Die Mietpreis-Initiative

Foto: Manu Friederich

Die Mieten sind zu teuer. Die Belastung für die Haushalte steigt und steigt. Es braucht eine Korrektur an der Urne – deshalb hat der Mieterinnen- und Mieterverband die Mietpreis-Initiative lanciert. Das Ziel sind 100’000 gültige Unterschriften.

Eigentlich gibt es im Mietrecht klare und kluge Regeln, um die Mieter*innen zu schützen. Vereinfacht gesagt, hat der Gesetzgeber verstanden, dass Wohnen und Mietezahlen nicht dasselbe sind wie der Kauf eines Paars Turnschuhe oder eines neuen Velos. Man kann ja nicht nicht wohnen! Jeder Mensch braucht ein Dach über dem Kopf und muss sich deshalb eine Wohnung leisten können. Deshalb gibt es Regeln zur Gestaltung der Mietpreise, um Missbräuche zu verhindern. Diese besagen, dass sich die Miete aus den realen Kosten, die das Mietobjekt mit sich bringt – also Kosten für Landerwerb, Bau, Kapital- und Unterhaltskosten – plus einer angemessenen Rendite zusammensetzen muss. Was eine angemessene Rendite ist, legt das Bundesgericht fest.

Die Mieten sind vielfach viel zu hoch

Leider bleibt diese Regel viel zu häufig toter Buchstabe. Die Renditen sind nicht mehr angemessen, sondern förmlich explodiert, die Mieten in den letzten 20 Jahren um nicht weniger als 25 % gestiegen. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Im Jahr 2000 war noch eine Mehrheit der Mietwohnungen im Besitz von Privatpersonen. Heute werden diese zunehmend von Immobilienkonzernen, Fonds und Banken verdrängt. Wohnungen sind dabei nicht mehr ein Dach über dem Kopf, sondern Renditeobjekte, mit denen möglichst viel verdient werden soll. Die Zeche beziehungsweise die übersetzten Renditen zahlen die Mieter*innen mit bis zu 10 Milliarden Franken pro Jahr. Hier setzt die Miet­preis-Initiative des Mieterinnen- und Mieterverbands an.

Angemessene Renditen, die kontrolliert werden

Wie bei allen Regeln und Gesetzen muss dafür gesorgt werden, dass die Kostenmiete eingehalten wird. Bisher wurde die Verantwortung dafür vollständig auf die Mieter*innen abgeschoben. Ihnen wird heute die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von 30 Tagen nach Schlüsselübergabe – also mitten im Zügelstress – den Mietzins anzufechten. Kein Wunder, macht das heute nur gerade ein halbes Prozent aller Mieter*innen. Verpassen sie diese 30-Tage-Frist oder trauen sie sich nicht, bei der neuen Vermieterschaft die Anfangsmiete anzufechten, müssen sie für immer mit den übersetzten Renditen leben und diese Monat für Monat bezahlen.

Diesen Missstand behebt die Initiative mit einer automatischen und regelmässigen Überprüfung, wie wir sie von vielen anderen Gesetzen her kennen. Mit der Kombination von klaren Regeln gegen missbräuchliche Renditen und den Kontrollen würde die Initiative bei einer Annahme endlich dafür sorgen, dass die Mieten wieder tragbar werden.

Aus dem Initiativtext: Art. 109 Abs. 1bis (neu):

«Ein Mietzins ist missbräuchlich, wenn er die tatsächlichen Kosten für die Mietsache zuzüglich einer angemessenen Rendite übersteigt oder wenn er auf einem übersetzten Kaufpreis beruht.»

Aus dem Initiativtext: Art. 109 Abs. 1ter (neu):

«Die Mietzinse müssen automatisch und regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Eine Überprüfung findet auch auf Verlangen der Mieterschaft statt.»

Angemessene Rendite
In einer Reihe von Leiturteilen hat sich das Bundesgericht dazu geäussert, was eine angemessene Rendite ist. Für die Festlegung hat sich aus rechtlichen und ökonomischen Überlegungen die folgende Formel etabliert: aktuell geltender hypothekarischer Referenzzinssatz plus Rendite.
Aktuell darf die Rendite zum Beispiel bei einem Neubau oder einer Totalsanierung 5 % (1,5 % Referenzzinssatz + 3,5 % Rendite) der gesamten Investitionskosten ausmachen. Wenn jemand also ein Stück Land kauft, darauf ein Objekt mit sechs Wohnungen baut und dafür insgesamt 6 Millionen bezahlt, darf diese Vermieterschaft pro Monat Mieteinnahmen von 25’000 Franken oder gut 4100 Franken pro Wohnung einnehmen. Bei älteren Objekten begrenzt das Bundesgericht den Spielraum stärker, die Mieteinnahmen dürfen aber immer noch 3,5 % (Referenzzinssatz + 2 % Rendite) des Eigenkapitals betragen.

Text: Lorenz Keller