnte hinweg etabliert haben. Es ermöglicht damit den Vermieter*innen höhere Renditen und erleichtert die Einführung von Marktmieten.
Der vom Bundesamt für Wohnungswesen ins Leben gerufene Dialog zwischen den Sozialpartnern im Wohnungswesen steht daher unter den denkbar schlechtesten politischen und juristischen Vorzeichen. Für den Mieterinnen- und Mieterverband darf sich dieser Dialog nicht auf das endlose Lamento der Vermieterseite beschränken. Im Mittelpunkt der Diskussionen müssen vielmehr eine effektivere Mietzinskontrolle und eine faire Abwälzung von Investitionen auf die Mietenden stehen. Andernfalls wird die Übung zu nichts führen.
Mehr denn je können die Mietenden auf den Mieterinnen- und Mieterverband zählen. Wir werden die ungerechten Vorstösse, die in den nächsten Monaten kommen werden, mit dem Referendum bekämpfen und uns mehr denn je für eine echte und effektive Mietzinskontrolle stark machen. Wir werden uns gemeinsam zu wehren wissen!

Text: Carlo Sommaruga, Präsident MV Schweiz