Wohnungsübergabe leicht gemacht: Von Dübellöchern bis Kinderkunst

Mother and her little son sealing boxes with tape dispenser. They are packing to move out.

Ende September zieht in vielen Haushalten wieder der Umzugsstress ein. Besonders die Rückgabe der alten Wohnung sorgt bei vielen Mieter*innen für Unsicherheit. Dabei ist die Wohnungsabgabe halb so wild – wer gut vorbereitet ist und ein paar Formalitäten beachtet, kann dem Termin gelassen entgegensehen.

Acht Jahre hat Zoran in seiner gemütlichen Dreizimmerwohnung gewohnt. Nun ist der grosse Moment gekommen: Der Umzug steht vor der Tür, die Kartons sind gepackt und heute ist die Wohnungsabgabe. Noch einmal geht Zoran gedanklich alles durch. Bloss nichts vergessen.

Am Morgen ruft ihn seine Vermieterin an. Frau Pedanta – der Name ist Programm – will die Wohnungsabgabe heute, am letzten Septembertag, schon früh durchführen. Doch Zoran bleibt ruhig: In seinem Mietvertrag steht nämlich, dass die Abgabe am 1. Oktober bis mittags erfolgen soll. Und was im Vertrag steht, gilt. Nach kurzem Hin und Her ist Frau Pedanta einsichtig und kündigt an, am nächsten Tag zur Abgabe zu erscheinen.

Selbstverständlich ist das nicht. Einige Vermieter*innen verzichten auf eine formelle Abnahme, indem sie gar nicht erst erscheinen oder einfach melden, die Schlüssel sollten dem Hauswart in den Briefkasten gelegt werden. Das kann den Mieter*innen zwar egal sein. Verzichten Vermieter*innen auf die Abgabe, ist das meist zu ihrem eigenen Nachteil. Prüfen sie den Zustand der Wohnung nicht, können sie in der Regel keine Haftungsansprüche gegenüber der ausziehenden Mieterschaft geltend machen.

Falls Frau Pedanta am Abgabetag mit Abwesenheit glänzt und Zoran keine anderen Anweisungen gegeben hat, sollte er die Schlüssel unbedingt per Einschreiben zurückschicken. So kann er im Zweifelsfall beweisen, dass er alle Schlüssel rechtzeitig und an der richtigen Stelle zurückgegeben hat.

Reinigung, Reparaturen und kleine Schäden

Zoran widmet sich nun den letzten Handgriffen. Die Wohnung hat er in den letzten Tagen gründlich geputzt – Kalk an den Armaturen entfernt, den Backofen von eingebrannten Rückständen befreit und sogar die Spannteppiche schamponiert. Die Vermieterin hatte zwar eine Reinigung durch ein Putzinstitut verlangt, aber das kann ignoriert werden. Selber schrubben reicht, solange alles sauber wird. Wie sauber die Wohnung sein muss, ist gesetzlich nicht genau definiert und sorgt immer wieder für Diskussionen. Enthält der Mietvertrag keine speziellen Bestimmungen, sind Wohnung und Nebenräume wie Keller, Estrich und Garage überall gründlich zu reinigen. Das bedeutet: Böden und Kacheln in Küche, Bad und WC feucht aufnehmen, Schränke, Kühlschrank und Backofen auswaschen, sanitäre Anlagen gründlich reinigen und die Fenster putzen.

Beim Rundgang entdeckt Zoran noch einige Dübellöcher. Diese verspachtelt er rasch mit Spachtelmasse und erinnert sich schmunzelnd daran, dass er beim ersten Auszug seiner Mieterkarriere stattdessen Kaugummi benutzt hatte. Eine Idee, die er nicht weiterempfiehlt.

Die verkalkte Duschbrause und das verzogene Backblech tauscht Zoran ebenfalls aus. Kleine Unterhaltsarbeiten und Ersatzteile muss er selber übernehmen, solange sie nicht mehr als 150 Franken kosten und ohne Fachkenntnisse erledigt werden können. Für gefährliche Arbeiten, wie etwa die Reinigung des Glasdachs im Wintergarten, die Kletteraktionen erfordern würden, ist er nicht zuständig.

Nach seinem Einzug hatte Zoran die Wand im Schlafzimmer ohne Rücksprache in zartem Rosa gestrichen. Änderungen, die nicht schriftlich bewilligt wurden, müssen grundsätzlich rückgängig gemacht werden. Schade zwar, aber so sind die Regeln.

Soll Zoran die Schlafzimmerwände vor dem Auszug also wieder weiss streichen? Besser nicht! Wenn er den Anstrich auf eigene Kosten vornimmt, trägt er die gesamten Kosten selbst. Gibt er die Wohnung hingegen so zurück, wie sie ist, muss die Vermieterschaft die Arbeiten veranlassen. Verrechnet werden dürfen ihm nur der Betrag nach Abzug der Altersentwertung sowie ein allfälliger Mehraufwand, etwa für einen zweiten deckenden Anstrich. Vom Selberstreichen ist dringend abzuraten. Unsachgerecht ausgeführte Malerarbeiten muss die Vermieterschaft nicht akzeptieren und im schlimmsten Fall zahlt Zoran doppelt.

Abnahme und Übergabeprotokoll

Am nächsten Tag steht Frau Pedanta pünktlich vor der Tür. Mit strengem Blick kontrolliert sie alles – besonders das Parkett. «Was ist denn das für ein Weinfleck?», fragt sie energisch.

Zoran erklärt ruhig, dass der Parkettboden vor mehr als zehn Jahren das letzte Mal abgeschliffen wurde. Die Lebensdauer der Parkettversiegelung sei damit abgelaufen. Das steht so auch in der paritätischen Lebensdauertabelle. Glücklicherweise ist der Wein nicht tief ins Holz eingezogen, sodass der Fleck problemlos herausgeschliffen werden kann. Zoran schuldet deshalb keine Entschädigung.

Frau Pedanta murmelt etwas Unverständliches und hakt auf ihrer Liste etwas ab. Anders verhält es sich übrigens, wenn einzelne Holzstücke durch den Bodenleger ersetzt werden müssten. Solche Arbeiten gelten als Reparaturen, die grundsätzlich zulasten der ausziehenden Mieterschaft gehen. Lässt sich der Schaden nicht reparieren oder wäre die Reparatur teurer als der Zustandswert des Parketts, muss nur dieser Zustandswert bezahlt werden.

Vor der Wohnzimmerwand bleibt Frau Pedanta abrupt stehen. Über die ganze Länge ziehen sich bunte Striche, Kreise und Figuren in leuchtenden Filzstiftfarben.

«Moderne Kunst?», fragt sie mit hochgezogener Augenbraue. Zoran räuspert sich. Sein vierjähriger Sohn hatte hier vor einigen Monaten seine kreative Phase und die Wand als überdimensionales Malbuch entdeckt. Neben einer strahlenden Sonne erkennt man ein schiefes Haus, drei Strichmännchen mit wilden Haaren und etwas, das wohl ein Dinosaurier sein soll oder vielleicht ein Kran. So herzerwärmend die Meisterwerke auch sind, rechtlich gelten solche Verzierungen als übermässige Abnutzung, für die Mietende grundsätzlich entschädigungspflichtig sind. Für Dispersionsanstriche gilt gemäss paritätischer Lebensdauertabelle eine Lebensdauer von acht Jahren. Da Zorans Wohnzimmeranstrich bei seinem Auszug vier Jahre alt ist, beträgt die Restlebensdauer noch vier Jahre. Das heisst: Zoran übernimmt die Hälfte der Kosten für den neuen Anstrich, die andere Hälfte trägt die Vermieterschaft.

Am Ende drückt sie Zoran ein Übergabeprotokoll in die Hand. Darin ist zu Zorans Erleichterung kein Schaden vermerkt. Er liest es gründlich, unterschreibt und bittet um eine Quittung für die Schlüsselübergabe. Hätte etwas nicht gestimmt, hätte er das Protokoll nicht unterschrieben oder nur unter Vorbehalt.

Mit einem letzten Blick auf die leere Wohnung verabschiedet sich Zoran. «Adieu, merci», sagt er leise und weiss: Weil er sich rechtzeitig informiert und alles ordentlich vorbereitet hat, kann er diesem Kapitel mit gutem Gefühl den Rücken kehren.

Die Moral der Geschichte? Wer weiss, wann und wie er die Wohnung abgeben muss, wer richtig reinigt, kleine Schäden selbst behebt und sich nicht zu vorschnellen Unterschriften hinreissen lässt, hat die Wohnungsabgabe praktisch schon geschafft.

Text: Fabian Gloor